Ausflug ins Gruene
Angelegenheit gemacht. Im Moment war er halblaut in ein Gespräch mit den Kollegen vertieft, wobei nur manchmal Sondermanns tiefe Stimme zu vernehmen war. »–sehe ich gar nicht ein- macht der auch nicht- dann muß er die Konsequenzen eben tragen« waren einige Fetzen, die ich verstehen konnte. Ich nahm den Stapel mit Unterlagen und Büchern und wollte mich auf den Weg nach Hause machen. Als ich am Tisch mit meinen zukünftigen Kollegen vorbeikam, unterbrachen diese ihr Gespräch.
»Herr Jakobs, es tut mir leid, daß ich im Moment nicht mehr Zeit für Sie habe, aber wir sehen uns in der nächsten Zeit ja sicher noch häufiger.« Radebach stand auf, blieb aber an seinem Platz stehen. »Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich ruhig an mich. Ich stehe im Telefonbuch.«
»Ja, gerne. Vielen Dank schon mal.« Ich zeigte auf den Stapel, den ich unter einen Arm geklemmt hatte.
Einer von den Kollegen – der, der Brussner hieß – schob seine Papiere zusammen. »Ich werde mich auch mal auf den Weg machen. Die Sportstunden sind ja jetzt geklärt. Mich brauchen Sie also nicht mehr.« Er warf bei diesen Worten einen genervten Blick in die Runde und stand auf.
»Warten Sie, ich begleite Sie nach unten«, sagte er zu mir und hielt mir die Tür auf. Wir verabschiedeten uns von den anderen und traten auf den Flur hinaus.
»Viel länger hätte ich es nicht ausgehalten«, murmelte Brussner.
»Was war denn los?«
»Ach, diese Stundenbesprechungen sind unerträglich. Jedesmal werden dieselben Fragen durchgekaut. Sollten Kollegen, die von weit her kommen, bei der Stundenplanung begünstigt werden? Kann ein Lehrer acht Stunden am Stück unterrichten und und und. Aber ich will Sie nicht mit diesen Dingen belämmern. Sonst haben Sie schon im vorhinein keine Lust mehr auf diesen Laden.«
»Gibt es denn hier soviel Ärger?« fragte ich vorsichtig.
»Eigentlich nicht. Ich habe nur, ehrlich gesagt, keine Lust, mich auch in den Ferien mit Stundenplänen zu beschäftigen. Noch dazu schon jetzt zu Ostern! Leider mußte ich an dieser Vorbesprechung teilnehmen, weil ich in diesem Schuljahr Fachvorsitzender in Sport bin. Unsere Stundenplanung wird meist eigenständig von uns Sportkollegen zusammengestellt und muß dann rechtzeitig an die Zentrale weitergegeben werden. Die Zentrale, das sind die Schulleitung, Sondermann und Erkens.« Wir schlenderten nebeneinander die Treppe hinunter.
»Und Sie übernehmen die Stelle von Langensiep? Darf ich fragen – ist das Ihre erste Stelle?« Es war mir unangenehm, daß ich mich zu meiner völligen Unerfahrenheit bekennen mußte.
»Ja, ist es. Ich habe nach dem Referendariat bei verschiedenen Zeitungen gearbeitet. Na ja, und jetzt bin ich hier.«
»Ich finde es gut, wenn die Leute nicht frisch von der Uni bzw. frisch aus dem Referendariat an die Schule gehen. Lehrer sollten schließlich ausreichend Welterfahrung mitbringen.« Brussner grinste.
»So habe ich das noch gar nicht gesehen. Auf jeden Fall werde ich in den nächsten Wochen viel Arbeit haben. Ich muß mich mit allem erst wieder vertraut machen.« Der Lockenkopf nickte. Wir standen jetzt neben der Tür zum Sekretariat.
»Jedenfalls haben Sie bei den Schülern einen Bonus. Langensiep war mehr als unbeliebt. Da können Sie eigentlich nur gewinnen.«
»Die Sache mit seinem Unfall ist mir schon zu Ohren gekommen. Meinen Sie, ich kann mich bei seiner Frau melden, um nach seinen Unterlagen zu fragen? Sie ist doch sicher noch ganz verstört.«
»Hm. Das Ganze ist jetzt drei Monate her. Ich glaube, da können Sie einen Besuch bei der schönen Regine schon wagen.«
»Sie scheinen ja die ganze Familie zu kennen«, warf ich ein.
»Na, bei Regine endet die Familie auch schon. Kinder sind nämlich nicht vorhanden. Und Dr. Regine Langensiep kennt in der Stadt eigentlich jeder. Sie ist Ärztin am hiesigen Krankenhaus und bekannt für ihr atemberaubendes Aussehen. Kurz: sie ist eine Schönheit.«
»Na, dann werde ich mir mal ihre Adresse besorgen«, sagte ich und ging auf die Sekretariatstür zu.
»Sie wohnt irgendwo Richtung Bieringsen, ziemlich weit außerhalb, soweit ich weiß. Da in der Gegend geh ich schon mal joggen. Laufen Sie auch? Ich suche immer mal jemanden, der mitläuft.«
»Hören Sie damit auf!«, sagte ich, da die ganze Erinnerung an den gestrigen Abend wieder hochkam. »Ich habe mich gestern im Wald schrecklich verlaufen. So wurden aus einer Stunde Laufen ungefähr drei.«
»Ein Grund mehr, sich mir anzuschließen«, folgerte
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