Aus Freundschaft wurde Liebe (German Edition)
bedeuten, dass auch er bereits viel mehr als Freundschaft für sie empfand. Er liebte sie. Susanne zweifelte allerdings daran, dass er selbst schon erkannt haben könnte, wie tief seine Gefühle für sie in Wirklichkeit gingen. Sie hatten sich ja erst vor wenigen Stunden kennengelernt.
* * *
Alma Weigand war zeitig genug daheim weggegangen, um in dem Kramerladen im Ort noch ihren Einkauf erledigen zu können. Für Melanie hatte sie einen weißen Stoffhasen erstanden. Damit konnte die Kleine auf jeden Fall schon etwas anfangen. Ihre Mutti sollte einen Blumenstrauß bekommen. Sie wollte die Leute auf keinen Fall mit großen Geschenken verstimmen. Ihre Freundschaft und ihr Vertrauen wollte sie gewinnen, dazu brauchte es keine großen Geschenke.
Als sie dann endlich im Bus saß, der sie nach Steinheim bringen sollte, ertappte sie sich immer wieder dabei, dass sie auf ihre Armbanduhr schaute. Sie war nervös, gestand sie sich ein. Es war eine ungewohnte Situation für sie, zu völlig fremden Leuten zu gehen, um ihre Hilfe anzubieten.
Gedankenverloren schaute sie aus dem Fenster. Von weitem sah sie die Haltestelle, an der sie gleich aussteigen musste. Einige Leute standen bereits da, die mitgenommen werden wollten.
Das Mädchen scheint eine Ausländerin zu sein, stellte sie fest, als sie aus dem Bus kletterte, und ihr Blick auf die blonde junge Frau fiel, die mit einem dunkellockigen Kind an der Hand ziemlich abseits stand und auf jemand zu warten schien. Ihr eigenes konnte es kaum sein, dazu unterschieden sich die beiden zu sehr. Als das Kind den Kopf hob und zu ihr herüberschaute, dämmerte es der alten Dame. Das waren Melanie und ihre Mutti, die sie vom Bus abholen wollten. Befangen näherte sie sich den beiden.
Aber dann ging alles sehr schnell. „Kann es sein, dass Sie auf mich warten?“, erkundigte sie sich vorsichtshalber, als sie die beiden erreicht hatte. „Ich bin Frau Weigand.“
„ Omi“, sagte die Kleine überraschend deutlich und strahlte sie an wie die Sonne.
Susanne spürte, wie sie vor lauter Verlegenheit rot anlief. „Bitte entschuldigen Sie, Frau Weigand“, stammelte sie erschrocken. „Melanie muss dieses Wort bei ihrem Opa aufgeschnappt haben. Er scheint ihr erzählt zu haben, dass Sie uns besuchen wollen.“
Sie wurde noch verlegener, als ihr auffiel, dass sie mit ihrer Erklärung alles noch viel schlimmer machte. „Melanie merkt sich sonst selten etwas“, versuchte sie sich zu retten. „Das Wort scheint ihr besonders gut gefallen zuhaben.“
„ Omi“, krähte die Kleine erneut und lachte die Besucherin an.
„Sie müssen sich nicht entschuldigen, Frau Holzer“, versicherte ihr die Arztfrau entzückt und beugte sich zu dem Kind hinunter, um ihm über die dunklen Locken zu streichen. „Du hast mir eine große Freude gemacht, Melanie“, sagte sie zu der Kleinen, die sich durch ihr Lob genötigt fühlte, das Wort noch etliche Male zu wiederholen. Sie war darum auch sofort damit einverstanden, ihrer Mutti und der neuen Omi auf dem Heimweg die Hand zu geben, um sich führen zu lassen.
Susanne zerbrach sich den Kopf darüber, was mit ihrer Tochter auf einmal los war. „Melanie ist sonst eher vorsichtig, wenn sie jemanden noch nicht kennt“, erklärte sie. „Es muss Liebe auf den ersten Blick bei ihr gewesen sein, anders kann ich mir ihr Verhalten nicht erklären.“
„ Sie können sich gar nicht vorstellen, was für eine Freude sie mir damit gemacht hat, Frau Holzer. Oder darf ich Susanne sagen?“
„ Gern. Ich würde mich freuen, wenn Sie sich auch gleich dazu entschließen könnten, mich zu duzen, Frau Weigand.“
„ Einverstanden! Aber dann erwarte ich dasselbe auch von dir.“ Als sie die Verlegenheit der jungen Frau bemerkte, wusste sie sofort, was los war. „Du kannst mich Oma und meinetwegen auch Tante nennen“, schlug sie amüsiert vor. „Ich feiere demnächst meinen sechzigsten Geburtstag, da könnte ich auch schon fast deine richtige Oma sein.“
„ Da hättest du es aber sehr eilig haben müssen“, meinte Susanne lachend. „Ich habe gerade meinen achtundzwanzigsten Geburtstag hinter mir. Wenn du nichts dagegen hast, würde ich lieber Tante sagen. Du bist ja gerade erst so alt wie mein Vati“, fiel ihr ein.
„Wie geht es ihm?“, hakte die Besucherin sofort ein. „Simon hat mir erzählt, dass er ihm dringend geraten hat, so bald wie möglich weitere Untersuchungen machen zu lassen. Hat er schon etwas
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