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Aus Licht gewoben

Aus Licht gewoben

Titel: Aus Licht gewoben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Bracken
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ich eine Handvoll Schnee nahm und ihn durch meine Finger rieseln ließ. Er klebte auf eine Weise an meiner Hand, die so ganz anders war, als ich es von
Wüstensand kannte. Und er war so weich. Ich spitzte die Lippen und pustete. Tausende kleiner weißer Flocken stoben auf und schwebten zu Boden.
    Unter der Schneedecke waren die kleinen rauchenden Kamine das Einzige, was von den Dächern im Tal zu sehen war. Ich vermisste zwar das endlose Meer von wogendem grünen Gras, aber dieser Anblick war fast ebenso schön. Ich sah mich nach meinen Stiefeln und einer Decke um, damit ich nach draußen gehen konnte, doch der Klang von Pascals Stimme hielt mich zurück.
    »Wenn du Magie benutzen willst, um seiner Spur zu folgen, musst du bereit sein, dich ihr vollkommen zu öffnen.«
    »Aber das bedeutet Höllenqualen«, erwiderte North. »Ich kann dem nicht so lange standhalten wie andere. Wie soll ich seiner Spur folgen, wenn ich mich kaum aufrecht halten kann?«
    »Das weiß ich, Wayland, und ich verstehe es«, beschwichtigte ihn Pascal. »Ich weiß, wie schwer es für dich ist, genau wie für deinen Vater und dessen Vater vor ihm. Aber du musst es versuchen.«
    North kniete auf der weichen Erde und presste seine Hände vor das Gesicht. »Ich sehe eine rote Schnur, sie ist straff gespannt… und… ein weißes Band, es ist ganz heiß.«
    »Gut, mach weiter«, sagte Pascal. »Du hast gesagt, Eis sei sein Spezialgebiet. Siehst du irgendwo eine Ansammlung von Blau? Diese Magie würde er am stärksten anziehen.«
    »Ich kann nicht.« North rieb sich das Gesicht.
    »Du darfst keine Angst haben«, sagte Pascal. »Der Gedanke an den Schmerz hält dich zurück.«
    »Wird er jemals verschwinden? Oder wenigstens schwächer werden?«, fragte North leise. »Ich kann mich nicht erinnern, dass mein Vater je so schwach gewesen wäre.«

    »Du bist genauso stark, wie es dein Vater gewesen ist«, sagte Pascal. »Weldon konnte den Schmerz nur besser verstecken. «
    Da ich das Gefühl hatte, schon mehr gehört zu haben, als ich sollte, schloss ich das Fenster wieder. Er hatte seine Eltern bisher nur ein einziges Mal erwähnt, und das hatte mir gereicht, um zu sehen, wie sehr er unter ihrem Verlust litt. Ich lehnte meine Stirn gegen das kühle Glas und beobachtete, wie die beiden Gestalten sich umkreisten. Die Umhänge umwirbelten North. Wie immer vergeudete er wertvolle Zeit damit, zwischen den einzelnen Farben zu wechseln. Mehr denn je wurde mir klar, wie bedeutend meine Arbeit für ihn sein könnte.
    Mein Webrahmen wartete auf mich, sein rauer Holzrahmen vorsichtig gegen die Wand gelehnt. Ich setzte mich davor und zog meine Tasche zu mir heran. Schon war mein Verstand vollständig im Bann des Umhangs mit all seinen Einzelheiten. Nur am Rande nahm ich wahr, wie sich das Zimmer langsam mit Sonnenlicht füllte.
     

     
    Als der Umhang zur Hälfte fertig war, zwang ich mich zu einer Pause, um das Feuer wieder anzuzünden. Irgendwann, nachdem ich mit den Burgmauern von Fairwell fertig geworden war, mit den grünen Bergen Arcadias aber noch nicht begonnen hatte, war auch die letzte Glut verloschen. Die Winterluft, die den Raum erfüllte, hatte meine Finger so steif werden lassen, dass ich sie nicht mehr bewegen konnte.
    Sicher hundertmal hatte ich dabei zugesehen, wie meine Mutter geübt und mit spielerischer Leichtigkeit das Herdfeuer angezündet hatte. Das eine Mal, als sie es mich hatte versuchen lassen, hatten ein verschüttetes Abendessen und ein
kaputter Topf sie davon überzeugt, dass ich in einer Küche nichts verloren hatte.
    So fest ich konnte, rieb ich das harte, dünne Stück Holz an dem weicheren, doch das einzige Resultat meiner Mühen waren müde Arme. Ich war so damit beschäftigt, Astraea um das kleinste Fünkchen anzubeten, dass ich die Schritte hinter mir nicht hörte.
    »Mädchen«, sagte Pascal. »Wärst du alleine in der Wildnis, würdest du eher erfrieren als jemals einen Funken zu Gesicht zu bekommen.«
    Ich blies mir die ungebändigten Haare aus dem Gesicht und sah grimmig zu ihm hoch. Mit einem trockenen Lachen kniete er sich neben mich.
    »Darf ich?«, fragte er. Ich gab ihm das Holz und sah entmutigt dabei zu, wie er mit Magie das Feuer entfachte. »Jetzt einen Kaffee?«
    Er verschwand in Aphras Zimmer und kam mit einem Kessel, zwei wunderschönen Tassen und einem Leinensäckchen wieder heraus.
    »Wo ist North?« Mir stieg schon der Kaffeeduft in die Nase, und mein leerer Magen zog sich voller Vorfreude

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