Aus Nebel geboren
schüttelte entschieden den Kopf.
„Wenn ihr der Kirche den einzigen Beweis für ihre Lüge in die Hand gebt, was glaubt ihr, werden sie damit tun? Sie mit ihren Anhängern teilen? Zulassen, dass ihre Klöster und Abteien niedergebrannt werden? Zusehen, wie man ihnen die goldenen Kreuze aus den Kirchen nimmt und man ihre Lehren als boshafte Lügen abtut? Glaubt ihr, ein Mann wie der Papst wird seine Vormachtstellung als Gottes Stellvertreter auf Erden aufgeben und Brötchen backen oder seinen Lebensunterhalt als Färber verdienen wollen?“
Said sah Julien an. Sein Blick war fest und entschlossen.
„Die Kirche, Christ, ist noch viel gefährlicher, als ein einzelner machthungriger Befehlshaber. Sie wird das Elixier vernichten, jeden Beweis vertuschen und jeden kleinsten Zweifel an ihren Lehren ausräumen.“
Er sah in die Gesichter der Männer, deren Aufmerksamkeit er nun hatte.
„Warum glaubt ihr, sollt ihr Jerusalem zurückerobern? Das Wissen um die Wahrheit dringt wie Nebel seit Jahrtausenden durch die Welt. Es gab – und wird auch immer Menschen geben, die davon wissen, aber ebenso wird es immer welche geben, die dies vertuschen wollen.“
Julien reichte dem Heiden einen Kelch Wein, und niemand erhob dagegen Einspruch, ihn somit in ihrer Mitte zu begrüßen. Said trank dankbar und fuhr fort:
„Josef von Arimathäa war nicht der Erste, der das Elixier in seinem Besitz hatte. Und die Folgen seines Handelns sind weitreichend. Es kann in den falschen Händen die Weltordnung zerstören. Vielleicht ist es das einzig wahre Göttliche auf dieser Welt. Jemand muss es schützen.“
„Warum weihst du gerade uns in dein Geheimnis ein? Wir sind Christen und dein Feind. Warum nimmst du dein Wissen nicht mit ins Grab?“, wollte Cruz wissen, und seine dichten Augenbrauen waren zusammengezogen.
Said sah zu Boden.
„Ihr seid nicht meine Feinde. Krieger eures Glaubens seid ihr. Dass euer Glaube auf einer Lüge fußt, wusstet ihr bis heute nicht, also kann ich euch dies nicht vorwerfen. Den Tod fürchte ich nicht, nur kann ich nicht riskieren, dass die Wahrheit in Vergessenheit gerät oder von den falschen Menschen ans Licht gebracht wird. Wie ihr selbst seht, ist es schwer, zu entscheiden, was im Sinne der Menschheit zu tun wäre. Helft ihr mir?“
Die Männer sahen Julien an, und auch in dessen Kopf drehten sich die Gedanken im Kreis. Sein Verstand leugnete das Gehörte, aber sein Gefühl vertraute den Worten des dunkelhäutigen Fremden. Nur das Schlagen der Zeltplanen war zu hören. Jeder versuchte, die Informationen mit seiner Überzeugung in Einklang zu bringen, aber es gab einfach zu viele Fragen. Auch Julien vermochte zu keinem Ergebnis zu kommen.
„Es fehlt immer noch ein Beweis für die Kraft dieser Flüssigkeit“, kam Louis zu demselben Schluss wie Julien.
Cecil hob ruckartig den Kopf.
„Wir müssen es versuchen! Ich, ich will es versuchen, Juls! Ich melde mich freiwillig!“
„Du kannst den Verrückten nicht unsterblich machen, Julien!“, warnte Arnulf und zog Cecil am Nachtgewand zurück auf den Schemel.
„Wir sollten es am Heiden selbst testen. Immerhin ist es ebenso wahrscheinlich, dass sich Gift in dem Stein befindet, und er sich alles ausgedacht hat“, gab Gabriel zu bedenken, aber sofort legte Lamar Einspruch ein.
„Bist du von Sinnen, Gabriel? Diesen morgenländischen Hurenbock willst du unsterblich machen? Dass er uns anschließend alle umbringt? Niemals! Und Cecil scheidet ebenfalls aus!“
Arjen trat schweigend in die Mitte. Das Fackellicht schimmerte in seinem goldenen Haar. Er war ein stiller Gefährte, dem man die Wahl zwischen Priestertum und Kreuzzug gelassen hatte. Er war ein hervorragender Kämpfer, obwohl er nur die Hälfte des Körpergewichts mitbrachte wie Juliens restliche Männer. Doch nicht nur sein Kampfstil war leicht und schnell, sein Geist war es ebenso.
„Überlassen wir Gott die Entscheidung“, schlug er vor, legte seinen Dolch auf die Tischplatte und drehte ihn im Kreis. Doch dann stoppte er die Drehung, ehe die Waffe von selbst liegen blieb, und sah seine Freunde an.
„Er sagt, das Elixier könnte das einzig wahre Göttliche auf Erden sein. Von welchem Gott wir auch immer sprechen, womöglich vermag er die beste Wahl zu treffen.“
„Von welchem Gott auch immer, Arjen? Es gibt nur einen Gott! Mein Bruder ließ sein Leben für diesen einen Gott! Wie könnt ihr nur daran zweifeln?“, rief Matteo zornig.
„Dann vertraue ihm, Junge. Baue darauf, dass es
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