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Auserwaehlt

Auserwaehlt

Titel: Auserwaehlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Nowak
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Geigespielen.“
Christine Berger hob die Augenbrauen an und Clara sah sie wieder, die Lehrerin,
die sich über die Unterbrechung ärgerte.
„Norbert ist ganz anders, ruhig und kultiviert“, ergriff sie wieder das Wort.
„Doch länger als ein halbes Jahr hielt die Geschichte zwischen ihm und Helga
nicht, dann kam schon Gregor und Norbert sah ein, dass das Ganze keinen Wert
hatte. Aber die beiden haben immer Kontakt gehalten, allein wegen Charlotte,
und das war vor allem Norberts Verdienst, auch dass Helga dann die Stelle auf
Schloss Knauthain bekam, war ja letztlich sein ...“
Sie murmelte noch etwas, das niemand mehr verstand. Sie wirkte so verloren.
Clara stand auf und zu ihrem Erstaunen ließ die Frau sich zurück auf das Sofa
führen.
„Charlotte ist die Tochter von Helga Kramer“, stellte Clara fest, ihre Wut auf
die Frau war längst verflogen. „Gregor Kramer war also nicht ihr Vater?“
Christine Berger nickte.
„Okay“, sagte Kranich. Sie sagte das immer, wenn sie überrascht war.
„Sie wissen, wer der leibliche Vater ist?“, fragte Clara sanft. „Ist es Norbert
Lechmeier?“
„Das ist vielleicht eine wichtige Spur“, sagte Kranich, als Christine Berger
nicht gleich antwortete.
Christine Berger sah Kranich an, dabei huschte etwas über ihr Gesicht, das
Clara nicht deuten konnte.
„Nein“, sagte sie dann. „Damit hat das nichts zu tun. Erika wusste ja, dass
Norbert und Helga ein Kind zusammen haben. Das war nichts Ungewöhnliches. Erika
wollte auch gar keine Kinder, sie war schon Anfang vierzig, als sie Norbert
geheiratet hat.“
Christine senkte den Blick. „Erika wollte nie Kinder“, wiederholte sie. „Ich
kann das verstehen.“
„Haben sie selbst Kinder?“, fragte Clara.
Christine Berger nickte. „Und ich bin auch geschieden, wenn sie das meinen,
aber das war normal, wir haben damals ja so früh geheiratet in der DDR, und
dann kam die Wende, also da ...“ Sie drehte sich von Clara weg.
Sie drehte sich Kranich zu.
„Sie sind doch Hauptkommissarin, nicht wahr?“
Kranich nickte.
„Kommen Sie aus Berlin?“
Kranich nickte abermals.
„Darf ich fragen, wie sie heißen?“
„Margot Kranich.“ Für einen Moment flackerte wieder die Angst in Christine
Bergers Augen auf, doch dann hielt sie dem Blick der Hauptkommissarin stand.
Etwas schien sie zu faszinieren.
„Sind Sie vom Kriminalamt in der Keithstraße?“
„Auch das.“ Kranichs Fuß begann, auf und ab zu wippen. „Warum fragen Sie?“
Christine Berger betrachtete Kranich voller Ehrfurcht und Abscheu.
„Ich habe mal so eine Stadtführung in Berlin gemacht“, erklärte sie schließlich.
„Da haben Sie uns das alles gezeigt, auch die Gefängnisse und so, das war
wirklich gruselig.“
Clara unterdrückte ein Grinsen, als sie Margots gequälten Gesichtsausdruck sah.
Die Touristen, die sich regelmäßig ins Landeskriminalamt verirrten, waren
Margot schon lange ein Dorn im Auge.

7
    „Etwas stimmt da nicht“, sagte Kranich.
„Sie lügt“, nickte der Leipziger Kollege.
„Zumindest verbirgt sie etwas.“ Clara blickte auf den eingerollten Pfannkuchen
auf ihrem Teller.
„Ist Ihnen aufgefallen, wie seltsam sich Frau Berger verhalten hat, als es um
den Tod von Gregor Kramer ging?“, fragte Paschke.
„Christine Berger hat ausgesagt“, er blickte in ein Notizbuch, „Helga Kramer
habe Angst gehabt, dass ihr Mann sich rächen wollte.“ Er blickte auf. „Wenn Sie
mich fragen“, er nickte zuerst Kranich, dann Clara zu, „man hat doch nur dann
Angst vor Rache, wenn man sich schuldig gemacht hat.“
„Der Unfalltod von Gregor Kramer stinkt“, fügte er hinzu. „Definitiv.“
Kranich und Clara starrten ihn an. Das waren die ersten zusammenhängenden
Sätze, die sie von Herrn Paschke gehört hatten, und dann gleich so etwas.
„Wir sollten auf jeden Fall die Akten prüfen“, stimmte Kranich zu.
„Schon passiert.“ Paschke nahm gut gelaunt den Teller entgegen, den die
Kellnerin ihm reichte. „In ein paar Stunden werden wir Kopien haben.“
Kranich nickte anerkennend und wünschte allen einen guten Appetit.
Sie saßen in einer Art Café direkt an der Schnellstraße. Auf dem weißen Plastiktisch
waren braune Kaffeeflecken. Das Café sei nichts Besonderes, hatte Paschke sie
zu Recht vorgewarnt, doch es lag auf dem Weg ins Internat Schloss Knauthain.
Clara blickte über den Parkplatz in einen eingezäunten, rechteckigen Hof, in
dem zwei Kinder mit einem Ball spielten. Eine Frau stand daneben und
telefonierte. Der Asphalt flimmerte.

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