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Auserwaehlt

Auserwaehlt

Titel: Auserwaehlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Nowak
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wurden dann irgendwann zutraulich und gesprächig. Das war Claras „softe
Methode“, wie Margot es nannte. Clara erreichte damit nicht mehr als Margot mit
der harten Tour. Aber auch nicht weniger.
Auf Claras Tisch blinkte ein Licht. Ohne ihn noch einmal anzusehen, stand sie
auf und ging.
    „O man.“ Clara rieb sich die Augen. Hagen und Leonhard
nickten ihr mitleidig zu, sie hatten im Beobachtungsraum ihr missglücktes
Verhör verfolgt. „Ich hab mal wieder den Mitläufer erwischt.“
Leonhard legte eine Hand auf ihren Rücken. Die Berührung tat ihr gut.
„Margot will eine Unterbrechung“, sagte Leonhard und deutete durch die Scheibe
in den gegenüberliegenden Raum. Margot hatte sich Malik vorgeknöpft. Der Mann
mit dem breiten, unförmigen Schädel verschränkte die Arme vor der Brust. Sein
Gesichtsausdruck wirkte, als langweile er sich.
Malik sah zu ihnen herüber. Fehlte nur noch, dass er grinste.
„Ekelhaft.“ Clara zog sich der Magen zusammen. Sie hatte das Foto des Hundes vor
Augen, dem im Park der Vorderfuß abgetrennt worden war.
Die Tür flog auf.
„Und?“, fragte Margot.
„Er hält dich zum Narren, Margot“, sagte Hagen. Leonhard nickte, als teile er
diese Meinung.
„Kann mich mal jemand aufklären?“ Clara setzte sich rittlings auf den Stuhl,
der verloren im Raum stand.
„Herr Malik“, sagte Margot mit harter Stimme, „will etwas gesehen haben. Er
will beobachtet haben, wie gestern Nacht gegen zweiundzwanzig Uhr, ich zitiere,
'ein Gaga-Pärchen in den Park' kam. Die Frau sei alt gewesen und, wie er
meinte, behindert, weil sie so komisch gelaufen sei und der Mann sie gestützt
habe.“ Kranich legte den Kopf schief, um die Nackenmuskulatur zu dehnen.
„Das könnte Helga Kramer gewesen sein.“ Clara nickte. „Als das Gift schon
wirkte, kurz vor dem Zusammenbruch, deshalb könnte sie so auffällig gelaufen
sein.“
Margot erwiderte Claras Blick nur kurz, bevor sie beide wegsahen. Nach einem
Verhör brauchte man ein paar Minuten, bis man wieder man selbst war.
„Weiter sagt Malik aus, dass er gegen halb zwölf den Park verlassen wollte, um
nach Hause zu gehen“, sagte Margot. „Da habe er die Frau im Gras liegen sehen.“
Hagen tippte sich an die Schläfe und erklärte Clara, warum: „Er dachte, sie
habe nur geschlafen.“
„Immerhin hat er zugegeben, die Handtasche geklaut zu haben“, gab Margot zu
bedenken. „Und seine Aussage, dass er damit zu seinen Kumpels zurück sei, deckt
sich mit der Beobachtung von Frau Osswald.“
„Ich halte ihn für schuldig“, insistierte Hagen.
„Darum wird sich der Richter kümmern“, sagte Margot kurz.
„Kann er den Mann vom ... Gaga-Pärchen beschreiben?“ Clara hatte den Ausdruck
noch nie gehört.
„Groß, dunkel.“ Kranich zuckte mit den Schultern. „Sein Vokabular ist nicht
besonders, aber er meint, er würde ihn wiedererkennen.“
„Der einzige, der hier gaga ist, ist Malik selbst, wenn ihr mich fragt“, Hagen
rieb sich die Hände und grinste.
Clara drehte sich weg. Plötzlich verabscheute sie Hagens plumpe Gestik.
Nachdenklich starrte sie durch den Venezianischen Spiegel auf den Mann, der
noch immer um einen coolen Ausdruck bemüht war. Doch seine Hände zitterten. Wie
die von Marcel Heller.
Als Clara sich wieder umdrehte, saß Margot mit Hagen und Leonhard am Tisch. Die
Drei steckten die Köpfe zusammen. Clara spürte einen Stich. Die anderen hatten
sich von klein auf im Polizeidienst hochgearbeitet und jahrelang die
Drecksarbeit erledigt. Auch Margot. Das hatte sie oft genug betont. Doch als
Clara hier ankam, war sie bereits 33 und promoviert. Die anderen waren Teil
einer Gemeinschaft, zu der Clara nie mehr denselben Zugang finden würde. Sie
spürte das. Manchmal, so wie jetzt, sehnte sich nach dieser Unmittelbarkeit.
„Sobald Malik ihn verpfeift, drehen wir auf laut“, hörte sie Margot zu Hagen
sagen. Auch Margot grinste jetzt. Es war ein anderes Grinsen als das, das Clara
kannte.
„Ich brauche dich morgen topfit“, sagte Margot und nickte Clara zu. Das war das
Zeichen, dass sie nach Hause gehen konnte.
„Okay.“ Plötzlich war Clara todmüde. „Dann viel Erfolg noch.“
„Ach so.“ Sie drehte sich noch einmal um und deutete auf Marcel Heller, der
zusammengekauert auf dem Stuhl saß. „Es bringt nichts, ihn unter Druck zu
setzen. Er weiß nichts.“
„Das werden wir ja sehen“, sagte Hagen freundlich.
„Okay, bis morgen.“ Als Clara den Raum verließ, blickte Marcel in ihre Richtung,
beinahe flehend, als ahne er,

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