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Aus Licht gewoben

Aus Licht gewoben

Titel: Aus Licht gewoben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Bracken
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Gepäck noch da war. Alles, sogar der Inhalt von Norths Beutel, der sich in der vergangenen Nacht im Gras verteilt hatte, lag noch da, wo ich es zurückgelassen hatte. Ob der Eindringling nun ein Tier oder ein Mensch gewesen war, an einem Webrahmen und ein paar Glasflaschen war er jedenfalls nicht interessiert gewesen.
    Ich sah mich um, ob noch etwas aus Norths Tasche gefallen war, und fand eine kleine, fast leere Flasche und ein abgenutztes, in Leder gebundenes Notizbuch, in dem lose Blätter und zerknitterte Landkarten lagen. Als ich wieder zu ihm hinüberging,
nahm ich eine der Karten heraus. Der Wind, der durch die Bäume und das hohe Gras fuhr, riss das spröde Blatt auseinander, und ich musste die beiden Hälften festhalten, damit sie nicht davonwehten.
    Ich ließ mich neben North ins Gras fallen und presste die Hände vor die Augen. Die Erschöpfung war wieder da, schlimmer als zuvor. Jede Faser meines Körpers schrie nach Schlaf, aber mein Verstand gab keine Ruhe. Unauf hörlich drehten sich meine Gedanken im Kreis.
    Ich sah auf North hinunter, in der Hoffnung, er würde endlich aufwachen.
    »North?«, fragte ich mit leiser Stimme. Seine Arme hatten sich entspannt, und sein Gesicht wirkte im Schlaf ganz friedlich. Er sah aus, als könne er die Erholung gut gebrauchen.
    Ohne mich bewusst zum Aufstehen entschlossen zu haben, stand ich auf einmal. Ich wusch mir das Gesicht im eisigen Wasser des Baches und füllte unsere Flaschen wieder auf. Es war merkwürdig, Wasser so frei und vollkommen ruhig durch die Landschaft fließen zu sehen.
    Das erinnerte mich an mein Morgengebet. Mitten in den uralten Worten fühlte ich plötzlich etwas Weiches an meiner Hand. Der Wind hatte Norths blauen Umhang zu mir herüber geweht.
    Ich suchte die restlichen Umhänge und trennte sie voneinander, um sie mir genauer anzusehen. Alles in allem waren es fünf, den roten, den er noch um die Schultern trug, mit eingerechnet, und sie waren fast alle zerrissen und ziemlich ramponiert. In Cliffton hatte ich nur den gelben geflickt.
    Vielleicht wären ein paar ruhige Minuten gar nicht so schlecht, dachte ich und machte mich an die entspannende Arbeit.
    Einige Stunden später, als die Sonne fast genau über uns
stand und ich mit dem dritten Umhang beschäftigt war, setzte sich North plötzlich auf.
    »Syd!«, sagte er und war auch schon aufgesprungen.
    Ich blickte auf. Schlafend und weit fort in seinen stillen Träumen hatte er mir um einiges besser gefallen.
    »Ich heiße Sydelle«, sagte ich und schnitt ein Stückchen Faden ab. Seine Lippen öffneten sich leicht, als wäre er überrascht, mich in seiner Nähe sitzen zu sehen. »Syd erinnert mich an einen dicken, faulen Alten. Ich kannte mal einen Sid, und der saß immer nur auf der Veranda seiner Mutter und hat sich über die Hitze beschwert.«
    »War das zufällig der Mann, der mir sein Huhn schenken wollte?«, fragte North. »Mit so einem verwirrten Gesichtsausdruck? Vielleicht hat er zu viel Sonne abbekommen.«
    Ich warf ihm einen vielsagenden Blick zu, den er mit einem süffisanten Grinsen beantwortete. Da ich gerade mit dem grünen Umhang fertig geworden war, faltete ich ihn ordentlich und legte ihn neben mich.
    »Du …«, fing er an und senkte dann den Blick. Mit der Hand griff er nach dem roten Umhang, den er noch um die Schultern trug. »Was machst du da?«
    »Das ist doch ziemlich offensichtlich, würde ich sagen«, antwortete ich. »Wenn du jetzt endlich ausgeschlafen hast, könnten wir ja vielleicht weitergehen, bevor die Nacht anbricht. Wenn wir die Wickerby Road nehmen, stoßen wir hoffentlich bald auf die Prima, die Straße, die uns dann direkt nach Provincia führt.«
    Jene Straße, die mich eines Tages in ein neues Leben hätte führen sollen. Henry hatte gesagt, ich würde die Straße von Dellark aus in weniger als einem Tag erreichen, und wenn ich ihr folgte, würde sie mich innerhalb eines Monats nach Provincia führen, zur Hauptstadt von Palmarta.

    »Warum hast du mich nicht geweckt?«, fragte North und setzte sich neben mich. »Und … warte mal, warum sind wir hier drüben?«
    Ich gab ihm die fertig ausgebesserten Umhänge zurück. »Ich habe letzte Nacht ein Geräusch gehört und gedacht, dass wir hier sicherer wären. Dann hätte ich sehen können, wenn sich uns jemand nähert.«
    »Und du bist nicht auf die Idee gekommen, mich zu wecken? «, fragte er verärgert. »Was, wenn es ein Zauberer gewesen wäre? Was hättest du dann gemacht?«
    »Ein Zauberer wie der

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