Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story
dann in grollendem Schweigen endete. All die Gefühle von Sicherheit und Wohlbehaltenheit, die ich empfunden hatte, als ich Paul geheiratet hatte, waren dahin. All die Freundlichkeit und Liebe, die er mir gegenüber am Anfang unserer Beziehung an den Tag gelegt hatte, hatten sich in Ärger und Hass verwandelt.
»Warum geht denn die Stereoanlage nicht?«, fragte er mich an einem der seltenen Abende, als er einmal zu Hause war und keine Musik kam.
»Ich weiß nicht«, antwortete ich. »Michael muss auf einen der Knöpfe gedrückt haben.«
Ich bedauerte meine Worte schon in dem Moment, als sie mir über die Lippen kamen.
»Ihr seid doch zu mehreren hier!«, brüllte er. »Warum kannst du dieses Kind nicht besser beaufsichtigen?«
Da mir klar war, dass er einen seiner Wutanfälle kriegen würde, sagte ich nichts mehr und hoffte, die Wogen würden sich wieder glätten. Er probierte noch einige Male, die Stereoanlage in Gang zu bringen, wobei seine Wut mit jedem gescheiterten Versuch schlimmer wurde, und dann explodierte er, packte den nichts ahnenden Michael und schlug ihn windelweich. Ich entwand ihn Pauls Griff und presste den zitternden Jungen an mich, wobei Michael aus einer Mischung aus Schock, Schmerz und Schrecken schluchzte und schrie.
»Wage es nicht noch einmal, ihm so wehzutun!«, rief ich.
»Ich kann mit meinem Sohn machen, was ich will!«, brüllte Paul zurück.
Am nächsten Morgen bestand Michael nur noch aus Blutergüssen, und da wusste ich, dass wir wegmussten. Sobald Paul aus dem Haus war, packte ich unsere Sachen zusammen, und wir flogen auf die Philippinen zu meiner Mutter. Ich hatte meinen Eltern nichts von den Problemen erzählt, die sich in meiner Ehe mit Paul aufgestaut hatten, weil ich nicht wollte, dass sie sich meinetwegen wieder Sorgen machten. Ich wollte ihnen zeigen, dass ich mein Leben selbst meisterte, wollte unter Beweis stellen, dass ich nicht so »faul war« und »zu nichts taugte«, wie sie früher gemeint hatten. Zu ihnen zurückzukehren und zuzugeben, dass meine Ehe in die Brüche ging, wäre dem Eingeständnis einer Niederlage gleichgekommen, vor allem weil ja schon meine erste Ehe ein so katastrophales Ende genommen hatte; ich tat deshalb so, als wäre das ein Besuch wie jeder andere.
Als ich zu Hause in den Bergen war, bekam ich anonyme Briefe, in denen stand, was für eine schreckliche Frau ich sei. Ich konnte mir nicht vorstellen, von wem sie stammten. Man hatte sie nicht auf den Philippinen aufgegeben, also fragte ich mich, ob sie vielleicht mit Juns Familie zu tun haben konnten. Aber ich hatte über so viel anderes nachzudenken, dass ich sie aus meinen Gedanken verbannte; dennoch war mir die Vorstellung unangenehm, dass jemand so von mir dachte.
Durch unseren Besuch hatte Michael Gelegenheit, seine Großeltern und Cousins kennen zu lernen, und wir hatten beide unsere Ruhe vor Paul. Ich dachte nicht groß darüber nach, was wir als Nächstes tun sollten; ich war zu erschöpft und zu verwirrt, um mir über irgendetwas Gedanken zu machen. Nach fast einem Monat kam Paul mit dem Flugzeug zu uns und bat mich, zu ihm zurückzukommen.
»Wir fangen noch einmal von vorn an«, versprach er mir. »Es tut mir Leid, dass ich mich so benommen habe. Es kommt nicht mehr vor.«
Ich wollte die Beziehung wirklich kitten und wieder so leben wie damals, als wir uns kennen gelernt und Michael bekommen hatten. Ich willigte also ein. Doch sobald wir wieder in Brunei waren, war es ganz offensichtlich, dass sich nichts geändert hatte. Paul kam weiterhin mitten in der Nacht nach Hause, und wir stritten uns wieder ständig wegen allem herum. Es überraschte mich, wie still das Dienstmädchen war, als ich wieder da war. Sie schien mir nicht in die Augen schauen zu wollen und sich auch nicht wie früher mit mir in die Küche setzen zu wollen, um ein bisschen zu klatschen. Es wurde mir bald klar, dass sie alles mitgekriegt hatte, was sich bei uns abgespielt hatte, und nun zu entscheiden versuchte, wie sie sich richtig verhalten sollte.
»Madame«, sagte sie schließlich, als wir eines Tages allein waren, »in Ihrer Abwesenheit war ein anderes Mädchen hier.«
Ich erinnerte mich an eine Unterhaltung mit Paul vor einer Weile. Da hatte er mir erzählt, dass sein Freund Brian eine Affäre habe.
»Bist du sicher, dass er eine Affäre hat und nicht du?«, hatte ich damals im Scherz gefragt.
Er hatte gelacht, als würden wir beide wissen, wie lächerlich diese Annahme sei. Als ich jetzt hörte, was
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