Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story
zu lebhaft vorstellen, weshalb er wirklich so erpicht auf Thailand war, aber das blendete ich aus.
Eines Tages, als er außer Haus war, ging ich wieder ins Internet, um Pauls E-Mails zu lesen. Es war, als würde ich schlafwandeln und einfach irgendwie aus Gewohnheit handeln; und ich war mir auch nicht sicher, was zu finden ich eigentlich erwartete. Als ich sah, dass eine Mail aus Thailand dabei war, tat ich, was mein Herz mir befahl. Ich öffnete die Mail - da war mir schon übel. Sie war von dem gleichen Mädchen wie vorher; sie dankte Paul für das Geld, das er ihr geschickt hatte, und schrieb ihm, dass sie
ihn liebe; und sie wollte wissen, wann sie ihn wiedersehen würde.
Ich suchte weiter und fand Pauls Antwort, darunter folgenden Satz: »Ich muss nur die Sache mit meiner Frau regeln, dann bin ich frei und kann dich besuchen kommen.«
Die Sache mit mir regeln? Ich hatte alles aufgegeben - meine Familie, meine Freunde und meine Heimat, denn schließlich wollte ich ja unsere Beziehung retten. Und für ihn war ich bloß ein Problem, das es zu lösen galt, bevor er wieder zu der Frau fuhr, in die er verliebt war. Ich hatte das Gefühl zu ertrinken, als hätte jemand mir das letzte Stück von dem Wrack weggezogen, an das ich mich geklammert hatte.
»Hast du noch Kontakt zu dem Mädchen in Thailand?«, fragte ich Paul, als er an dem Abend ins Pub kam.
»Nein«, antwortete er, wich meinem Blick aber aus.
»Was hat es dann damit auf sich?«, wollte ich wissen und reichte ihm einen Ausdruck der E-Mail.
Er explodierte, brüllte und fluchte und sprang auf.
»Komm schon«, sagte er, »wir gehen jetzt aus. Ich lasse mich nicht mehr länger mit dir in dieses Zimmer hier pferchen und mich noch einen weiteren Abend von dir anfeinden.«
Ich rannte hinter ihm her, als er die Treppe hinunterstürmte und nach Michael rief. Paul platzte in das Zimmer, wo Michael gerade mit anderen Kindern im Pub spielte. Er hatte mir von den Zwillingen erzählt, deren Mutter - Julie - hier als Köchin arbeitete. Ich war dieser unsichtbaren Frau so dankbar, dass sie Michael von dem zunehmend zerbrechlichen Zustand seiner Mutter ablenkte.
»Komm, Michael«, sagte Paul, »wir gehen aus.«
»Nein«, protestierte Michael, »ich will spielen!«
Da packte Paul ihn am Arm und zerrte ihn in Richtung Tür, wütend über den Widerspruch. Ich sah an Michaels Augen, dass ihm der Zorn seines Vaters Angst machte. Paul versuchte, Michael auf den Arm zu nehmen, aber Michael wehrte sich, und als Paul nach draußen ging, knallte Michaels Kopf laut hörbar gegen den Türrahmen. Ich schrie Paul an, stehen zu bleiben und aufzupassen, aber er hörte nicht mehr zu. Michael brüllte in einer Mischung aus Schmerz, Ärger und Angst. Andere Leute kamen nach draußen, um zu schauen, was da los war, aber niemand wagte, sich einzumischen.
Als Paul dann beim Auto war, hatte ihn Michaels Gebrüll total in Rage gebracht, und er riss die Tür auf und warf ihn hinein. Dann gab er ihm eine schallende Ohrfeige, damit er den Mund hielt, was Michaels Gebrüll aber nur verstärkte. Ich schaute entsetzt zu, unfähig, etwas zu sagen oder zu tun, damit dieser Alptraum ein Ende hatte.
»Steig in das Auto!«, herrschte Paul mich an, was ich dann auch tat. Ich versuchte, Michael zu umarmen und zu trösten, während Paul sich hinters Steuer setzte und mit vollem Tempo davonbrauste. Aber Michael war untröstlich, nichts konnte ihn beruhigen, und mir war klar, dass der Lärm Paul immer wütender machen würde. Ich hatte Angst, dass er das Auto zu Schrott fahren und uns alle umbringen würde.
Ein paar Minuten später konnte er es nicht mehr ertragen. Er trat auf die Bremse, stieg aus und riss die hintere Tür auf. Dann beugte er sich über die Rückbank und zerrte Michael aus meinen Armen an den Straßenrand; meinem Bitten und Flehen, sich doch zu beruhigen und unserem Sohn nichts zu tun, schenkte er keine Beachtung.
»Du hörst jetzt besser mit dem Geheul auf!«, donnerte er, wobei er auf den Jungen eindrosch. Michaels Geschrei wurde natürlich immer schlimmer. Ich hatte das Gefühl, dass jeder Schlag mich traf, und wie ich so hilflos zusah, wurde mir klar, dass Paul sich nie ändern würde. Es war ganz egal, in welches Land wir umzogen, er war einfach gewalttätig. Schließlich schmiss er mir den schluchzenden Michael wieder in die Arme und fuhr ohne ein weiteres Wort zum Pub zurück.
Am nächsten Tag sollten wir in unser neues Haus ziehen, und David machte sich solche Sorgen
Weitere Kostenlose Bücher