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Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Titel: Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Byron
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weiter auf den Knopf drückte. Ja, selbst die Zeugen Jehovas, aber Gott sei Dank war ich von denen bisher verschont geblieben. Ein kurzer Blick auf meine kleine Wanduhr ergab zehn Uhr am Vormittag. Gut sechs Stunden geschlafen und das gänzlich ohne Traum. Na immerhin etwas.
    Total tranig schlurfte ich zur Wohnungstür und linste durch den Spion. Ich hätte es mir ja fast denken können. Mit einem Seufzen öffnete ich die Tür.
    „Hallo Betty. Was verschafft mir die Ehre deines Besuches?“
    Betty, die mal wieder aussah wie der druckfrischen Cosmo entsprungen, wedelte mit einer Flasche Champagner vor meiner Nase herum und quiekte in den höchsten Tönen: „Überraschung! Frühschoppen!“
    Im nächsten Moment aber verlor sich ihr Lachen und machte einem mehr als kritischen Gesichtsausdruck Platz.
    „O mein Gott, Aline … Wie siehst du denn aus? Hab ich dich etwa geweckt?“
    Na, das geht ja prima los, dachte ich mir. Warum hatte ich bloß vorher keinen Blick in den Spiegel geworfen, wie es sonst meine Art war? Die Nacht war einfach zu anstrengend gewesen, als dass ich mir jetzt darüber Gedanken machen wollte. Auch wenn es mir nicht gefiel – der Albtraum, sofern er einer gewesen war, hatte mich enorme Kraft gekostet. Mein ganzer Körper fühlte sich an, als hätte ich Glasscherben gegessen, die sich nun überall in meinen Muskeln verteilten und bei jeder Bewegung kleine Fasern durchschnitten.
    „Ja, du hast mich geweckt“, entgegnete ich Betty, die ein sichtlich schlechtes Gewissen hatte,
    „aber ist schon okay, ich schlafe eh nicht gern lang. Das heute war eine Ausnahme.“
    „Aha, so so, eine Ausnahme“, neckte mich mein Cousinchen, während sie sich in ihrem cremefarbenen Mantel und den mit Strass besetzten Stiefeln an mir vorbeidrückte, um schnurstracks in der Küche zu verschwinden. Gläser klirrten und Teller klapperten, meine Kühlschranktür öffnete und schloss sich, hier schepperte Besteck und dort köchelte Wasser. Verschlafen schloss ich die Tür und folgte den geschäftigen Geräuschen, die aus meiner kleinen Küche drangen.
    Ich traute meinen Augen nicht. Da stand Betty und deckte am Tisch hinter der Küchenzeile ein kleines Frühstücksbuffet. Erst jetzt sah ich die Einkaufstüte auf dem Boden stehen. Mein Cousinchen war offenbar extra vorher einkaufen gewesen, die Gute. Gerade war sie dabei, den Tee aufzugießen, und zauberte aus ihrem cremefarbenen Shopper eine Papiertüte, aus der es verdächtig lecker nach frischem Backwerk roch.
    Kürbiskernbrötchen.
    Meine Lieblingsbrötchen.
    Auch wenn Betty manchmal wirklich nerven konnte – in diesem Moment hätte ich sie am liebsten geknutscht. Nach dem Zähneputzen, versteht sich.
    „Setz dich, Alinchen, ich kümmere mich um alles“, befahl sie mir freundlich, und ich gehorchte dieser Anweisung nur zu gerne. Sich mal um nichts kümmern müssen, wie herrlich. Das war fast so gut wie Frühstück ans Bett. „So, wie es aussieht, habt Ihr ja gestern gut getrunken“, neckte Betty mich und deutete mit einem Kaffeelöffel auf die Weingläser, die in der Spüle standen. Daron musste sie dort am Morgen offenbar noch hineingestellt haben. Ich ging nicht darauf ein. Mein Hirn wollte im Moment nicht anfangen zu arbeiten.
    Kaum hatte ich Platz genommen, begann mein Magen zu knurren, als hätte er tagelang nichts mehr zu essen bekommen. Oh, Mist, hatte er ja tatsächlich nicht! Erst da bemerkte ich, wie wahnsinnig hungrig ich eigentlich war. Betty drapierte noch schnell die Butter und die frisch gekaufte Aprikosenmarmelade auf dem Tisch, füllte die Brötchen in eine kleine Schale und entließ die Kohlensäure des Champagners mit einem gekonnten „Plopp“ in die Freiheit. Alkohol zum Frühstück, das verhieß nichts Gutes. Wenn Betty mit Alkohol auftauchte, dann wollte sie immer etwas.
    Meistens Details erfahren.
    O Gott, ich war so was von nicht bereit, ihr welche mitzuteilen. Doch nun saß ich in der Falle. Andererseits dufteten die Kürbiskernbrötchen so verführerisch, dass ich zu keinem klaren Gedanken mehr fähig war, mein Hirn kurzerhand wieder abstellte, mir ein Brötchen griff und herzhaft zubiss. Wie lecker schmeckte doch ein simples, trockenes Brötchen, wenn man vor Hunger beinahe den eigenen Fuß verschlungen hätte? Kein Dreisternekoch der Welt hätte meiner Meinung nach damit konkurrieren können. Mann, ich musste wirklich verdammt ausgehungert sein.
    „Na na, normalerweise wartet man ja auf seinen Gast“, tadelte mich Betty mit einem

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