Aus Licht gewoben
mich. Nach
einer Weile fühlte ich, wie die Müdigkeit mich übermannte. Die kleine blaue Flasche lag die ganze Nacht unberührt zwischen uns. Erschöpft lag ich im Gras und lauschte Norths leisen, unterdrückten Schmerzenslauten.
Ruhelos wälzte ich mich unter dem fremden Himmel hin und her. Die Sterne waren dieselben wie in Cliffton, aber hier schienen sie voller Hohn auf mich herabzublicken. Ich suchte nach Sternbildern, um herauszufinden, wohin der Zauberer uns gebracht hatte. Vielleicht nach Osten?
Als ich mich im weichen Gras aufsetzte, bemerkte ich, wie mein Blick unweigerlich in seine Richtung wanderte. Er lag so still, seine Brust hob und senkte sich so unmerklich, dass ich einen Moment lang Angst bekam. Sein Gesicht war kalt, und als meine Finger die blasse Haut seiner Wangen berührten, zuckte er richtig zusammen.
Mein Kopf fuhr nach oben, und plötzlich war die Müdigkeit aus meinem Körper verschwunden, mein Verstand ganz klar. Irgendwo in der Ferne stieß ein Tier ein lang gezogenes Heulen aus, aber das konnte das Geräusch knackender Zweige und schweren Atems nicht übertönen.
Im Mondlicht war die Umgebung deutlich zu erkennen, trotzdem konnte ich nur die vereinzelten Bäume um uns herum ausmachen, hinter denen sich ein Mann gut hätte verstecken können.
»North«, flüsterte ich. Als er nicht reagierte, schüttelte ich ihn. »North!«
Sein Kopf rollte zur Seite, und ich vergewisserte mich noch einmal, dass er atmete. Wahrscheinlich hatte ein Tier das Geräusch verursacht, aber ich konnte mich einfach nicht von den Gedanken an das vernarbte Gesicht des Fremden und
die blutroten Uniformen der Soldaten aus Saldorra befreien. Aber es konnte doch nicht sein, oder? Der Zauberer, der die blaue Wolke herauf beschworen hatte, konnte uns doch nicht in die Wildnis gefolgt sein? Wie hätte er uns folgen können, wenn wir doch, ohne eine Spur zu hinterlassen, aus Dellark verschwunden waren?
Etwas berührte mich am Rücken. Obwohl es nur einen winzigen Augenblick dauerte, wusste ich, dass ich es mir trotz des Schlafmangels nicht eingebildet hatte. Es war ein kurzes Gefühl der Wärme, das durch mein dünnes Kleid drang und sofort wieder verschwunden war. Und wieder und wieder … wie ein langsamer Herzschlag.
»North«, zischte ich und biss die Zähne zusammen, während ich die Bäume um uns herum absuchte. »North!«
Wir konnten uns nirgendwo verstecken. Ich konnte ihn nicht auf einen Baum heben; ich vermochte ja kaum selbst auf einen zu klettern. Aber hier waren wir nicht sicher, nicht solange jemand oder etwas hier draußen war und sich unter den Blättern verstecken konnte.
Ich war stolz auf meine ruhigen Hände, als ich den Zauberer unter den Armen packte. Wärme durchflutete meinen Körper, als ich North auf das offene Feld zog, auf das Rinnsal des Baches zu. Ich hielt den Blick auf die Bäume gerichtet, den Bach im Rücken, konnte aber nur den Schatten der Zweige erkennen, die den Boden streiften. Sie waren ineinander verflochten, als spielten sie miteinander.
Unser Gepäck ließ ich zurück. Gegen Schwert oder Magie würde der Stein, den ich ergriffen hatte, nichts ausrichten können, aber er war die einzige verfügbare Waffe. Der Wind wirbelte die Locken über mein Gesicht, aber trotz seines sanften Drucks in meinem Rücken bemerkte ich sofort das leichte Pulsieren an meiner Schulter.
Ich ließ den Stein fallen und griff hinter mich. Als ich mich umdrehte, entdeckte ich einen riesigen Käfer. Er schwebte kurz über Norths reglosem Körper, wobei seine Flügel ein lautes Summen von sich gaben. Aber das Merkwürdigste an ihm war seine Farbe, ein so dunkles Violett, dass ich es fast für Schwarz gehalten hätte.
»Weg da! Verschwinde! «, sagte ich und scheuchte den Käfer von North weg. Er erhob sich, und mit dem nächsten Windstoß war er in der Nacht verschwunden. Ich lachte und schüttelte den Kopf, weil ich mich wegen etwas so Belanglosem aufgeregt hatte.
»Langsam werde ich verrückt«, sagte ich und fuhr mir mit den Händen übers Gesicht.
Meinen Stein in Reichweite, saß ich bis Tagesanbruch neben dem Zauberer. Mein Kleid war vom Tau unangenehm feucht, und der Morgen war kühler und viel stiller als erwartet. Als die Sonne schließlich aufgegangen war und mir die Schatten nicht mehr so unheimlich vorkamen, brachte ich endlich den Mut auf, wieder aufzustehen. North schlief weiter und ließ sich von mir nicht stören, als ich erleichtert feststellte, dass unser
Weitere Kostenlose Bücher