Auschwitz - Taeter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde: Ein Personenlexikon
Mal einen wirklichen Schock erlitten. Es war ein niedriger, etwas schummriger Raum, und da standen bunt zusammengewürfelte Couchen herum. Und auf diesen Couchen, da lagen malerisch einige SS-Leute, meistens untere Führerdienstgrade, und dösten da mit glasigen Augen vor sich hin. Ich hatte den Eindruck, daß sie die Nacht vorher ziemlich viel Alkohol genossen haben mußten. Statt eines Schreibtischs stand ein riesiger Hotelherd da, und auf diesem buken vier, fünf junge Mädchen Kartoffelpuffer. Es waren offensichtlich Jüdinnen, sehr schöne, orientalische Schönheiten, vollbusig, feurige Augen, trugen auch keine Häftlingskleidung, sondern normales, ganz kokettes Zivil. Und die brachten nun ihren Paschas, die auf den Couchen da rumlagen und dösten, die Kartoffelpuffer und fragten besorgt, ob auch genügend Zucker drauf war, und fütterten die. Keiner nahm von mir und meinem Begleiter – immerhin also doch einem Hauptmann [Morgen ist SS-Hauptsturmführer, sein Begleiter Franz Hofmann Schutzhaftlagerführer] – Notiz. Es wurde keine Meldung gemacht, es ließ sich keiner stören. Und ich glaubte, meinen Ohren nicht zu trauen: Diese weiblichen Häftlinge und die SS, die duzten sich gegenseitig. Ich muß also wohl ziemlich entgeistert meinen Begleiter angeschaut haben. Der zuckte nur die Achseln und sagte: ›Die Männer haben eine schwere Nacht hinter sich. Sie hatten einige Transporte abzufertigen.‹« Im Herbst 1944 SS-Chefrichter in Krakau, danach in Breslau. Rechtsanwalt in Frankfurt. Morgen vollführte im Auschwitz-Prozeß einige Verrenkungen zur eigenen Ehre und zur Ehrenrettung der SS. So behauptete er, er persönlich habe die Stehzellen abgeschafft (»Ich habe die später beseitigen lassen«). Er behauptete auch, die Judenvernichtung sei nicht von der SS ausgegangen: »Die gesamte Judenvernichtung wurde zentral geleitet durch die Kanzlei des Führers, Berlin, Tiergartenstraße.« Schließlich behauptete er: »Und dann eines Tages, also 1944 war es gewesen, dann stoppte das auch mit den Tötungen.« Ein letztes Morgen-Votum: »Und es sind nie von seiten der SS – trotz allem, was man ihr nachsagt, trotz allem, was begangen worden ist – sadistische Grausamkeiten gefördert oder gar verlangt worden, im Gegenteil.«
Morla, Karl
Häftlings-Geld-Verwaltung ( HGV ), Unterabteilung Wertsachen
* 8.9.1908 Trier. Kaufmännische Lehre. 1932 SS (Nr. 36964), Unterscharführer. Ab 31.3.1941 Standortverwaltung, Abteilung HGV. Morla in einer ersten Aussage (AV, Bl. 2361ff.): »Auf Grund eines Augenfehlers – ich kann nachts schlecht sehen – kam ich in die Häftlingsgeldverwaltung, die bei der Standortverwaltung untergebracht war.« Morla in einer zweiten Aussage (AV, Bl. 8269ff.) »Die Wertsachen stammten in der Hauptsache von den vielen Judentransporten, die etwa ab 1942 aus allen besetzten Gebieten in Auschwitz eintrafen. Manchmal wurde zur Beaufsichtigung des ›Kanadakommandos‹ die gesamte Häftlingsgeldverwaltung eingesetzt, die aus ca. 10–12 SS-Angehörigen bestand. Unsere Aufgabe war lediglich, das Aufladen des Gepäcks zu überwachen, damit die Häftlinge des Kommandos keine Diebstähle ausführen konnten.« Am 20.1.1947 in Krakau zu 12 Jahren Haft verurteilt, Entlassung am 21.5.1956. Angestellter der AOK Ahrweiler. Morla bestritt, jemals in einem der Krematorien gewesen zu sein, wo die Ermordeten wegen ihrer Wertsachen ein letztes Mal geschändet wurden, Häftling Dov Paisikovic: »Viele Frauen hatten versucht, irgendwelche Wertsachen in der Scheide zu verstecken. Deshalb mußte die Scheide aller getöteten Frauen einmal mit einem Stock überprüft werden.«
Moschko, Luzia, geb. Halata
KZ -Wärterin
* 5.10.1910 Breslau. Ab 1.12.1942 in Auschwitz. Nach 1945 in Mönchengladbach.
Moscovici, Lazar
Häftlingsarzt, Nr. 51251
* 14.6.1914 Rumänien. Ankunft Auschwitz am 23.7.1942 aus Angers St. Laud, 827 jüdische Deportierte. Aussage: »Als ich im Block 9 des Hauptlagers Auschwitz als Arzt fungierte, habe ich an Selektionen teilgenommen. Hierzu wurde ich beauftragt, eine Liste der Kranken des Pavillons, für den ich zuständig war, aufzustellen, mit der Diagnose für jeden dieser Kranken. Im allgemeinen kam am nächsten Tag eine aus SS-Ärzten bestehende Kommission in den Pavillon, ließ die auf der Liste stehenden Kranken sich aufstellen und überprüfte, ob der Zustand jedes dieser Kranken meiner Diagnose entsprach. Diese Selektion erfolgte zum Zweck der Vernichtung von Elementen
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