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Aus Licht gewoben

Aus Licht gewoben

Titel: Aus Licht gewoben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Bracken
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ja? Nur herein, nur herein.«
    Mit einem Nicken trat ich einen Schritt näher an das Feuer. Auf dem Boden unter mir bildete der Regen aus meinen Haaren und meiner Kleidung eine kleine Pfütze.
    Mit vorsichtiger Hand, die Finger um das Ende eines langen Stabes gelegt, brachte Mr. Monticelli auf einem steinernen Tisch eine Kugel aus glühendem Glas in die gewünschte Form. Fasziniert sah ich dabei zu, wie langsam eine Katze daraus entstand.
    »Bei Ihnen sieht es so leicht aus«, sagte ich. »Ich muss manchmal drei- oder viermal von vorne anfangen, bevor die Decke auf meinem Webrahmen perfekt ist.«
    Er lachte. »Ich verrate Ihnen mein Geheimnis: ruhige Hände, nie den Blick vom Kunstwerk abwenden, nie das Herz vom Kunstwerk abwenden. Egal wie oft man es tut. Ruhige Hände und Konzentration. Daran müssen Sie immer denken.«
    Ich nickte, und Mr. Monticelli hielt die kleine Figur hoch, damit ich sie begutachten konnte. Im Inneren hatte sie noch einen leichten roten Schimmer, aber die äußeren Rundungen waren mit den althergebrachten Werkzeugen fein herausgearbeitet worden. Ein einzelner Lichtstrahl fiel auf die Glasfiguren im Fenster und brachte das gesamte Geschäft zum Strahlen.

    »Es ist gar nicht so viel anders als das Weben«, sagte Mr. Monticelli, und ich nickte. Die Konzentration war das Problem beim Weben. Meine Hände wussten genau, was sie zu tun hatten, aber meine Gedanken und Gefühle mischten sich immer wieder ein.
    »Kennen Sie einen der Meisterweber?«, fragte ich. Er nahm die Katze und hielt sie ans Feuer, um sie zu betrachten.
    »Mr. Monticelli?«, sagte ich, als er keine Antwort gab. Seine dicken schwarzen Augenbrauen zogen sich nachdenklich zusammen.
    »Ich überlege«, sagte er. »Mal sehen, mal sehen.«
    Viele Weber konnte es in Fairwell nicht geben, wenn ihm nicht einmal ein einziger einfiel. Vielleicht waren sie in eine andere, ruhigere Stadt gezogen? Ich wusste aus eigener Erfahrung, wie schwer es sein konnte, sich zu konzentrieren, mit all dem Lärm und dem geschäftigen Treiben auf den Straßen.
    »Ah!«, rief Mr. Monticelli aus und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Wir werden Colar fragen!«
    »Colar?«, wiederholte ich verwirrt.
    Der Glasbläser nahm die schwere Schürze ab und wischte sich damit den Schweiß von der Stirn.
    »Er ist mein Schwager«, erklärte er. »Ich sage dir, wo ich herkomme, ist ein Mann kein Mann, solange er sein Brot nicht mit den Händen verdient. Bücher! Pah! Der Kopf meiner Schwester muss voller Luft sein, um so einen Mann zu heiraten!«
    Ich senkte den Blick.
    »Nein? Noch nicht einmal ein kleines Lächeln für mich?«, fragte er und studierte mein Gesicht.
    »Heute nicht, fürchte ich.«
    Er tätschelte mir freundlich den Kopf, wie es mein Vater manchmal tat, und der Knoten in meinem Magen zog sich
noch enger zusammen. Das Einzige, was mich davon abhielt, in Tränen auszubrechen, waren die Verwirrung und die Wut, die ich North gegenüber empfand. Ich verstand so vieles nicht. Wie er mich behandelte, was ihn so belastete und warum er mich überhaupt mitgenommen hatte.
    Zuerst befürchtete ich, wir würden wieder in den Regen hinausgehen, der noch immer stark genug war, um die verlassenen Straßen zu überfluten. Stattdessen führte mich Mr. Monticelli jedoch durch das Labyrinth von Regalen und Kisten in seinem dunklen Laden zu einer Tür. Er stieß sie mit großem Getöse auf und freute sich diebisch darüber, wie sehr sein Schwager sich erschreckte.
    Eine Verbindungstür , dachte ich, als ich durch die Tür ging und eine andere Welt betrat. Nach der Dunkelheit in Mr. Monticellis Werkstatt musste ich in der ungewohnten Helligkeit von Mr. Colars Geschäft blinzeln. Der Geruch von Feuer war verschwunden. Mir stieg der beruhigende Duft von altem Pergament und Ledereinbänden in die Nase. Die Holzregale reichten bis unter die Decke. Eine Glasbläserei und eine Buchhandlung waren als Paar nicht unbedingt naheliegend, aber das hatten sie wohl mit ihren Besitzern gemeinsam.
    Mr. Colar hatte uns den Rücken zugewandt, als er nach vorne zum Ladentisch kam. Ich konnte hören, wie die Seiten seines Buches raschelten.
    »Wie ich sehe, haben die Manieren der Familie nur für meine Frau gereicht«, bemerkte er lauter als nötig. Als er sich endlich umdrehte, standen wir direkt vor ihm.
    Die Ähnlichkeit ließ mich nach Luft schnappen. Die gleiche gekrümmte Nase, das breite Kinn, das helle, dünne Haar. Der Mann war das Ebenbild meines Vaters.
    »Ein Flüchtling!«,

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