Aus Nebel geboren
Tresen, wonach sie gesucht hatte, und trug den Schemel unter ihr Versteck. Sie stieg hinauf und streckte sich nach der Deckenplatte, als sie ein Geräusch vernahm. Schritte.
„Verdammt!“, fluchte sie und duckte sich zwischen die nächstbesten Kleiderständer. Sie vergrub sich hinter den Foliensäcken und hoffte, Monsieur Duprais würde sie hier nicht finden. Es gab keinen rationalen Grund für ihre Angst, denn sie benutzte den Vordereingang regelmäßig, wenn sie nach Hause kam, aber sie hatte ja auch noch nie etwas zu verbergen gehabt.
Julien hatte sich gerade dazu entschlossen, Fay gegen ihren Willen zu folgen, und überquerte die Straße, als er Lamar aus der Seitenstraße herausrennen sah.
Alarmiert lief er los.
„Lamar!“, rief er. „Was ist?“
Der Ausdruck im Gesicht seines Freundes gefiel ihm nicht.
„Ein Priester hat uns in die Falle gelockt. Cruz glaubt, der Wanderer hat seine Finger im Spiel. Warst du hier? Ist dir etwas aufgefallen?“, fragte Lamar und deutete zum Eingang der Reinigung.
„Wir sind gerade angekommen. Fay ist hinein, um den Stein zu holen. Hier war alles ruhig, sonst hätte ich sie nie allein gehen lassen.“
Cruz kam dazu und forderte sie auf, mitzukommen. Seine Klingen glänzten im Licht der Straßenlaternen, als er sich der Wäscherei näherte.
„Wir gehen rein!“, entschied Julien und versuchte, die Angst um Fay nicht Herr seiner Taten werden zu lassen. „Aber seid vorsichtig, oder uns wird es wie Gabriel ergehen.“
Erleichtert bemerkten sie Louis, der gerade mit dem Auto um die Ecke bog. Julien war es nun egal, ob die Bruderschaft des wahren Glaubens ihre Anwesenheit hier bemerken würde, und er bedeutete Louis, sich ihnen anzuschließen. Der sprang aus dem Wagen und kam zu ihnen.
Schulter an Schulter näherten sie sich der Tür, sich wohl bewusst, es mit einem Gegner zu tun zu haben, der alles über sie wusste. Ein Gegner, der ihre einzige Schwachstelle kannte und ihnen gefährlich werden konnte.
Chloé stieg zitternd die Stufen hinab. Sie betete, die Katze ihrer Vermieter möge nicht irgendwo hier herumlungern und sie – oder den Mann mit der Waffe hinter ihr – erschrecken. Das Letzte, was sie wollte, war eine Kugel im Rücken, nur weil ihr Entführer sich erschreckte.
Immer wieder schluckte sie die aufsteigende Magensäure hinunter. Ihr war dermaßen schlecht vor Angst, dass sie sich beinahe übergeben musste.
Unter dem irren Blick ihres Peinigers hatte sie sich angezogen und ihre Papiere zusammengesucht, während er fast fröhlich sein Messer gegen eine Pistole aus der Innenseite seines Mantels getauscht hatte. Er hatte einen Schalldämpfer aufgeschraubt und die Waffe ganz entspannt entsichert. Dann war er zu ihr gekommen – so nah, dass sein Pelzkragen sie berührte –, hatte ihre Mundwinkel zu einem Lächeln nach oben geschoben und ihr ins Ohr geflüstert: „Ich töte lieber mit einer Klinge oder mit meinen Händen, weil es direkter ist. Dann spüre ich das Sterben. Aber manchmal …“
Er fuhr ihr mit dem Schalldämpfer zwischen die Beine.
„… manchmal regt diese Waffe auch die Fantasie an, meinst du nicht?“
Die Erinnerung an diesen schrecklichen Moment ließ Chloé straucheln, und sie hielt sich am Geländer fest, dabei hätte sie nicht fallen können, denn der Mann umklammerte ihren Arm.
„Weiter. Wir haben es eilig. Ich muss dir nicht sagen, was passiert, wenn du Ärger machst, oder?“
Chloé verneinte und wartete auf weitere Anweisungen, als sie den Fuß der Treppe erreicht hatte.
„Vorne raus“, befahl er gerade, als die Tür, auf die er zustreben wollte, geöffnet wurde. Mit einem Fluch riss er sie herum, hielt ihre Kehle in seiner Armbeuge und zielte über ihre Schulter, während er sie wie ein Schutzschild vor sich hielt. Chloé versuchte, genau das zu tun, was er von ihr erwartete. Diesen Tag zu überleben, schien ihr das einzig naheliegende Ziel zu sein.
„Hier lang“, flüsterte er, da die Männer, die gerade durch den Vordereingang in den Laden kamen, sie scheinbar noch nicht bemerkt hatten, und schob sie zurück in den Treppenaufgang. Die Hintertür war nicht weit, und sie bemerkte, wie auch ihrem Peiniger dieser Gedanke kam, denn er drehte sich leicht nach rechts.
Chloés Blick hing an den Männern, die in den Laden schlichen. Gehörten sie zu ihrem Entführer, oder konnten sie ihr zu Hilfe kommen? Die Waffe hielt sie davon ab, sich bemerkbar zu machen, als sie die geduckte Gestalt ihrer Schwester zwischen
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