Aus Nebel geboren
stützenden Griff, um sich nach ihrem Sweatshirt zu bücken. Sie wandte ihm den Rücken zu, bis sie ihre Lederjacke an und bis zum Hals geschlossen hatte. Mit zitternden Fingern kramte sie nach einer Zigarette, und, während sie die ersten beruhigenden Züge tat, beobachtete sie ihren Retter unter gesenkten Lidern hervor.
Er wartete, als hätte er alle Zeit der Welt, auch wenn seine Haltung eine gewisse Anspannung verriet.
Sie klammerte sich an ihrer Zigarette fest, als wäre sie ein Anker in sturmumtoster See. Julien hatte schon oft beobachtet, wie Menschen zu solchen Mitteln griffen, wenn ihnen ihr Leben entglitt.
Noch war es ihm ein Rätsel, was Gabriel mit dieser Frau zu tun gehabt haben mochte. Aber es bestand kein Zweifel, Fay war die Frau, deren Haarsträhne sein Freund bei sich getragen hatte. Haar in dunkelstem Rot. Etwas an diesen wilden Locken weckte in ihm das Verlangen, sie zu berühren, seine Hände darin zu vergraben.
Er ließ seinen Blick über die Frau wandern, von der er sich Antworten auf all seine Fragen erhoffte. Sie sah trotz ihrer ablehnenden Haltung verletzlich aus. Unsicherheit und Furcht konnte Julien in ihren haselnussbraunen Augen sehen, die ihn drängten, für ihre Sicherheit zu sorgen. Nicht nur, weil sie die Einzige war, die ihm etwas über Gabriel und offensichtlich auch über den Verbleib der Wahrheit sagen konnte, musste er sie in Sicherheit bringen. Und hier waren sie nicht sicher.
Als sie die Kippe schließlich fallen ließ und austrat, fand Julien, ihr genug Zeit gegeben zu haben, um ihre Fassung wiederzuerlangen. Es war an der Zeit, ihm seine Fragen zu beantworten.
„Hat auch Gabriel dich verletzt?“, griff er das Gespräch von vorher wieder auf.
Sie warf ihm einen misstrauischen Blick zu.
„Scheiße, ich kenne diesen Kerl doch überhaupt nicht! Ich weiß nichts von ihm und – Verdammt! –, ich hab auch keine Lust, von euch geisteskranken Typen in Schwierigkeiten gebracht zu werden! Hätte nicht gedacht, dass es noch Kerle gibt, die schlimmer als meine üblichen Verdächtigen sind, aber da lag ich ja wohl falsch!“
Julien runzelte die Stirn.
„Du kennst Gabriel nicht? Er trug eine Strähne deines Haares bei sich, als er starb! Also erzähl keine Märchen.“
Sie wurde blass wie der Marmor in ihrem Rücken und hob abwehrend die Hände.
„Tot? Er ist tot? Verdammt, in was zieht ihr mich da hinein? Ich gehe! So eine Scheiße, ich gehe zur Polizei!“
Sie zog sich die Kapuze ihrer Jacke über die nasse rote Mähne und wollte sich an Julien vorbei zurück auf den Weg schieben, aber er hielt sie auf.
„Fay. Du weißt, dass ich dich nicht gehen lassen kann. Du bist nicht sicher – auch nicht bei der Polizei. Der Wanderer gibt nicht auf. Er wird dir folgen und dich bei nächster Gelegenheit nicht so glimpflich davonkommen lassen. Du hast etwas, das er will – was auch ich will –, aber im Gegensatz zu ihm, werde ich dich schützen.“
Sie versuchte, sich loszureißen, aber Julien gab nicht nach. Sie hatten bereits zu viel Zeit vergeudet.
„Hast du den Stein, Fay? Hat Gabriel dir den Rubin anvertraut?“, fragte er, und er wusste, seine Finger gruben sich schmerzhaft in ihren Arm.
Ihr wütender Blick verriet ihm die Antwort, und so brauchte er nicht mehr.
„Du wirst ihn mir zurückgeben. Jetzt!“
Juliens Griff fühlte sich an, als wäre ihr Arm in einem Schraubstock gefangen, und der Blick aus seinen durchdringenden Augen zeigte ihr, dass er nicht nachgeben würde. Er würde bekommen, was er wollte – und das wusste er.
Fay schloss die Augen. Wie ein Hammerschlag traf sie die Resignation. Sie war so müde. Müde des ewigen Kampfes um ein besseres Leben, das sie doch nie erreichen würde. Der Stein – ihr Ticket in ein neues Leben, so hatte sie gedacht – hatte ihr nur Ärger eingebracht. Sie wusste, Chloé würde enttäuscht sein, aber ihr blieb ja keine andere Wahl. Julien Colombier war fest entschlossen, ihr die bessere Zukunft zu nehmen.
„Gib ihn mir, Fay!“, wiederholte er.
„Was ist das für ein Stein? Ein Rubin? Ein Scheiß wertvoller Rubin? Dann seid ihr doch bescheuert, wenn ihr denkt, ich würde ihn einfach so bei mir tragen! Glaubst du etwa auch, ich hätte ihn mir zwischen die Möpse geklemmt?“
Fay war am Ende ihrer Nerven und so wütend. Sie schrie, sodass sogar die Vögel aus den Baumwipfeln aufstoben.
„Willst du nicht selbst nachsehen? Lieber auf Nummer sicher gehen, wie dein beschissener Psycho-Freund?“
Sie riss
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