Ausersehen
Ihr aufgeblähter Bauch zitterte und krümmte sich, als hätte er ein Eigenleben, und dann schrie sie wieder – die Sehnen an ihrem Hals traten vor, und ihr Körper bebte.
Die zuschauenden Kreaturen berührten sie nicht, noch halfen sie ihr oder trösteten sie. Sie schauten einfach nur schweigend zu. Ihre unruhigen Flügel waren das einzig sichtbare Zeichen ihrer Anspannung.
Die in den Wehen liegende Frau schrie erneut. Ich sah, wie ihr Schambein nach außen gedrückt wurde … weiter … und weiter … und weiter. Ich hätte nie gedacht, dass der menschliche Körper sich so dehnen könnte. Plötzlich explodierte ihr Schoß in einem blutigen Schauer, der rote Tropfen auf die zitternden Flügel der anwesenden Zuschauer spritzte. Aus dem klaffenden Loch in dem zuckenden Körper kam ein zylinderförmiges Ding, das in dicke, zerknitterte Haut von der Farbe frischen Blutes eingehüllt zu sein schien. Mein Gehirn konnte nicht fassen, was ich sah, aber meine Augen widersetzten sich immer noch meinem Befehl, sich zu schließen, genau wie mein Körper den Ort hier nicht verlassen wollte. Das Ding zitterte zwischen den Beinen des zerfetzten Körpers der Frau. Es glänzte feucht, wie das Licht auf der Klinge eines gerade benutzten Messers.
Mein Körper glitt tiefer, bis ich nur noch wenige Meter über den Köpfen der Kreaturen schwebte.
Die Zeit schien langsamer zu vergehen. Die Kreaturen unter mir waren erstarrt, als hätte eine unsichtbare Hand den Pause-Knopf gedrückt. Als ich noch näher kam, richtete sich mein Blick auf den deformierten Fleischklumpen, der immer noch halb in der Frau steckte. Ich erkannte, dass ich auf eine neugeborene Kreatur schaute. Was ich irrtümlicherweise für zerknitterte Haut gehalten hatte, waren noch nicht ausgewachsene Flügel, die den Körper umhüllten – wie ein Kokon, in dem eine Raupe wächst. Das Licht der flackernden Kerzenflammen fiel auf zwei Auswüchse oben auf den Flügeln. Sie sahen aus wie Krallen und glitzerten feucht von Fruchtwasser und Blut.
„Oh mein Gott!“
Mein Ausruf beendete die Starre. Köpfe zuckten herum, und eine der Kreaturen suchte die Luft über dem Tisch mit ihren Blicken ab.
„Bringt es in die Bruthöhle!“
Er sprach mit belegter Stimme. Die Worte klangen, als müssten sie darum kämpfen, seine Kehle zu verlassen.
Eine weibliche geflügelte Kreatur eilte herbei und schob ihre Hände in die offene Wunde, um den Fötus vorsichtig herauszuholen. Bevor ich ihn genauer betrachten konnte, falteten sich die erwachsenen Flügel um ihn und bedeckten ihn vollkommen. Schnell verließ sie den Raum, gefolgt von der Hälfte der Kreaturen, die sich das Spektakel angeschaut hatten. Ich sah ihnen nach und spürte, wie mein Blick von den Tischen angezogen wurde, die die Wände säumten. Die dort sitzenden Gestalten zuckten zurück, als die Entourage an ihnen vorbei zum Ausgang eilte – und mit wachsendem Horror bemerkte ich, dass es alles Frauen in unterschiedlichen Stadien der Schwangerschaft waren.
Ein Zischen, das vom Tisch in der Mitte des Raums kam, lenkte meine Aufmerksamkeit dorthin. Die männliche Kreatur, die gesprochen hatte, schaute immer noch nach oben, und ich spürte, wie mein Seelenkörper zu zittern anfing. Dennoch versuchte ich ruhig zu bleiben.
„Nuada, was ist das?“, frage eine der Kreaturen zögernd.
„Ich weiß es nicht.“ Er spuckte die Antwort beinahe mit rauer Stimme aus. „Ich kann etwas fühlen. Ich habe diese Anwesenheit schon einmal gespürt, auf der Burg, als wir den einsamen Krieger niedergeschlagen haben.“ Seine Flügel raschelten aggressiv, während sein heißer Atem die Luft verpestete. „Ich kann es beinahe sehen …“
In einer flüssigen Bewegung sprang er auf den Tisch, die Beine über dem blutigen Körper der toten Frau gespreizt. Er war nun direkt unter mir.
„Vielleicht kann ich es berühren.“
Er streckte seine krallenartigen Finger nach mir aus, und ich spürte, wie sich ein Schrei in meiner Brust aufbaute …
11. KAPITEL
Aaaaahhhh!“ Der Schrei schoss mit der Wucht einer explodierenden Landmine aus meinem Mund. In der Dunkelheit wurde ich panisch, auch wenn mir meine zerfaserten Sinne zuflüsterten, dass es nach Frühling und Pferden roch, nicht nach Blut und Horror. Mein Gehirn war taub vor Panik, und ich schlug wild um mich, trat aus und wehrte mich gegen die Fesseln, die mich gefangen hielten.
„Rhiannon! Hör auf, du bist in Sicherheit!“
ClanFintans Stimme durchbrach die eisige Angst. Ich
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