Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story
Paul als auch ich waren besorgt, dass in meinem Kopf und Körper etwas schief laufen könnte wie beim letzten Mal. Da ich nicht in den Händen von Medizinmännern oder Gesundbetern enden wollte, fand ich es besser, mein Baby - wenn möglich - in England zu bekommen. Paul stimmte zu.
Michael kam schließlich Ende März 1995 auf die Welt, als der Frühling gerade anbrach. Ich war damals zweiundzwanzig Jahre alt. Er kam zehn Tage zu spät, doch das
Warten hatte sich gelohnt. Er war ein wunderschönes Kind und wurde auf der Stelle die größte Liebe meines Lebens. Ich konnte kaum glauben, dass ich ein gesundes Baby hatte, und fühlte mich weiterhin wohl genug, um ihn zu versorgen. Niemand würde mir je mein Kind nehmen können. Wie es schien, war für mich ein Traum in Erfüllung gegangen. Und ich war erleichtert, dass ich mich nicht wieder krank fühlte.
»Ich freue mich ja so, dass Paul dich gefunden hat«, sagte Jane eines Tages zu mir. »Ich habe ihn noch nie so glücklich gesehen. Du wirst dich für mich um ihn kümmern, oder?«
»Ja«, sagte ich, »das tue ich mit Sicherheit. Wir lieben uns, nur das zählt.«
»Genau das wollte ich hören.«
Als Michael drei Wochen alt war, flogen wir auf die Philippinen zurück, um ihn meiner Mama zu zeigen. Anschließend verbrachten wir wegen Pauls Arbeit noch ein paar Wochen in Singapur, bevor wir dann nach Brunei zurückkehrten. Von gelegentlichen Kopfschmerzen abgesehen, die ich einfach nicht loswurde, hätte mein Leben nicht besser sein können. Für Paul und Michael zu sorgen machte mich absolut glücklich. Wir reisten viel miteinander, und ich nahm die beiden sogar zu Bill nach New York mit, wie ich es ihm versprochen hatte. Bill war genauso reizend, wie ich ihn in Erinnerung hatte, und schien ehrlich erfreut, weil ich mein Versprechen gehalten und meine Familie mit zu Besuch gebracht hatte.
Nach Michaels Geburt wechselte Paul noch einige Male den Arbeitsplatz, und wir zogen in ein anderes Haus in der Stadt um, ein Riesending mit fünf Schlafzimmern und fünf Bädern.
Wir nahmen uns noch ein Dienstmädchen, sodass ich nach wie vor kaum Hausarbeit erledigen musste; aber ich wollte jetzt nicht mehr nur herumsitzen. Ich hatte an einem Modekurs teilgenommen, der mir Spaß gemacht hatte, wollte jedoch noch mehr machen. Ich fragte Paul, ob er etwas dagegen habe, wenn ich wieder arbeitete. Ich wollte noch immer so viel für meine Familie tun, und es passte mir nicht, dass ich ihn um das ganze Geld bitten musste. Er fand die Idee gut und half mir, einen Job als Kellnerin in einem der großen Hotels zu bekommen; es gehörte jemandem, der mit der Königsfamilie in Verbindung stand. Es war schön, wieder viel zu tun zu haben und mein eigenes Geld zu verdienen. An den Tagen, an denen ich arbeitete, nahm Paul Michael manchmal mit. Bisweilen kamen die beiden ins Hotel, um mir bei Schichtwechsel einen Besuch abzustatten.
Unser Dienstmädchen kümmerte sich auch um Michael, wenn wir beide gleichzeitig bei der Arbeit waren. Wir kamen gut miteinander aus, obwohl sie nicht wollte, dass jemand erfuhr, dass ich ihre Chefin war. Aus irgendwelchen Gründen macht es vielen Filipinos nichts aus, für Ausländer zu arbeiten, sie finden es aber peinlich, für andere Landsleute tätig zu sein. Wenn wir mit Michael im Kinderwagen draußen waren und sie einen von ihren Freunden sah, schob sie rasch den Kinderwagen zu mir herüber. Sie sprach Paul mit »Sir« und mich mit »Gina« an.
Die meiste Zeit war mir das egal, weil sie mir wie eine gute Freundin vorkam und es mir sowieso nicht angenehm war, ihr Anweisungen zu erteilen. Aber manchmal war es dann doch schwierig, wenn ich nämlich wollte, dass sie etwas Bestimmtes für mich erledigte, sie sich von
mir aber nichts sagen ließ. Paul erklärte mir immer, dass ich die Chefin sei und ihr sagen müsse, was sie zu tun habe. Er konnte nicht verstehen, warum ich mich dabei so unwohl fühlte. Wenn es mir wirklich wichtig war, dass sie etwas Bestimmtes erledigte, ging ich deshalb meistens zu ihm, damit er sie beauftragte.
Eines Tages war ich mit Michael den ganzen Tag beim Schwimmen. Als wir zurückkamen, bat ich das Mädchen, etwas für Paul zu kochen, während ich das Essen für uns zubereitete.
»Ich bin schon den ganzen Tag müde«, sagte sie protestierend, »und jetzt soll ich auch noch kochen?«
Mit diesen Worten stürmte sie in ihr Zimmer, knallte die Tür zu und schloss ab. Als Paul nach Hause kam, erklärte ich ihm, was passiert war. Er
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