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Aus reiner Notwehr

Aus reiner Notwehr

Titel: Aus reiner Notwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Young
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vornehmlichste Aufgabe darin besteht, Leben zu retten, vorsätzlich das Leben einer Frau zerstören wollte? Einer Frau, die ohnehin bereits dem Tode geweiht war? Willst du das damit sagen, Sam?”
    Er wich ihrem Blick aus und schaute an ihr vorbei. “Ich … ich weiß nicht. Es schien so, als ob … Und wir hatten gerade die Auseinandersetzung in dem Restaurant gehabt. Wer sonst?” Er hob ratlos die Schultern.
    “Keine Ahnung”, erwiderte sie bitter. “Das musst du selbst herausfinden. Aber offensichtlich hast du deine Quelle nicht angezweifelt.”
    Der Gefühlswirrwarr in ihrem Innern war ihr unbegreiflich. Dass Sam Delacourt sie immer noch treffen konnte, hatte sie nicht erwartet. Wenn er ihr eine solche Grausamkeit zutraute – welche Rückschlüsse ließ das zu über ihren eigenen Charakter? Was für eine Frau war sie, wenn sie auf Männer mit so wenig Substanz hereinfiel, die so über sie denken konnten?
    Vor Sam hatte sie für Beziehungen wenig Zeit gehabt. Ihre Karriere als Medizinerin ging vor. Erst als sie ihn kennenlernte, hatte sie gemerkt, wie öde und einsam ihr Leben gewesen war. Er hatte gleichsam die noch fehlenden Teile ihrer Seele gefunden und zusammengesetzt – nur um sie wieder in tausend Scherben fallen zu lassen in jener Nacht, als er ihr alles offenbarte. Er war verheiratet. Er hatte ein Kind. Es war aus zwischen ihnen. Und jetzt nahm er offensichtlich an, dass sie sich an seiner sterbenskranken Frau gerächt hatte.
    “Du denkst an das berühmte Zitat aus William Congraves Stück, was? ‘Weder Himmel noch Hölle sind so furchtbar wie ein rachsüchtiges, erzürntes Weib.’ Meinst du das?” Sie sah ihm direkt in die Augen. Einen Augenblick lang standen sie sich gegenüber, und man konnte ihr Schweigen förmlich hören. Dann sagte er: “Du siehst jetzt sicher ein, dass wir unmöglich zusammenarbeiten können bei all dem, was zwischen uns vorgefallen ist. Ich habe heute mit Leo gesprochen. Der Gedanke an Ruhestand geht ihm schon geraume Zeit durch den Kopf, oder zumindest will er kürzertreten. Ich habe mir Bedenkzeit erbeten, ihm aber natürlich nichts von … von unserer Sache damals erzählt. Ehrlich gesagt war ich davon ausgegangen, dass du nach unserer Unterredung feststellen würdest, es geht nicht.”
    “So, warst du das?”
    Er seufzte. “Hör mal, Kate, ich weiß nicht, warum du dir auf einmal unsere Praxis in den Kopf gesetzt hast. Die ist doch Lichtjahre von dem entfernt, was du in Boston hattest. Innerhalb einer Woche würdest du dich zu Tode langweilen. Nach Stunden schon! Der Kulturschock allein würde dich die Wände hochtreiben …”
    “Moment mal, Sam!” Sie stemmte wieder die Hände in die Hüften. “Wie kommst du dazu, mir Ratschläge zu erteilen? Leo hat mir ein Angebot gemacht, und ich werde es annehmen. Mit Langeweile und Kulturschock komme ich schon klar!”
    Mit einem Schwung riss sie ihre Sporttasche hoch und ging in Richtung ihres BMW. Sam eilte ihr nach und fasste sie beim Arm, aber sie riss sich los. “Du bist noch sauer auf mich, okay, das verstehe ich, aber wir müssen zu einer Einigung kommen. Wenn nicht jetzt, dann bald.”
    Sie wirbelte zornig und konsterniert herum. “Eine ‘Einigung’? Halt, lass mich raten: Du gehst Leo weiter auf den Wecker und hoffst, ich haue hier ab und erinnere dich nicht mehr an unsere ‘Vergangenheit’, wie du das so feinfühlig nennst. So nicht, mein Lieber. Weißt du, was dein Problem ist?” Sie riss die Wagentür auf und schleuderte die Tasche auf den Sitz. “Deine Gewissensbisse fressen dich auf. Du hast Elaine betrogen, irgendwie hat sie’s rausgekriegt und wie jede verzweifelte, kranke Frau reagiert. Aber für eine solche Tragödie konntest du unmöglich die Verantwortung übernehmen, also hast du dir die ganzen vermurksten Jahre seit unserer Romanze eingeredet, dass ich an Elaines Verzweiflungsakt schuld bin.”
    Sie setzte sich ans Lenkrad, startete den Motor, gab im Leerlauf Vollgas, ließ die Seitenscheibe herunter und verpasste ihm einen letzten Hieb: “Sie haben sich die Suppe eingebrockt, Dr. Delacourt. Sie müssen sie schon selber auslöffeln. Allein!”
    Als sie in Victorias Garageneinfahrt bog, schäumte Kate immer noch vor Wut. Ihr Ex-Lover hielt sie für eine rachsüchtige Furie, die seine kranke Frau in den Selbstmord getrieben hatte. Das war’s dann wohl mit dem angenehmeren, schöneren Leben im tiefen Süden!
    Eines wusste sie, als sie ihre Sporttasche nahm und ausstieg: Sam lag so wenig an

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