Aus Licht gewoben
zehn fertig gewebten Reihen Blau an meinem Webrahmen am einzigen Fenster in Owains Zimmer. Mrs. Pemberly hatte mir Abendessen und sogar Kekse gebracht, obwohl sie sich nicht mit denen messen
konnten, die immer aus dem Ofen meiner Mutter gekommen waren. In diesem Augenblick hätte ich alles, eine Hand, mein bestes Kleid, sogar meinen Webrahmen, für einen Bissen ihres Essens gegeben. Ich hätte es verschlungen, selbst wenn es im Dreck gelegen hätte.
Im Zimmer war es plötzlich dunkel geworden, und ich hatte nur drei dahinschmelzende Kerzenstummel, um meine Arbeit zu beleuchten. Und trotzdem, als meine Hände die gewohnte Arbeit aufnahmen, war es, als wäre ich wieder zu Hause. Als der Regen schließlich auf hörte, öffnete ich das Fenster und lauschte dem Nachhall der letzten Tropfen auf dem Dach. Nach Tagen fühlte ich mich zum ersten Mal wieder wie ich selbst.
Doch schon zog der nächste Sturm auf, diesmal bestand er allerdings aus lautem Gelächter und schweren Schritten.
»Ich denke doch, ich weiß, welches Zimmer mir gehört, Freundchen!«
»Mir war nicht klar, dass du lesen kannst!«
»Lies doch meine… meine…«
»Schlagfertig wie immer, wie man hört.«
Augenblicklich ließ ich das Garn fallen.
Astraea sei Dank, dachte ich und stieß einen erleichterten Seufzer aus.
Die Tür flog auf, und zwei lachende und keuchende Gestalten kamen herein. Ich wollte sie begrüßen, doch die Worte blieben mir im Halse stecken, denn mitten im Lachen hielten sie mit großen Augen inne. Sie hatten mich völlig vergessen.
»Hallo, Syd«, sagte North schließlich unbekümmert. Er stützte sich auf Owain, der kaum besser stehen konnte als er.
»Seid ihr verletzt?«, fragte ich. »Als ihr nicht wieder zurückgekommen
seid, dachte ich… Habt ihr den Drachen besiegt? «
North machte Anstalten, mich zu umarmen, aber ich kannte mittlerweile die Anzeichen. Gerötete Wangen, glasige Augen … und dieser Geruch . Ich trat einen Schritt zurück, und er landete mit dem Gesicht voran auf dem Bett. Ungläubig sah ich Owain an, doch der wich meinem Blick aus.
»Er ist ja betrunken! Ihr seid beide betrunken!«, rief ich empört. »Wart ihr die ganze Zeit bei irgendeinem Saufgelage?«
»Wir haben den Auftrag erledigt, Kleines!«, verteidigte sich Owain schnell. »Auftrag erledigt, Drache besiegt, alles gut!«
»Dann erklärt mir doch bitte, warum der Auftrag erfordert hat, dass ihr euch sinnlos betrinkt!«, verlangte ich. »Ihr hättet mich nicht einfach hier lassen dürfen. Ich wollte mitkommen! «
»Aber es war doch ein Drache. Viel zu gefährlich«, maulte Owain.
»Von jetzt an entscheide ich, was für mich zu gefährlich ist«, erklärte ich wütend.
Owain schüttelte den Kopf, dass der Regen aus seinen Haaren nur so spritzte.
»Auf Vesta da hinzureiten hat uns Stunden gekostet. North hat es dem Drachen ganz schön gezeigt. So viel Magie hab ich in meinem Leben noch nicht gesehen. Eisige Winde, loderndes Feuer! Ich dachte, er würde vollständig verbrutzeln, aber als er den roten Umhang abgenommen hat, war nicht die kleinste Brandblase zu sehen. Dann bin ich dem Drachen auf den Rücken geklettert, hab mein Schwert genommen und …« Er holte tief Luft. »Danach haben die Dorf bewohner darauf bestanden, dass wir zum Festmahl bleiben. Sie haben ein ganzes Jahr unter dem Drachen gelitten, und bis wir kamen, hatte es kein Zauberer geschafft, ihn zu besiegen!«
Ich ballte die Fäuste und versuchte, ruhig zu bleiben. »Wo ist dann dein Lohn, North?«, fragte ich. »Wenn du den Drachen wirklich getötet hast, würde ich gerne sehen, wie viel sie dir bezahlt haben.«
North studierte aufmerksam ein Stück Papier in seiner Hand. Er musste mehrere Male blinzeln, um nicht zu schielen.
»Henry Porter«, murmelte er, als er den Namen auf dem Brief las, den ich geschrieben hatte. »Wer ist Henry ? Und warum schreibst du ihm ständig?«
»Das ist mein Brief«, sagte ich und riss ihm das Blatt aus der Hand, das diese Behandlung nicht ganz unbeschadet überstand. »Was fällt dir eigentlich ein?«
»Warum schreibst du überhaupt immer nach Hause?«, fragte North und drehte sich auf den Rücken. »Was hast du zu erzählen? Wie sehr du mich hasst und wie dumm ich bin?«
Meine Kehle brannte, und ich konnte nicht antworten. Er war derjenige, der Schuld daran hatte, dass ich so weit weg war. Seinetwegen konnte ich mir nur vorstellen, was zu Hause vor sich ging und wie es um meine Familie und Freunde stand.
North spielte mit der
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