Aus reiner Mordlust: Der Serienmordexperte über Thrill-Killer (German Edition)
Notarztwagen. Wie kann ich Sie telefonisch erreichen?«
Konstantin Färber erklärt, er habe sein Handy verlegt, könne aber in der Wohnung seiner Mutter jederzeit angerufen werden. Die genannte Rufnummer wird im Einsatzprotokoll vermerkt. Abschließend gibt der Beamte noch einige Verhaltenshinweise.
Die Besatzung des Streifenwagens »Martha 12/22« erreicht noch vor dem Notarzt die genannte Adresse. Es handelt sich um ein älteres, freistehendes Wohn- und Geschäftshaus an der Peripherie der Stadt. Die Polizisten müssen nicht klingeln, die Haustür ist angelehnt – so wurde es zwischen dem Leitstellenbeamten der Feuerwehr und Konstantin Färber vereinbart.
Sie stürmen die Treppe hinauf und sehen, wie sich Konstantin Färber im Eingangsbereich der Wohnung über eine leblose Frau beugt und eine Herzmassage durchführt. »Endlich, da sind Sie ja«, begrüßt der junge Mann die Polizisten, »ich schätze, da ist nichts mehr zu machen.«
»Treten Sie bitte zur Seite.« Die Beamten überprüfen zunächst, ob bei der Frau, die in einer größeren Blutlache liegt, noch Lebenszeichen festzustellen sind: kein Puls, keine Atemfrequenz, keine Pupillenreaktion. Auch das gravierende Verletzungsbild spricht dafür, dass hier keine Hilfe mehr möglich ist. Zum selben Ergebnis kommt auch der Notarzt, der kurz darauf eintrifft und nur noch den Tod feststellen kann.
Dass es ein unnatürlicher Tod gewesen sein dürfte, schlussfolgern die Polizisten nicht nur anhand der Verletzungen, die sich das Opfer unmöglich selbst beigebracht haben kann, sondern auch aufgrund von Konstantin Färbers Aussage. Der Zeuge gibt an, er habe gegen 21.30 Uhr plötzlich Schreie gehört und sei nach unten gelaufen. Dort habe er die Frau gefunden, regungslos, nicht mehr ansprechbar. Sofort sei er wieder hinaufgelaufen und habe den Notruf der Feuerwehr gewählt. Erst danach sei er zu der Frau zurückgekehrt und habe mit Wiederbelebungsversuchen begonnen.
Konstantin Färber wird von den Schutzleuten nach oben geschickt, er soll seinen Ausweis holen und vorzeigen. Die Personalien des ruhig und gefasst wirkenden Zeugen müssen festgehalten werden. Diese Prozedur gehört zu den Standardmaßnahmen, wenn Polizeibeamte an einen Tatort gerufen werden.
Eine Viertelstunde später stehen zwei kolorierte und zwei zivile Streifenwagen der Polizei vor dem Haus, das jetzt Tatort eines Kapitalverbrechens ist und weiträumig abgesperrt werden muss, damit Spuren des Täters gefunden und ausgewertet werden können. Vier Kriminalbeamte in weißer Schutzkleidung betreiben unterdessen im Inneren des Hauses, insbesondere in der Wohnung des Opfers, Spurensuche und Spurensicherung. Kurz darauf wird die Getötete auf einer Bahre in einem schwarzen Plastiksack in den Leichenwagen geschoben und in das örtliche Institut für Rechtsmedizin gefahren. Dort wird die Obduktion stattfinden, allerdings erst am folgenden Tag.
Konrad-Adenauer-Allee 126. Erste Recherchen der Kripo ergeben, dass Bertha Juskowiak, die Getötete, und ihr Mann hier jahrzehntelang zunächst einen Versandhandel und später ein Elektronikfachgeschäft betrieben haben. Seit dem Tod ihres Mannes lebte die 80 Jahre alt gewordene Dame allein in der Wohnung im ersten Stock über den Geschäftsräumen, die jetzt von einem jüngeren Ehepaar gewerblich genutzt werden, um dort Speckstein- und Kaminöfen auszustellen. Die Dachgeschosswohnung hatte Bertha Juskowiak an die Familie Färber vermietet, eine Familie mit drei Kindern. Der Vater ist vor drei Jahren an Leukämie gestorben.
Erster Ansprechpartner für die Beamten der Mordkommission ist naturgemäß Konstantin Färber, der den Mörder nur knapp verpasst hat. Vorsorglich stellen Ermittler die blutbesudelte Kleidung des jungen Mannes sicher: Pullover, Jeans, Schuhe. Noch in der Nacht wird der 21-Jährige, der beim Deutschen Roten Kreuz seinen einjährigen Bundesfreiwilligendienst absolviert und auch ausgebildeter Sanitäter ist, ausführlich vernommen.
»Ich war allein zu Hause. Meine Mutter und meine Brüder sind zur Kur an die Nordsee gefahren«, berichtet Konstantin Färber geduldig zwei Vernehmungsbeamten. Gegen 20.30 Uhr habe er noch mit seiner Mutter telefoniert und ihr von einem Streit mit einem Arbeitskollegen berichtet. Nach dem Telefonat sei er zu müde gewesen, um noch etwas zu unternehmen. Stattdessen habe er eine DVD eingelegt, sei dabei jedoch eingeschlafen.
»Ich bin durch einen Schrei wach geworden«, erzählt Konstantin Färber weiter,
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