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Ausersehen

Ausersehen

Titel: Ausersehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. C. Cast
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Schönheit der hohen, flauschigen Wolken, die vor einem beinahe vollen Mond vorüberzogen. Mir fiel auf, dass es nicht die üblichen goldenen zuckerwattigen Wolken aus meinen Träumen waren, was ebenfalls ein bisschen seltsam war. Und ja, ich bemerkte auch, dass ich in diesem Traum die Nachtluft wirklich riechen konnte, was ich bisher noch nie erlebt hatte. Da meine Träume normalerweise sehr anschaulich und realistisch sind, wunderte ich mich darüber zwar ein wenig, machte mir aber über diese Abweichungen von der Norm keine großen Gedanken. Immerhin war ich in einer anderen Welt, vielleicht beeinflusste das auch mein Schlummerland.
    Als ich nach unten schaute, war ich überrascht zu sehen, dass mein Traum ein ganzes Dorf erschaffen hatte. Liebevoll gestaltete Gebäude waren kreisförmig um einen beeindruckenden Tempel angeordnet. Eine Bewegung in einem der Korrals direkt neben einem sehr gepflegt aussehenden Gebäude weckte mein Interesse. Es handelte sich offenbar um einen Stall, der an der Seite des Tempels gelegen war, aber das passte ja auch, handelte es sich doch um den Tempel einer Pferdegöttin. Da würde mein Traum diesen Tieren natürlich besondere Privilegien einräumen. Außerdem mag ich Pferde wirklich sehr gern. Ich habe schon ein paarmal davon geträumt, Pegasus zu „reitfliegen“. Aus dem Augenwinkel nahm ich erneut eine Bewegung wahr, und mein Traumkörper bewegte sich zum Korral hinunter, bis ich direkt über seiner steinernen Begrenzung schwebte. Eine sanfte Brise schob die vor dem Mond schwebenden bauschigen Wolken zur Seite, und die plötzliche Helligkeit illuminierte den Korral. Beim Anblick der wunderschönen silberweißen Stute entfuhr mir ein bewunderndes „Oh“. Sofort hörte die Stute auf zu grasen und hob ihren anmutigen Kopf sanft schnaubend in meine Richtung.
    „Hey, Zaubermädchen.“ Beim Klang meiner Stimme beugte die Stute den Hals. Ich freute mich – anstatt Angst vor meinem schwebenden Körper zu haben, schien das Pferd mich wiederzuerkennen (nun ja, es war ja auch mein Traum) und paradierte auf mich zu. Ich streckte meine Hand zu ihr aus, und sie kam mir mit ihrer samtenen Schnauze entgegen.
    Sie war ein ganz erstaunlich aussehendes Tier. Wie einer der Königlichen Lippizaner-Hengste, die ich vor Jahren einmal gesehen hatte, als ihre Show in Tulsa haltmachte. Sie hatte eine gute Größe, vielleicht gerade eins fünfzig. Aus der Entfernung glänzte ihr Fell silberfarben, aber als sie näher kam konnte ich sehen, dass ihr Maul dunkel war, wie schwarzer Samt, und auch um die ausdrucksstarken Augen und die wohlgeformten Sprunggelenke ging das Fell in eine dunkle Farbe über. Ich hatte noch nie zuvor ein Pferd wie sie gesehen und konnte nicht anders, als meine Traumvorstellung mit einem breiten Lächeln zu bewundern. Sie setzte zufrieden ihr Grasen fort, und ich warf ihr noch einen letzten Blick zu, bevor ich mich wieder in die Lüfte erhob. Vielleicht würde ich vor Ende meines Traumes noch mal zu ihr zurückkehren. Dann könnten wir einen kleinen Ausritt über den Nachthimmel machen.
    Die bauschigen Wolken schienen sich zurückgezogen zu haben. Ich schwebte in weiten Kreisen in der Luft und genoss den sich mir in alle Richtungen bietenden Ausblick. Die wohldurchdacht angelegten Gebäude des Tempels wurden von einer Mauer aus weißem Marmor umschlossen. Das Land außerhalb der Tempelanlage erinnerte mich mit seinen sanften Hügeln an Umbrien in Italien. (Vor ein paar Jahren bin ich mit einigen Highschool-Kindern auf einen „Weiterbildungstrip“ nach Italien gefahren. Sie haben eine ganz gute Anstandsdame abgegeben.) Auf den Hängen schienen Weinstöcke zu wachsen, das passte, denn natürlich musste nach dem heutigen Abend irgendwie Wein in meinem Traum vorkommen. Hoffentlich schwebte bald ein fliegender Kellner mit dem Aussehen von Pierce Brosnan heran, um mir ein Glas meines bevorzugten Merlots zu servieren.
    Ich nehme an, dass ich genug Wein für einen Abend hatte, denn Pierce tauchte nicht auf. Noch nicht.
    Es schien mir eine gute Idee, mein neues Schlummerland zu erkunden, also schwebte und guckte ich weiter. In der Ferne, sehr wahrscheinlich nördlich vom Tempel (verlassen Sie sich aber nicht darauf, mein Orientierungssinn ist nicht der beste), konnte ich etwas erkennen, das wie eine breite Bergkette aussah. Während ich auf diese Berge zuflog, bemerkte ich wieder die Brise, die mir (ebenfalls wieder) als seltsame Ergänzung zu meinem Schlummerland vorkam, da ich sie

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