Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story
kriegen.
Zu der Zeit war ich gerade wieder schwanger geworden, weil Paul gesagt hatte, Michael brauche seiner Meinung nach ein Geschwisterchen. Und am nächsten Tag stellte ich zu meinem Entsetzen fest, dass ich blutete. Ich rief Paul in der Arbeit an, um es ihm zu sagen. Er fuhr mich ins Krankenhaus, wo ich Dr. Reynolds aufsuchte; er war ein guter Freund von ihm und auch unser Hausarzt.
»Tut mir Leid«, sagte Dr. Reynolds, nachdem er mich untersucht hatte. »Das Baby ist tot.«
Am nächsten Tag operierten sie mich, um den Fötus zu entfernen, und der Arzt fragte mich, was meiner Meinung nach das Problem verursacht haben könnte.
»Ich weiß nicht«, log ich und konnte ihm nicht in die Augen schauen. »Vielleicht bin ich ja nur übermüdet.«
Etwas an seinem Verhalten sagte mir, dass ihn meine Antwort nicht überzeugte, doch er beschloss wohl, nicht weiter nachzuforschen; und ich fand noch immer, dass ich meinem Mann gegenüber loyal sein musste, zumal Dr. Reynolds ja sein Freund war.
Wie es schien, kam Paul nicht mehr gern nach Hause und zog es vor, mit seinen Freunden auszugehen, bis ich längst im Bett war. Es war mir egal, wie lange er außer Haus war, solange er nur Michael oder mich nicht schlug und uns nicht anbrüllte, wenn er zurückkam. Er hielt mich für übertrieben fürsorglich und war der Meinung, dass man Michael beibringen müsse, was richtig sei und was nicht. Meiner Meinung nach gibt es jedoch absolut keinen Grund, ein kleines Kind zu schlagen. Michael war nicht besonders ungezogen oder schwierig, nur neugierig und voller Energie.
Mir schien, dass Paul nach Gründen suchte, um einen Streit vom Zaun zu brechen. Er war, was das Essen anging, schon immer heikel gewesen, deshalb kochte ich meistens etwas extra für ihn, denn das Dienstmädchen wusste nicht so recht, was ihm schmeckte. Aber er meckerte ständig. Wenn ich sein Essen fertig hatte, sagte er, er habe keinen Hunger - dass er schon gegessen oder eine Verabredung habe. Nichts, was ich kochte, schmeckte ihm. Wir warfen ständig Unmengen Essen weg, bis ich mir irgendwann nicht mehr die Mühe machte, etwas für ihn zu kochen, aber da wurde er dann noch wütender.
Bald kam er immer erst um zwei oder drei Uhr morgens nach Hause, aber ich fragte ihn nicht, wo er gewesen war. Trotz seines unbeherrschten Benehmens daheim vertraute ich ihm noch immer. Ich hatte das Gefühl, dass er reif genug war, um nicht mit anderen Frauen herummachen zu müssen. Ich redete mir ein, dass er dergleichen als junger Mann abgehakt hätte, denn schließlich hatte er mich ja geheiratet und eine Familie gegründet. Manchmal, wenn er spät in der Nacht nach Hause kam, schlief er auf dem Sofa ein, und wenn ich morgens aufwachte, fand ich ihn in der Küche, wo er bereits im Anzug fürs Büro frühstückte. Wenn ich von ihm wissen wollte, warum er nicht ins Bett gekommen war, sagte er, er habe mich nicht stören wollen, und ging dann so schnell wie nur möglich aus dem Haus, bevor ich ihm weitere Fragen stellen konnte.
Als wir uns kennen lernten, hatte Paul sich für Kleidung nicht interessiert. Das war mir schon am ersten Abend klar, als ich ihn in kurzen Hosen, T-Shirt und Turnschuhen sah. Aber sein schlampiger Aufzug ließ ihn älter wirken, als er eigentlich war, und deshalb kaufte ich ihm dann seine Kleidung und legte sie ihm hin, damit er auch immer gut aussah, wenn er aus dem Haus ging. Ich hatte im Lauf der Jahre viel Übung mit der Wäsche, und als ich später schließlich mit ihm Schluss machte, sah er mindestens zehn Jahre jünger aus.
Doch jetzt fiel mir auf, dass er sich um diese Dinge mehr Gedanken machte, als wäre ihm sein Aussehen plötzlich wichtig geworden.
»Sehe ich auch anständig aus?«, fragte er und drehte sich vor dem Spiegel, bevor er aus dem Haus ging.
Wir redeten immer weniger miteinander, und um das Schweigen zwischen uns zu kompensieren, gab ich mehr
Gesellschaften. Ich hatte mich mit den Leuten angefreundet, die im Kaufhaus hier arbeiteten, und verbrachte nun viel Zeit in dem Gebäude, in dem das Personal untergebracht war. Jede Woche gab ich eine Party, um mich von dem Gefühl abzulenken, dass zwischen Paul und mir etwas schief lief - und um mich nicht mit meiner Traurigkeit auseinander setzen zu müssen. Wenn jemand anderer eine Party machen wollte, aber nicht die richtigen Räumlichkeiten hatte, stellte ich unser Haus zur Verfügung. Egal was - wenn ich nur nonstop beschäftigt war und jede Menge Leute um mich hatte. An Michaels
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