Aus vollem Herzen: Über das Geschenk des Lebens und die Kraft der Musik
wir zusammen mit Alejandro Fernández sangen, Sohn des im ganzen Land bekannten und beliebten Sängers mexikanischer Rancheramusik, Vicente Fernández.
Das für José Carreras bewegendste Ereignis in den zwei Jahren, in denen die Drei Tenöre auf der ganzen Welt aufgetreten waren, war zweifellos das Konzert am 13. Juli 1997 im Stadion des FC Barcelona. Obwohl Regen angesagt war, hatten sich siebzigtausend Menschen aufgemacht, um die drei zu sehen und zu hören, und als es zu guter Letzt aufklarte, wirkte der Mond
wie ein Teil des Bühnenbildes. Carreras begann das Konzert mit Griegs Lied »Ich liebe dich«, worauf Domingo eine Arie aus Jules Massenets Oper Der Cid und Pavarotti die Schlussarie aus Mascagnis Cavalleria rusticana sang. Glanzpunkte des Abends waren die Arie aus Tosca, mit der Cavaradossi Abschied vom Leben nimmt (»E lucevan le stelle«) und »Nessun dorma« aus Turandot – beide von Pavarotti gesungen –, aber auch »La meva ciutat« (Meine Stadt) von Antoni Parera Fons, das Carreras mit tiefer Bewegung vortrug.
An diesem Tag war ich wirklich verdrossen, denn eine Grippe ließ mich das Schlimmste befürchten. Doch als ich auf der Bühne stand, gewann ich neue Kräfte, und es gelang mir, die Schwäche zu überwinden. Eine Grippe mitten im Sommer klingt wie ein Witz, doch da stand ich mit meinem Taschentuch und der Dose Halspastillen, die mir helfen sollten, bei Stimme zu bleiben. Aber es war wirklich ein ganz besonderes Konzert, vor allem für mich, denn ich hatte sozusagen ein Heimspiel. Daher brachte ich Plácido und Luciano dazu, mit mir »L’emigrant« zu singen, eine Komposition von Amadeo Vives auf ein Gedicht des Lyrikers Jacint Verdaguer. Es hat für uns Katalanen eine ganz besondere Bedeutung, denn es spricht von der Sehnsucht, die ein Mensch fern der Heimat im fremden Land empfindet. Ich war den beiden sehr dankbar, dass sie sich dazu bereit erklärten. Wir legten das Programm unserer Konzerte jeweils gemeinsam fest, nachdem wir lange darüber gesprochen hatten. Am Anfang standen Opernarien, im zweiten Teil folgten Lieder, bei denen Plácido eine Melodie aus einer Zarzuela einflocht, Luciano ein neapolitanisches Lied und ich eine volkstümliche Weise. Es war unsere Absicht, vielerlei Geschmäckern Rechnung zu tragen, und so folgte darauf ein Potpourri mit Melodien aus aller Welt. Da beim Zusammenschluss der Drei Tenöre eine Fußballweltmeisterschaft Pate gestanden hatte, waren wir der Ansicht, dass es am besten sei, auch ein Medley mit Liedern aus aller Welt einzufügen. Später, auf unserer Tournee, kamen wir überein, uns in jeder Stadt, in der wir auftraten, sozusagen damit vor dem
Publikum zu verneigen, dass wir etwas vortrugen, das in irgendeiner Weise mit dieser Stadt zu tun hatte. An die Stelle unserer anfangs geübten Gewohnheit, in der alphabetischen Reihenfolge unserer Nachnamen aufzutreten, haben wir ein »rotierendes« System gesetzt. Ich muss sagen, dass es bei alldem nie Schwierigkeiten, Eifersüchteleien oder irgendeine Art von Verärgerung gegeben hat.
In den zwei Jahren der langen Tournee verbrachte jeder der drei seine Zeit nach Belieben. Während Plácido Domingo stets äußerst aktiv war, hielt sich Luciano Pavarotti viele Stunden im Hotel auf. Carreras befand sich etwa in der Mitte zwischen diesen beiden Extremen der Hyperaktivität und Zurückgezogenheit.
Luciano verließ das Hotel so gut wie nie – er hatte einfach keine Lust darauf. Er aß gern, vor allem italienische Kost. Es kam vor, dass er auf einem Privatflug von Italien in die USA neunzehn Kartons voller Lebensmittel mitnahm, dazu sackweise Wassermelonen, für die er schwärmte und die unbedingt aus Italien sein mussten. Der Teufel sollte ihn holen, wenn er in Kalifornien Wassermelonen kaufte – die brachte er sich von zu Hause mit. Er hatte einige Mitarbeiter, die stets um ihn waren, darunter seinen Koch und seine Sekretärin. Einmal rief er mich während unserer Tournee durch die Vereinigten Staaten – ich glaube, es war in Miami – gegen Mitternacht in meinem Hotelzimmer an: »Junge, ich muss dringend mit dir sprechen.« Ich nahm an, dass er etwas am Programm ändern wollte, denn wir hatten am nächsten Tag einen Auftritt. Also kleidete ich mich an, zog mir Turnschuhe an und suchte seine Suite auf. Dort empfing er mich mit einem Tablett Salami in den Händen. »Probier mal meine Salami, è strepitoso (die ist einfach Spitze), bestimmt die beste, die du je gegessen hast.« Ich wagte nichts zu
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