Ausersehen
über meine, dann atmete er tief ein und zog seine Hufe aus dem zähen Untergrund. Das grauenhafte Schmatzen ließ mich zusammenzucken. Langsam setzten wir unseren Weg fort.
Als das Wasser nur noch bis an seine Knie reichte, blieb ClanFintan erneut stehen.
„Wie wär’s, wenn ich jetzt ein paar Schritte laufe?“, fragte ich.
Er nickte und half mir, abzusteigen. Meine gestiefelten Füße sackten tief in den matschigen Untergrund ein, bis ich bis zu den Oberschenkeln im Wasser stand.
„Igitt, das Zeug ist echt krass.“ Ich nahm seine Hand, und wir gingen weiter.
„Echt krass?“, fragte er.
„Ja, wie der Baumstamm mit den Schlangen.“
„Oh.“ Er nickte verstehend.
Wir kämpften uns vorwärts. Bereits nach kurzer Zeit war ich außer Atem. Nun bewunderte ich noch viel mehr, dass er den ganzen Tag in diesem Matsch gelaufen war – und noch dazu mich auf seinem Rücken und böse Wunden auf dem Hinterteil, die ihn plagten.
„Es kann nicht mehr weit sein“, sagte ich keuchend.
Er antwortete nicht. Es schien, als müsste er all seine Energie darauf konzentrieren, vorwärtszukommen.
Allmählich sank der Wasserspiegel merklich ab, das hätte schön sein können, wenn dadurch nicht der Schlamm noch zäher geworden wäre. Das Wasser reichte mir nur bis zu den Knien, aber jedes Mal, wenn ich einen Fuß auf die Erde setzte, sank ich bis zur halben Wade ein. Im schwindenden Licht sahen wir die Grasebene erst, als sie direkt vor uns lag. Es war ein unglaublicher Anblick; die Gräser wuchsen hier so hoch, dass sie sogar ClanFintan überragten.
Wir blieben beide heftig atmend stehen.
„Hat Victoria nicht gesagt, dass direkt vor der Grenze des Sumpflandes ein Feld mit hohen Gräsern kommt?“, fragte ich hoffnungsvoll.
„Ja, und sie sagte, dass diese Gräser sehr scharfkantig sind. Du solltest wieder aufsteigen, damit ich dich vor ihren Schnitten beschützen kann.“
„Nein, lass mich versuchen, allein hindurchzugehen.“ Ich merkte, dass er widersprechen wollte, daher legte ich ihm eine Hand auf den Arm und versicherte: „Wenn sie zu scharf sind, steige ich wieder auf.“
Er stimmte widerstrebend zu, und wir betraten den Graswald.
Wie immer hatte Victoria recht gehabt: Die Kanten der Gräser schnitten in meine Haut. Und jetzt, wo ich darüber nachdachte, erinnerte ich mich auch daran, rote Striemen auf ihrem Körper gesehen zu haben, aber wir waren alle so schmutzig und von Insektenbissen übersät gewesen, dass ich mir nichts weiter dabei gedacht hatte.
Da ich nun selbst durch das Zeug ging, fiel es mir sehr wohl auf. Ich streckte meine Arme aus und versuchte, mein Gesicht so gut es ging zu schützen. Bald schon fühlte ich, wie warmes Blut aus den Kratzern an meinen Unterarmen rann. Die Graskanten schnitten durch meine Haut wie Skalpelle.
„Rhea, bleib stehen. Du musst wieder aufsteigen.“
„Nur noch ein bisschen.“ Ich hatte mir einen kleinen Vorsprung erarbeitet und wollte nicht mal anhalten und zu ihm nach hinten schauen, damit er das Blut auf meinen Armen nicht sah. Der Boden war immer noch matschig, und dieser Matsch zog an den Füßen. Ich wusste, dass er gut auf mein Gewicht auf seinem Rücken verzichten konnte.
Ich hob einen Fuß an, streckte ihn nach vorne, setzte ihn wieder ab …
Und er sank und sank und sank, ohne auf Grund zu stoßen. Ich stieß einen Schrei aus und versuchte, mein Bein zurückzuziehen. Dabei verlor ich das Gleichgewicht, taumelte, und steckte plötzlich bis zur Taille in einer weichen, sandigen Masse fest. Je mehr ich zappelte, um mich zu befreien, desto mehr zog sie mich nach unten.
„Rhea!“, rief ClanFintan. Mit grimmiger Entschlossenheit packte er meine Arme und riss mich so heftig zurück, dass es mir beinahe die Schultern auskugelte.
ClanFintan fiel hin, und ich stolperte in seine Arme, wo ich einen Augenblick liegen blieb – froh, dass unter uns nur Matsch war. Mit zittrigen Händen tastete mein Mann meinen Körper ab, als wollte er sichergehen, dass alles noch an seinem Platz war.
„Hat dich etwas angegriffen? Bist du verletzt?“
„Nein, mir geht es gut.“ Ich lehnte meinen Kopf an seine Brust und atmete tief durch. „Da gab es einfach keinen Boden. Es fühlte sich an, als würde ich nach unten gesogen werden. Puh … das muss Treibsand sein.“
„Ja.“ Jetzt, wo er wusste, dass ich noch heil war, klang er schon wesentlich ruhiger. „Ich habe vom sinkenden Sand gehört.“ Er versuchte ein Lächeln. „Er ist einer der Gründe, weshalb
Weitere Kostenlose Bücher