Aus vollem Herzen: Über das Geschenk des Lebens und die Kraft der Musik
von ihm anhöre; man könnte sagen, dass er mich stets begleitet. Im Flugzeug höre ich auf dem iPod beispielsweise Tenöre wie Luciano Pavarotti, Plácido Domingo, Giacomo Aragall, Franco Corelli, Jussi Björling oder Mario del Monaco. Auch mit eigenen Aufnahmen erhole ich mich, wobei ich mir am liebsten die der »Blumenarie« aus Carmen anhöre, bei der Herbert von Karajan dirigiert hat.
Sicherlich kommt hier auch der Narzissmus zum Vorschein, den man uns Tenören zu Recht nachsagt. Von Maria Callas, die ich leider nie kennengelernt habe, bin ich geradezu hingerissen. Sie hatte eine außergewöhnliche, einzigartige und unverwechselbare Stimme. Wer sie hört, weiß gleich, dass sie es ist. Von fast allen wichtigen Opern gibt es Aufnahmen mit ihr und Di Stefano, und so habe ich sie oft gehört: Ganz besonders begeistert mich die von Ein Maskenball an der Scala. In einem Fernsehinterview hat Giuseppe Di Stefano berichtet, wie er sie 1953 in Mexiko bei einer Probe zu Bellinis Die Puritaner kennengelernt hat. Als sie neben ihm zu singen anfing, sei ihm der Gedanke durch den Kopf gegangen, sie singe wie ein Mann, denn eine solche Intensität und Kraft von Ausdruck und Stimme habe er bei einer Frau noch nie gehört. Weitere Soprane, die ich mir auf dem iPod anhöre, sind Montserrat Caballé, Renata Tebaldi, Mirella Freni, Leontyne Price, Renata Scotto; ich habe aber auch Aufnahmen von Kollegen anderer Stimmlagen wie Piero Cappuccilli, Ettore Bastianini, Leo Nucci, Nikolai Ghiaurov und anderen. Wenn ich im Wohnzimmer die Zeitungen durchgehe, höre ich mir durchaus auch Frank Sinatra an, für den ich eine Schwäche habe. Er hat in der gesamten Geschichte der U-Musik am besten gesungen. Mich begeistern sein angeborenes Talent, die außerordentliche Natürlichkeit und die saubere Phrasierung, die dafür sorgt, dass selbst Menschen die Texte zumindest dem Sinn nach verstehen, die kein Englisch können. Man hat den Eindruck, als habe er die Lieder, die er singt, selbst geschrieben. Es war für mich eine große Freude, ihn bei meinem Auftritt mit den Drei Tenören im Stadion von Los Angeles begrüßen zu dürfen. Einige Tage später teilte er mir in einem Brief mit, das Konzert sei für ihn wunderbar gewesen, es habe ihn förmlich in seinen Bann geschlagen. Er fügte hinzu, er und seine Gattin Barbara seien in Tränen ausgebrochen, als ich »My Way« sang, was er als »fantastische Überraschung« bezeichnete. Ich hüte diesen Brief wie einen Schatz, denn er ist mit einer Wärme geschrieben, wie ich sie nie erwartet hätte, und ich lese ihn immer wieder freudig bewegt.
Auch habe ich mir immer gern Luis Mariano angehört, und der eine oder andere von ihm gesungene Titel begleitet mich noch heute. Er besaß eine herrliche Stimme, die er erstaunlich mühelos einsetzen konnte. Unter den Interpreten der sogenannten leichten Musik gefällt mir auch Tom Jones. Ich habe ihn in London kennengelernt, als er im Wembley-Stadion auftrat. Da wir damals bei derselben amerikanischen Plattenfirma unter Vertrag waren, hatte es mir deren Geschäftsleitung ermöglicht, das Konzert mitzuerleben und ihn am Schluss zu begrüßen. Danach habe ich ihn noch einige Male in Las Vegas gesehen. Er ist nicht nur ein ausgesprochen sympathischer Mensch, sondern spürt die Musik auch mit seinem ganzen Körper und genießt sie. Später habe ich beim Festival im Park von Cap Roig an der Costa Brava einen weiteren Sänger kennengelernt, den ich mir von Zeit zu Zeit gern anhöre: Julio Iglesias. Er ist ein so außergewöhnlich herzlicher Mensch, dass man ihn schon lange zu kennen glaubt, kaum dass man ihm begegnet ist. Wir haben einen sehr angenehmen Abend miteinander verbracht, an dessen Ende er mir lachend das Angebot machte: »Wenn du mal so was wie eine billige Vorgruppe brauchst, kannst du auf mich zählen. « Ende der Neunziger bin ich bei einer Plattenaufnahme in London mit Paul McCartney zusammengetroffen. Ich habe eines seiner Lieder bei Warner aufgenommen und ihn mit ins Studio genommen, wo wir Fotos haben machen lassen. Er ist ein wirklicher Gentleman, der der Arbeit anderer große Achtung entgegenbringt und im persönlichen Umgang alles andere als unnahbar ist. Bono habe ich kennengelernt, als wir 2004 bei der Hochzeit von Luciano Pavarotti und Nicoletta an einem Tisch saßen. Er ist ein interessanter Mensch, der sich für etwas zwischen Jesus und Beethoven hält. Elton John, der ebenso extravagant wie intelligent ist, liebt den Fußball mit der
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