Aus Nebel geboren
Seite verursachte, war in dem Moment vergessen, in dem er um sein Leben kämpfte. Die zwei Säbel seines heidnischen Gegners fuhren auf ihn nieder, und es gelang ihm kaum, den schnellen Hieben zu entkommen.
Die Angreifer umringten ihn, und schon im nächsten Moment hatte er die Feinde auch in seinem Rücken. Es war aussichtslos, aber er würde nicht aufgeben. Er kämpfte für Gott und eine gute Sache, auch wenn er gerade nicht sagen konnte, wo in dieser Nacht das Gute stecken mochte.
Sein Schwert schlug hart gegen die Klinge des Dunkelhäutigen, als er einen Streich an der Schulter einsteckte. Julien keuchte und brachte sich mit einem gewagten Satz, zwischen den gestreckten Säbel zweier Gegner hindurch, in deren Rücken kurz in Sicherheit. Sein Arm war beinahe taub, und das Schwert entglitt seinen kraftlosen Fingern. Klirrend fiel seine einzige Hoffnung, die Nacht zu überleben, in den Straßenstaub Jerusalems.
Müde sah Julien sich um. Jerusalem bot ihm mit den im Feuerschein glühenden Zwiebeltürmen und dem Sternen übersäten Himmel, der ihm näher schien als zu Hause in Frankreich, eine spektakuläre Szenerie für seinen letzten Atemzug – wie er fand. Und dennoch widerstrebte es ihm, seinem Schöpfer schon jetzt gegenüberzutreten. Seine Feinde bildeten eine undurchdringbare Mauer, auch wenn sie ihm in diesem Augenblick nicht weiter attackierten. Sie warteten. Wollten die Ehre seines Todes wohl ihrem Anführer überlassen, denn der kam nun auf ihn zu.
Julien hatte schon etliche Männer gesehen, die einen Sieg errungen hatten. Verachtung hatte er in deren Augen gesehen, oder Überheblichkeit. Manchmal Freude, Triumph oder Spott. Aber nichts davon sah er im Gesicht des schwarzhaarigen Heiden. Er war seltsam ruhig, als wäre der Sieg für ihn dennoch eine Niederlage. Der Heide war groß, ebenso groß wie Julien, und seine Haltung war stolz. Die Muskeln in seinen Armen waren gespannt und die beiden Säbel wie mit ihnen verwachsen.
„Eine vorhersehbare Entwicklung, nicht wahr, Christ?“, wandte er sich mit tiefer Stimme an Julien. „Wo ist meine Frau?“
„Sie ist eine Gefangene der Heiligen Kirche. Ergebt euch, dann bringe ich euch zu ihr.“
Der Blick seines Gegners verfinsterte sich, als er Juliens Worte für seine Männer übersetzte. Sie antworteten aufgebracht, was Julien zwar nicht verstand, aber ihre feindliche Haltung war in ihren derben Gesten klar zu erkennen. Sie wollten ihm an die Kehle, aber ihr Anführer gebot ihnen Zurückhaltung.
„Mann gegen Mann“, schlug der morgenländische Krieger ihm vor und wies einen seiner Kämpfer an, Julien das Schwert vom Boden aufzuheben.
„Gewinne ich – und das werde ich – gibst du mir meine Frau zurück und wirst dafür leben.“ Sein schwarzer Blick brannte vor Entschlossenheit.
Julien griff nach seiner Waffe.
„Und wenn ich gewinne?“, fragte er und blickte in die Runde. Selbst wenn er diesen Gegner besiegen sollte, standen ihm immer noch dessen Männer im Weg.
„Sie werden dich gehen lassen …“, versicherte der Heide. „… wenn du mich tötest. Aber das wirst du nicht!“
Er hob mit einer ausladenden Bewegung seine Säbel, und die Krieger in seinem Rücken wichen zurück, um ihnen Platz zu machen. Julien wischte sich den Schweiß von der Stirn und bewegte zaghaft seinen Arm. Wie ein Blitzschlag fuhr ihm der Schmerz bis unter die Kopfhaut, und er betete um neue Kraft.
Sie umkreisten sich mit gestreckten Waffen, maßen die Kraft des Gegners ab, und Julien wusste, der Heide war klar im Vorteil. Dessen dunkle Haut glänzte feucht von Schweiß, und das Haar fiel ihm wild bis auf die Brust, als er die Distanz zwischen ihnen verringerte.
„Gott, gib mir Kraft“, flehte Julien, fasste seine Waffe mit beiden Händen und rannte auf den Feind zu. Er versuchte, in den schwarzen Augen seines Gegenübers dessen nächsten Schritt zu erahnen, als er in einem todesmutigen Sprung das Schwert über seinen Kopf hob. Ein Schlag von oben war riskant, weil er dabei selbst schutzlos war, aber, wie erwartet, führte der Heide seine Säbel abwehrend in die Höhe. Metall krachte auf Metall, als die Klingen sich trafen. Noch ehe die Erschütterung dieses Schlages seinen Arm erreichte, ließ Julien sein Schwert einfach los und tauchte unter den tödlichen Säbeln seines Gegners hindurch, bis direkt an dessen ungeschützte Brust. Er war zu nah, als dass der Heide seine Säbel gegen ihn hätte einsetzen können, als er die zwei Messer aus den Lederstulpen an
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