Auschwitz - Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde
Geschwister in Auschwitz ermordet.
Nach 1945 Regieassistent bei Gustav Gründgens, den er seinen »langjährigen Lehrmeister« nennt. 1956 Schwiegersohn des Altnazis Armin Dadieu (ab 1940 Gauhauptmann der Steiermark). Über hundert Theater- und Operninszenierungen, Regiearbeit für Fernsehfilme und -Serien. Regie zum Kinofilm
Max, der Taschendieb
mit Heinz Rühmann. – Der Auschwitz-Überlebende konnte im Kulturbetrieb der NS -Vergangenheit nicht entgehen: Gründgens stand auf der
Gottbegnadeten-Liste
(Führerliste) der wichtigsten Künstler des NS -Staates und war Reichskultursenator von Görings Gnaden. Rühmann war ebenfalls NS -gottbegnadet und ein Liebling von Goebbels und Hitler. 1996 Autobiographie
Der grauende Morgen
. Dort schildert er, wie bei Dreharbeiten in Italien der Pianist Wilhelm Kempff (auch er NS -gottbegnadet) auftaucht und ein Mann in seiner Begleitung: »›Er war zwanzig Jahre im Gefängnis‹, sagte Kempff, ›und er ist erst vor ein paar Tagen entlassen worden, hat viel durchgemacht, viel gelitten …, jetzt begleitet er mich durch Bella Italia, die Freiheit genießend.‹« Es ist Albert Speer, Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion, de facto zweiter Mann hinter Hitler. Gestorben 11 . 1 . 2011 in Ottobrunn b. München. –
In Auschwitz gab es regelmäßig
Truppenbetreuungsveranstaltungen
für das Mordpersonal. Die Vergnügungen finden im
Kameradschaftsheim der Waffen- SS
statt, im Bereich der SS -Wirtschaftsgebäude. Der Besuch der Veranstaltungen gilt als Dienst. Das Publikum sitzt hierarchisch gestaffelt: die ersten Reihen belegen SS -Führer und Gattinnen, es folgen SS -Aufseherinnen des Frauenlagers und SS -Unterführer, ab Reihe 16 nimmt die Truppe ohne Unterschied der Dienstgrade Platz. Organisator der Veranstaltungen ist Kurt Knittel, Leiter der nur mit vier SS -Männern besetzten Abteilung VI (Truppenbetreuung, weltanschauliche Schulung).
Der erste dokumentierte Kulturabend wird im Rundschreiben der Kommandantur vom 9 . Februar 1943 angezeigt, eine Woche nach der Kapitulation der deutschen Armee bei Stalingrad. In Auschwitz werden zu dieser Zeit Juden aus dem französischen Lager Drancy und dem holländischen Lager Westerbork ermordet. Unter den Opfern die Schauspielerin Dora Gerson, die erste (jüdische) Frau von Veit Harlan, Regisseur des Hetzfilms
Jud Süß
, der auch in Auschwitz zur Aufheizung des KZ -Personals vorgeführt wird. Die Ankündigung: »Am Montag, den 15 . Februar 1943 , 20 Uhr, findet im kleinen Saal des Kameradschaftsheimes der Waffen- SS ein Abend statt unter dem Motto ›Goethe – ernst und heiter‹ … diese Veranstaltung bietet Gelegenheit, gerade die Volksdeutschen mit den höheren Gütern deutscher Kultur vertraut zu machen.« Unterzeichner ist Adjutant Mulka. Angesagt sind Mitglieder des Sächsischen Staatstheaters Dresden, darunter Staatsschauspieler Horst Bogislaw von Smelding sowie die Altistin Inger Karén, die 1938 bei den Bayreuther Festspielen die Rolle der Erda im
Ring des Nibelungen
gesungen hatte – ihre Kollegin Ottilie Metzger-Lattermann, ebenfalls als Erda in Bayreuth, war vier Monate zuvor in Auschwitz ermordet worden. Bereits einen Tag später, am 16 . Februar, steht die Veranstaltung
Sonniger Süden
an, mit der Sopranistin Lia Origoni von der Mailänder Scala. Am 18 . Februar verkündet Goebbels im Berliner Sportpalast den Totalen Krieg. Im ausgewählten Publikum sitzen der Staatsschauspieler Heinrich George ( 1940 Hauptdarsteller in
Jud Süß
) und seine Gattin, die Schauspielerin Berta Drews ( 1941 im NS -Film
Heimkehr
zur Rechtfertigung des Überfalls auf Polen).
Der Massenmord in Auschwitz wird fortan in dichter Folge von Kulturabenden umrahmt, ein Beispiel: Am Nachmittag des 23 . Februar 1943 werden im Block 20 des Stammlagers polnische Jungen, zwischen 13 und 17 Jahren, mit Phenol-Injektionen ins Herz ermordet. Sie hatten morgens noch ahnungslos Ball gespielt. Am Abend, 18 . 30 Uhr, ist das Stadttheater Mährisch-Ostrau angekündigt. Es steht die Ausstattungsoperette
Prinzessin Grete
auf dem Spielplan. Als Dirigent ist Wilhelm Bantelmann angesagt ( 1948 Operettenkapellmeister am Städtischen Theater Karl-Marx-Stadt, DDR -Name für Chemnitz). Organisiert hat die Veranstaltung Intendant Kurt Labatt ( 1950 Lehrer für Theaterwissenschaft an der Universität Innsbruck). Am 13 . März 1943 treffen 2000 Juden aus Krakau ein, von denen 508 die Selektion zunächst überleben. Zwei Tage später ist das
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