Aus vollem Herzen: Über das Geschenk des Lebens und die Kraft der Musik
Opernsängern rühmen konnte, und auf sie wollte sich Bassat für die Feiern weitgehend stützen. Doch noch achtzehn Monate, bevor die olympische Flamme in der Schale des Stadions auf dem Montjuïc, dem Hausberg der Stadt, entzündet werden sollte, war es ihm nicht gelungen, an Carreras heranzukommen. Er hatte sich schon über einen Monat lang vergeblich darum bemüht und wurde immer unruhiger. Als er Carreras’ Manager mitteilte, er müsse sich dringend mit dem Tenor in Verbindung setzen, erklärte dieser, dass er das übermitteln werde – nur befand sich der Sänger gerade in Japan auf Konzertreise und würde noch einige Wochen in Tokio bleiben. Zu jener Zeit verband das Mobiltelefon noch nicht wie eine Nabelschnur alle Sterblichen miteinander, und obwohl man Carreras vermutlich in seinem Hotel von dem Anruf unterrichtet hatte, war es Bassat nach wie vor nicht gelungen, an ihn heranzukommen, um ihn zu fragen, ob er bereit sei, die musikalische Leitung der Olympischen Spiele zu übernehmen.
Mitunter ist das Schicksal launenhaft und löst durch eine Fügung Probleme, die bei einem systematischen Vorgehen unlösbar geblieben wären. Auch hier sorgte ein Zufall dafür, dass es einige Tage später, im November
1990, zu einer Begegnung der beiden kam. Bassat, der verzweifelt war, dass er keine Möglichkeit hatte, Carreras seinen Wunsch vorzutragen, war zur Teilnahme an einer Sitzung der Unternehmensgruppe Ogilvy, zu der seine Firma gehörte, nach Manhattan gereist. Wie immer bei solchen Gelegenheiten stieg er im Hotel Ritz Carlton an der 57. Straße ab. Drei Tage später stellte er dort gegen Mittag sein Gepäck an der Rezeption ab, weil er nach dem Essen mit einem Taxi zum John-F.-Kennedy-Flughafen fahren wollte, um zurückzufliegen, und suchte mit seiner Frau Carmen das Restaurant Eldorado Petit des aus Gerona stammenden Kochs Lluís Cruañes auf.
An einem der Tische erkannte er einen ehemaligen führenden Mitarbeiter von American Express, der zu seinen Kunden gehörte, ging hin und wechselte einige Worte mit ihm. Als ihn der Mann beim Abschied fragte, wie lange er noch in der Stadt bleibe, teilte ihm Bassat mit, dass er praktisch auf dem Weg zum Flughafen sei. »Wie schade. Heute wird Carreras zur Einweihung eines mit japanischem Kapital errichteten Hotels singen, und anschließend gehen wir mit ihm zum Abendessen«, teilte ihm der Mann mit. Bassat erkundigte sich, ob er richtig gehört habe. »Heißt das, Carreras singt hier, und ihr trefft euch danach privat?« Der Mann bestätigte ihm das, und als Bassat sogleich erklärte, in dem Fall werde er bleiben, sagte der andere höchst erstaunt: »Ich wusste gar nicht, dass du so ein glühender Anhänger von ihm bist.« Woher hätte er auch wissen sollen, wie dringend Bassat mit Carreras zusammentreffen wollte? Er buchte den Flug auf den nächsten Tag um und verlängerte seinen Aufenthalt im Hotel um eine Nacht, um dem Auftritt des Tenors beiwohnen zu können. Zuvor aber rief er in dessen Hotel an und bekam Carreras an den Apparat. Das war ein weiterer unverhoffter Glückszufall, und das zu einem Zeitpunkt, als er sich bereits mit dem Gedanken vertraut zu machen begonnen hatte, für die musikalische Leitung der Spiele in Barcelona einen anderen finden zu müssen.
Ich war im Hotel Righa Royal an der 54. Straße, dessen Eigentümer mich für eine Gala verpflichtet hatten, als man mir einen Anruf Bassats durchstellte, der mir erklärte, er würde gern nach dem Konzert zehn Minuten lang mit mir sprechen. Ich empfing ihn in meiner
Suite, wo ich mich mit meinem Sohn Albert aufhielt. Nachdem wir einander begrüßt hatten, erklärte mir Bassat, er versuche seit Wochen mit mir zu sprechen, weil er mir die musikalische Leitung der Feiern bei den Olympischen Spielen anbieten wolle. Er wisse nicht, ob ich zu teuer für ihn sei, doch auf jeden Fall sei ich seiner Überzeugung nach der richtige Mann für die Aufgabe. Ich nahm sogleich an und teilte ihm mit, dass Geld in diesem Fall keine Rolle spiele und mein einziges Bedenken dabei sei, ob ich genug Zeit haben würde, meinen Pflichten in angemessener Weise nachkommen zu können. Daraufhin erklärte er, ich solle mir darüber nicht den Kopf zerbrechen, man werde versuchen, sich meinem Terminplan anzupassen. Dann versicherte er mir, wie überaus glücklich er sei, auf meine Beteiligung zählen zu dürfen. Offen gestanden hat es mich aufrichtig gefreut, zum Erfolg eines sportlichen Unternehmens vom Rang der Olympischen Spiele
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