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Ausersehen

Ausersehen

Titel: Ausersehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. C. Cast
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wir einen weiteren Flecken trockenes Land, der allerdings zu klein war, um ihn als Insel zu bezeichnen. Er war gerade groß genug, dass die Zentauren sich ein bisschen vom Wassertreten erholen konnten. Ich suchte die Bäume nach Apfelschnecken ab.
    „Sie kommen nur nachts raus“, informierte mich Victoria.
    „Ich schätze, wir haben sowieso keine Zeit, ein Feuer zu machen.“ Und ich war definitiv nicht hungrig genug, die Schnecken roh zu essen. Noch nicht.
    „Stimmt“, pflichtete mir ClanFintan bei. „Victoria und Dougal müssen sich langsam auf den Weg machen. Und wir auch.“ Er drehte sich zu Victoria um und fasste ihre Oberarme. Sie tat es ihm gleich. „Passt gut auf euch auf.“ Dann schaute er Dougal an. „Wenn ihr den Tempel vor uns erreicht, sagt Bescheid, dass alle auf die andere Seite des Flusses evakuiert werden müssen. Lauft dann weiter nach Glen Iorsa. Dort werden wir überlegen, was zu tun ist.“ Auch sie umfassten gegenseitig ihre Oberarme. „Ihr müsst die Menschen über den Fluss bringen. Es ist nicht mehr sicher für sie, egal, ob die anderen Armeen noch auftauchen oder nicht.“
    Seine Worte schockierten mich, und ich konnte diesen Schock auch in Victorias Blick sehen, auch wenn sie keinen Ton von sich gab. Dougal nickte nur, als hätte er mit dieser Nachricht gerechnet. Ich ging zu Victoria hinüber und umarmte sie.
    „Passt auf euch auf“, sagte sie.
    „Erlaube dir, geliebt zu werden“, flüsterte ich ihr zu.
    Bei diesen Worten weiteten sich ihre Augen, und ich war überrascht, einen Hauch Farbe in ihre Wangen kriechen zu sehen.
    „Ich bin zu alt, um mich mit so einem Unsinn herumzuschlagen“, sagte sie leise.
    „Niemand ist für diesen Unsinn zu alt.“
    Dann ging ich zu Dougal, der versuchte, mir einen Handkuss zu geben, aber ich zog ihn zu mir herunter, umarmte ihn und gab ihm einen lauten Schmatzer auf die Wange.
    „Gib auf sie acht – und auf dich auch.“ Ich drehte mich um, damit ich nicht sehen musste, wie sie fortzogen. Ich hörte sie vom trockenen Boden ins Wasser springen, aber bald schon verschluckte der Sumpf sämtliche Geräusche ihrer Abreise.
    „Wir werden sie bald wiedersehen.“ ClanFintan stellte sich hinter mich und legte mir die Hände auf die Schultern.
    „Ich weiß“, sagte ich mit vorgetäuschter Tapferkeit.
    „Wir müssen jetzt auch los.“
    Ich streckte meinen Arm aus, und er schwang mich auf seinen Rücken. Dann machten auch wir uns auf den Weg durch die nicht enden wollende Sumpflandschaft.
    Es kam mir vor wie Tage, nicht wie Stunden, bis ClanFintan sich mit einem Mal abrupt nach links wendete.
    „Wir sollten inzwischen genug Strecke zwischen uns gebracht haben“, sagte er, als er die Richtung änderte.
    „Gut!“ Fröhlich stimmte ich ihm zu, um die Sorgen zu verdecken, die inzwischen in mir hochgekommen waren. ClanFintans erstaunliches Durchhaltevermögen schwand langsam dahin. Sein Fell unter meinen Beinen war nicht nur von Feuchtigkeit nass, sondern auch von Schweiß – etwas, was ich bisher noch nie bei ihm gesehen hatte. Die Schrammen auf seinem Rücken und seinem Hinterteil sonderten konstant eine gelbliche Flüssigkeit ab. Ich konnte hören, dass sein Atem schwerer ging, als er sich über den matschigen Untergrund kämpfte.
    „Ich denke, ich sollte ein paar Schritte laufen.“
    „Nein“, sagte er zwischen zwei Atemzügen.
    „Doch, das ist in Ordnung, wirklich. Ich würde gern mal meine Beine ausstrecken.“
    „Ich habe Nein gesagt“, schnappte er.
    Ich saß einfach nur da, nicht sicher, ob ich ihm einen Klaps geben und ihm sagen sollte, dass er mich gefälligst nicht anzuschreien hatte, oder ob ich von seinem Rücken springen und ihm sagen sollte, dass ich tue, was mir gefällt – oder ob ich einfach in Tränen ausbrechen sollte. Die Verwirrung gewann, also hielt ich den Mund und saß mit einem dicken Kloß im Hals einfach nur da.
    Bald hielt er an und wischte sich mit einer fahrigen Bewegung den Schweiß von der Stirn.
    „Verzeih mir, meine Liebste“, sagte er mit einer Stimme, die klang, als käme sie aus einem Grab. „Ich schäme mich, meine Erschöpfung an dir ausgelassen zu haben.“
    Ich beugte mich vor und schloss vorsichtig meine Arme um seinen Oberkörper. Dann legte ich mein Kinn auf seine Schulter. „Ist schon vergessen.“
    „Wenn das Wasser etwas seichter wird, kannst du vielleicht ein wenig laufen, wenn du magst.“
    „Ja, das würde ich gern.“ Ich küsste ihn auf den Nacken. Kurz legte er seine Arme

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