Ausersehen
durch das Sehrohr und drehte am Einstellungsrädchen, bis die nebelbedeckte Seite des uns am nächsten liegenden Berges klar zu sehen war, doch ich entdeckte keine Fomorianer. Noch nicht.
Ich drehte mich und schaute über den dunklen Wald. Von Wolken beschattet, sah er schlafend und harmlos aus. Ich drehte mich weiter, und durch den Nebel erhaschte ich hin und wieder Blicke auf das üppige Grün der Ausläufer der Ufasach-Sümpfe.
Bevor ich meinen Kreis vollenden konnte, schrie Victoria: „Da!“
Ich nahm das Teleskop herunter und sah, dass Victoria in westliche Richtung zeigte, wo ein dunkler Fleck langsam über den Horizont kroch. Ich hob das Fernrohr an eins meiner Augen und war überrascht, wie sehr meine Hände mit einem Mal zitterten.
„Nimm du es.“ Ich reichte es Victoria. „Halt du Ausschau für mich, meine Hände sind nicht ruhig genug.“
Die Jägerin nahm das Fernrohr und legte es ruhig an. Dann justierte sie das Einstellungsrädchen, wie ich es vorher auch getan hatte.
„Es ist die letzte Reihe unserer Bogenschützen“, sagte sie.
Ich erinnerte mich an die Gruppe Zentauren, die gefährlich aussehende Langbogen über ihren Rücken geschlungen hatten und deren Köcher mit langen, spitzen Pfeilen gefüllt gewesen waren.
„Sind sie gute Schützen?“, fragte ich.
„Abgesehen von Woulffs Männern sind sie die Besten in Partholon.“
„Ich wünschte, Woulff wäre auch hier.“
„Das wünschte ich auch.“ Sie beobachtete weiter. „Die Krieger sind offensichtlich noch nicht auf die Fomorianer gestoßen. Ich kann sehen, dass die Schützen sich einschießen, ihre Bogen sind hoch in die Luft gerichtet.“ Sie justierte noch einmal die Schärfe. „Da, ich kann unsere Krieger sehen. Sie warten darauf, dass die Schützen fertig sind.“
Während ich angestrengt nach Westen schaute, fing es an zu nieseln. Dumpf konnte ich eine entfernte Linie von Bogenschützen erkennen und den Pfeilregen, der in Intervallen hochschoss und dann niederging. Zwischen den Pfeilsalven sah ich vor den Bogenschützen etwas glitzern.
„Was glänzt da so?“
„Unsere Zentauren haben ihre Zweihandschwerter gezogen“, erklärte mir Victoria.
Mir lief ein Schauer über den Rücken.
„Sie rücken vor.“ Ihre Stimme war bar jeder Emotion und so laut, dass die Jägerinnen sie verstehen konnten. Während ich ihr zuhörte, fühlte ich mich seltsam unbeteiligt, beinahe so, als würden wir uns eine bizarre Sendung im Fernsehen anschauen. Es war schwer vorstellbar, dass mein Mann Teil dieser glitzernden Schwerterreihe war.
„Was passiert jetzt?“
Sie senkte das Teleskop und gab es mir zurück. „Die Schlacht hat begonnen.“
Ich wischte etwas Feuchtigkeit von der Linse, bevor ich meine Ellenbogen auf dem Geländer aufstützte, um das Zittern meiner Hände unter Kontrolle zu bekommen. Dann hob ich das Fernrohr an und stellte die Schärfe ein.
Durch den düsteren Morgen konnte ich die mehrere Mann starken Linien der Zentauren vorrücken sehen. Die Bogenschützen teilten sich in zwei Gruppen und sicherten mit ebenfalls gezogenen Schwertern die rechte und linke Flanke. Ich versuchte, einzelne Zentauren auszumachen, aber sie waren zu weit weg. Ich konnte immer noch keine Fomorianer sehen, nur die angespannten, wogenden Leiber der Zentauren, die an einigen Stellen weiter nach vorne gingen und sich an anderen etwas zurückzogen.
„Ich weiß nicht, was zum Teufel da passiert.“ Ich nahm das Teleskop wieder herunter und gab es Victoria zurück.
„Das kann noch stundenlang so gehen.“ Sie lächelte mich sanft an. „Die erste Schlacht, die man beobachtet, ist immer die schlimmste.“
„Genau genommen können wir nicht mehr tun als hier zu stehen und zuzusehen?“, fragte ich.
„Ja, mehr können wir nicht tun.“
Und das taten wir dann auch. Als der Morgen in den Mittag überging, brachten uns fünf junge Studentinnen Brot, Fleisch und Käse, dazu Schläuche gefüllt mit süßem Wein.
„Sag Thalia, dass es noch keine Veränderung gegeben hat“, bat ich eines der Mädchen.
„Das weiß sie bereits, Lady Rhiannon“, antwortete sie, bevor sie das Dach verließ.
„Thalia sieht vieles“, bemerkte Victoria.
„Da hast du wohl recht.“
Wir aßen unsere Mahlzeit und wechselten uns mit dem Teleskop ab. Nachdem ich aufgegessen hatte, reichte die rechts von mir sitzende Jägerin, Cathleen, wie ich mich erinnerte, mir das Fernglas, damit ich wieder schauen konnte. Ich nahm ein paar Schlucke von dem süßen Wein, um
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