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Ausersehen

Ausersehen

Titel: Ausersehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. C. Cast
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dampfende Fruchtfleisch frei. Ich nahm mir ein kleines Stück, pustete ein wenig und steckte es mir dann in den Mund.
    „Nicht schlecht. Ein bisschen bitter und rindig schmeckend, aber nicht schlecht. Was ist das?“
    „Die Knolle eines Rohrkolbens.“ Victoria deutete auf das dicht mit Schilf bewachsene Ufer der Insel.
    „Es ist aber auch verdammt praktisch, euch Jägerinnen in der Nähe zu haben.“
    „Stimmt“, erwiderte sie ohne jede Bescheidenheit.
    Der Kaiman war ebenfalls ganz lecker. Es stimmt, was in den Büchern steht – manchmal ist man einfach zu hungrig, um sich Gedanken darüber zu machen, was man isst.
    Bevor wir nach dem Frühstück aufbrachen, überprüfte ich noch einmal ClanFintans Wunden. Sein Kopf und seine Brust sahen gut aus, vor allem nach der nicht einmal ansatzweise sterilen Behandlung, der wir ihn unterzogen hatten, aber die genähten Wunden an seinem Rücken und Hinterteil sahen böse aus. Sie sonderten eine blutig-durchsichtige Flüssigkeit ab, und das machte mir Sorgen. Seine steifen Bewegungen, während er über die Insel humpelte, machten es nicht besser. Ich befahl ihm, stillzuhalten, während ich mehr Salbe auf den Wunden verteilte.
    Unsere Blicke trafen sich, und er lächelte und zog mich in seine Arme. „Es ist normal, dass die Wunden nässen.“
    „Du kannst aber kaum gehen!“
    Er lachte. „Vielleicht bin ich einfach kein Morgenzentaur.“
    „Mal nicht frech werden. Du humpelst schlimmer als Epi, als sie sich den Huf verletzt hatte.“
    „Ich bin ja auch älter als Epi.“
    Ich lehnte meinen Kopf gegen die Seite seiner Brust, die nicht verwundet war. „Sag mir die Wahrheit, geht es dir wirklich gut?“
    Er zerzauste mein Haar. „Ja. Und sobald meine Muskeln warm sind, kann ich mich auch wieder geschmeidiger bewegen.“
    „Vielleicht sollte ich doch lieber wieder auf Victoria reiten.“ Ich schaute zur Jägerin hinüber, die gerade zusammen mit Dougal das Feuer austrat. „Das würde ihr bestimmt nichts ausmachen.“
    „Aber mir. Ich möchte dich nah bei mir haben.“ Er gab mir einen Kuss auf den Scheitel – oder was man bei meinen Haaren so dafür halten konnte. „Aber ich fände es gut, wenn du davon Abstand nehmen könntest, mein Hinterteil zu tätscheln …“ Er sah mich neckisch an. „Zumindest für heute.“
    Ich wand mich aus seinen Armen und grummelte: „Was du brauchst, ist ein scharfer Klaps auf den Hintern.“ Dann versorgte ich seine Wunden weiter.
    Wir verließen die Insel und bewegten uns gen Süden, immer weiter in die Sumpflandschaft hinein. Zum Glück behielt das Wasser eine Höhe zwischen Knie und Flanken der Zentauren bei, aber es ging nur langsam voran. Der Matsch zog an ihren Hufen, als wäre er lebendig. Kurz nachdem wir aufgebrochen waren, trieb ein Baumstamm an uns vorbei. Ich bemerkte eine Bewegung darauf und gab eine Alligatorenwarnung heraus.
    Victoria hatte ihre Armbrust in der Hand, und Dougal und ClanFintan zogen ihre Schwerter und stellten sich Rücken an Rücken in Verteidigungshaltung auf. Als es näher an uns herankam, erkannten wir, dass es kein Alligator war, der es sich auf dem Stamm gemütlich gemacht hatte, sondern sich windende Schlangen.
    „Igitt, das ist eklig. Sind die giftig?“ Meine Haut kribbelte.
    „Ja, aber sie sind gerade in der Paarungszeit. Wenn wir sie vorbeitreiben lassen, ohne sie zu stören, sollten sie uns eigentlich in Ruhe lassen.“ Victorias Stimme spiegelte den Ekel, den ich empfand.
    Unnötig zu sagen, dass wir einen großen Bogen um den Baumstamm machten.
    Abgesehen von all den Käfern, Krabbeltieren und dem grünen, schleimigen Wasser, stellte ich überrascht fest, wie schön der Sumpf war. Große, spitzschnäblige Vögel standen im Wasser und blinzelten in der Sonne wie träge alte Südstaatenfrauen mit bläulich gefärbten Haaren. Hoch in den mit Moos bewachsenen Bäumen nisteten grellrote Vögel.
    „Das muss ein Scharlachsichler sein.“ Ich zeigte auf einen der großen Vögel, der sich gerade graziös ins Wasser gleiten ließ.
    „Ja.“ Victoria nickte. „Sie sind sehr selten. Hast du schon einmal einen gesehen?“
    „Nur in einem Buch.“ Ich seufzte und erinnerte mich an die Geschichte von James Hurst über einen Scharlachsichler, die ich meinen neuen Schülern jedes Jahr zu Anfang des Schuljahres vorlas. „Erinnere mich daran, dir irgendwann die Geschichte von Doodle zu erzählen.“
    „Das werde ich“, erwiderte Dougal mit liebenswertem Enthusiasmus.
    Kurz vor Mittag erreichten

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