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Ausersehen

Ausersehen

Titel: Ausersehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. C. Cast
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nicht nur fühlen, sondern auch riechen konnte. Die Brise kam aus Westen, und ich wandte mein Gesicht ihrer Sanftheit zu. Ich atmete tief ein und roch … Salz. Ein Meer? Sobald ich meine Aufmerksamkeit darauf richtete, drehte sich auch mein Körper in die Richtung, und ich fühlte, wie ich in den Wind hineinflog. Durch zusammengekniffene Augen konnte ich hier und da flackernde Lichter sehen, die Reflexion des Mondes auf Wasser. In freudiger Erwartung entschied ich lächelnd, mich weiter in diese Richtung zu begeben – und war erschrocken, wie schnell mein Traum-Ich auf diese Entscheidung reagierte.
    Das schnell unter mir vorbeiziehende Land war bevölkert von verschlafenen kleinen Dörfern, die zerstreut zwischen Weinbergen lagen. Ein schimmernder Fluss verband sie miteinander, und mir fielen in jedem Dorf mehrere flache Boote auf, die vertäut lagen. Der Salzgeruch wurde stärker, und am schnell näher kommenden Horizont erkannte ich eine große Wasserfläche direkt in meiner Flugbahn. Die Küste wirkte beeindruckend – schroff und grün, und ich musste an Irland denken. (Einen Sommer bin ich mit Schülern nach Irland gefahren. Wir nannten die Reise „Weiterbildung in der Pub-Kultur“.) Die Küste streckte sich so weit, wie ich in der mondbeschienenen Nacht sehen konnte, und dort, wo der dunkle, flüssige Horizont sich mit dem nächtlichen Himmel traf, konnte ich die Bergkette erkennen, die mir anfangs aufgefallen war.
    Mein Körper schoss immer noch vorwärts, und ich konnte sehen, dass ich mich auf ein großes, solides Gebäude zubewegte, das auf einer unglaublich dramatisch aussehenden Klippe thronte. (Ein bisschen wie das Schloss von Edinburgh – ja, ich war auch mit einer Schülergruppe in Schottland. Und ich hab ihnen keinen allzu großen Ärger gemacht – egal, was sie sagen.) Im Näherkommen spürte ich, wie ich langsamer wurde. Ich erkannte nun mehr und schaute mich aufmerksam um.
    Es war eine wunderschöne, riesige alte Burg, und ich schwebte direkt über dem Eingang, der auf der dem Meer abgewandten Seite lag. Anders als andere Burgen, die ich in Europa besichtigt hatte, sah diese aus, als wäre sie perfekt in Schuss, mit vier massiven Türmen, über denen einige Fahnen flatterten, auf denen ich eine silberfarbene Stute erkannte. Oh. Sie sah genauso aus wie das tolle Pferd beim Tempel.
    Die Rückseite der Burg war sehr nah an die gefährlich aussehenden Klippen gebaut; die Bewohner mussten den zauberhaften Ausblick lieben. Die Vorderseite der Burg hingegen schaute über ein Plateau, auf dem Bäume wuchsen. Es fiel sanft in ein Tal ab, in das sich ein nett aussehendes Dorf kuschelte. Eine offensichtlich viel benutzte Straße führte vom Dorf über das bewaldete Plateau zur Burg hinauf und zeugte von der liebevollen Verbindung zwischen ihr und dem Dorf. Typische steinerne Schutzwälle umschlossen die Burg und trafen sich am enormen Eingangstor. Statt Furcht einflößend und abweisend zu wirken, war die Burg hell erleuchtet, und ihr Tor stand einladend offen. Eine Burg, die als militärischer Stützpunkt benutzt wurde, würde geschlossen und bewacht sein. Der hübsche Wald mit seinen alten Bäumen wäre gefällt worden, damit man heranschleichende Feinde schon aus der Ferne sehen könnte. Mein Traumschloss hier war offensichtlich kein großer Freund von Kriegen, und bewacht wurde es bestimmt von niemand anderem als Pierce Brosnan! Es war mehr als wahrscheinlich, dass er drinnen auf mich wartete, damit er essbares, rosafarbenes Kokosnussöl auf meinem gesamten Körper verteilen konnte, um es dann langsam und genüsslich abzulecken. Lecker … Deshalb war es komisch, dass mein Körper immer noch über der Burg schwebte. Okay, ich war definitiv bereit, jetzt mit dem Fliegen aufzuhören und zum „persönlicheren“ Teil meines Traumes zu kommen.
    Ein vorfreudiges Lächeln.
    Nichts.
    Ich schwebte immer noch.
    Okay, ich will jetzt aufhören zu fliegen!
    Nichts. Was zum Teufel war hier los? Schlummerland war meine Erfindung. Es gehorchte mir. Ich erinnere mich noch an das erste Mal, als mir bewusst wurde, dass nicht jeder die Fähigkeit hatte, seine Träume zu kontrollieren. Ich war in der dritten Klasse, und eine Freundin sah eines Morgens blass und traurig aus. In der Pause fragte ich sie, was los sei, und sie sagte etwas ganz Erstaunliches. Sie hatte in der Nacht zuvor einen fürchterlichen Albtraum gehabt. Ich sagte ihr, dass sie dem Traum doch einfach hätte befehlen müssen, sich zu verändern, und

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