Aus reiner Mordlust: Der Serienmordexperte über Thrill-Killer (German Edition)
feingewebliche Untersuchungen angeregt.
Am folgenden Tag findet im Präsidium eine Pressekonferenz statt, um die Bevölkerung über den Stand der Ermittlungen zu informieren und mögliche Zeugen zu animieren, sich mit der Kripo in Verbindung zu setzen. Wer hat Johanna Brauer wann letztmals lebend gesehen? Wer kann Hinweise zum Verschwinden der Frau geben?
Nacheinander melden sich bei der Kripo als Zeugen Markus Breitinger, Joachim Polanski, der Tankstellenpächter, Hedwig Vogel und das Ehepaar Kretschmann. Ihre Aussagen nähren den Verdacht, Johanna Brauer könnte am Tag ihres Verschwindens mit einem Mann unterwegs gewesen und intim geworden sein. Unfreiwillig?
Die von den Zeugen genannten Örtlichkeiten werden von Polizeibeamten abgesucht. Und die finden im niedergedrückten Gras nahe der Tankstelle einen Büstenhalter und einen Ohrring. Beide Gegenstände werden Johanna Brauers Eltern vorgelegt, die sie als Eigentum ihrer Tochter wiedererkennen. Aufgrund der eher ungewöhnlichen Gesamtumstände: frühmorgendlicher Sexualverkehr bei Nieselregen und Kälte auf einer Wiese mit einem Mann, dessen Beschreibung auf niemanden passt, den die Frau näher gekannt hat, vermuten die Ermittler, Johanna Brauer könnte vergewaltigt worden sein. Allerdings widerspricht diese Annahme den Beobachtungen sämtlicher Zeugen, die einen ganz anderen Eindruck von diesem Geschehen gewonnen haben: Gewalt soll von dem Mann allem Anschein nach jedenfalls nicht ausgeübt worden sein.
Die Fahnder überlegen, wie Johanna Brauer in diese mysteriöse Geschichte hineingeraten ist. Lassen sich aufgrund ihrer Persönlichkeit, des sozialen Umfelds und der näheren Lebensumstände Rückschlüsse ziehen? Sind ihr sexuelle Ausschweifungen an ungewöhnlichen Orten zuzutrauen? Hatte sie häufig wechselnde Sexualpartner? Galt sie als selbstmordgefährdet?
Bei den Ermittlungen kommt heraus, dass Johanna Brauer ein eher unstetes Leben führte, ihre Lebenssituation soll ausgesprochen problematisch gewesen sein. Vor dreieinhalb Jahren hat sie während eines Ferienaufenthalts in Südfrankreich einer Freundin gegenüber davon gesprochen, sich das Leben nehmen zu wollen. Über den Grund hat sie sich jedoch beharrlich ausgeschwiegen. Möglicherweise hatte diese Ankündigung mit der innerfamiliären Situation zu tun, die zu dieser Zeit sehr angespannt gewesen sein soll. Die Eltern standen kurz vor der Scheidung.
Johanna Brauer hatte bis zu ihrem Tod durchgehend erhebliche schulische und berufliche Probleme. Ihre Lehre als Dekorateurin brach sie vor drei Monaten ab. Seitdem war sie arbeitslos und bewarb sich nur sporadisch um eine neue Lehrstelle. Ihre Berufsaussichten waren auch wegen ihres dürftigen Schulabschlusses eher ungünstig.
Die Beziehung zu ihrem drei Jahre älteren Freund Christian Manteuffel indes soll harmonisch gewesen sein, gleichwohl sei man nicht intim geworden, berichtet er sichtlich deprimiert der Kripo. Der 23-jährige Stuckateur gibt weiter zu Protokoll, Johanna sei einerseits zurückhaltend und schüchtern gewesen, andererseits durchaus unternehmungslustig und neugierig, jemand, dem er unbedingt hätte vertrauen können. Vor dem Verschwinden seiner Freundin habe es mit ihr keinen Streit gegeben. Sie sei auch nicht verstimmt gewesen oder habe sich Sorgen gemacht.
Christian Manteuffel kann als Johanna Brauers letzter Begleiter ausgeschlossen werden, weil er ein nicht zu erschütterndes Alibi hat und auch nicht der von den Zeugen gegebenen Beschreibung entspricht. Die Ermittler stehen vor einem Rätsel: Warum hat Johanna Brauer, sollte sie vergewaltigt worden sein, nicht bei sich mehrfach bietender Gelegenheit energisch auf ihre prekäre Lage aufmerksam gemacht oder versucht zu flüchten? Warum hat sie, sollte ein Selbstmord vorliegen, sich vorher ihrer Kleidung entledigt, die mittlerweile flussaufwärts gefunden worden ist? Wie ist es zu erklären, sollte eine Vergewaltigung stattgefunden haben, dass sämtliche Zeugen das Geschehen als harmonisch, friedlich, einträchtig und gewaltfrei einschätzen? Warum hat Johanna Brauer, sollte der Geschlechtsverkehr einvernehmlich erfolgt sein, diese doch sehr ungewöhnlichen Rahmenbedingungen gewählt bzw. toleriert?
Um diese Fragen zu beantworten, wird schließlich ein Kriminalpsychologe zu Rate gezogen. Der Experte für die Beurteilung menschlichen Verhaltens kommt nach dem Studium der Akten, einer Besichtigung der relevanten Örtlichkeiten und einer Besprechung mit den Ermittlern zu folgender
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