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Ausflug ins Gruene

Ausflug ins Gruene

Titel: Ausflug ins Gruene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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Mit den allerbesten Wünschen verbleibe ich Ihr Robert Weinand.‹ Es folgte erneut die Filmmusik und dann ein Pfeifton.
    »Robert, deine Sprüche werden immer schlechter«, begann ich, »meld dich trotzdem mal bei mir!« Ich nannte die Telefonnummer der Dreisams. »Es läuft einfach alles schief. Ruf heute abend an, wenn du dich an meinen neuesten Mißerfolgen laben willst! Wenn ich nicht da bin, bin ich wahrscheinlich gerade damit beschäftigt, meinen Frust in irgendeiner dämlichen sauerländischen Biersorte zu ertränken.« Ich legte auf. Dennoch wollte ich diesen vergeigten Tag noch irgendwie sinnvoll nutzen und beschloß, zur Schule zu fahren. Auf dem Lehrerparkplatz standen diesmal zwei Autos. Schlechtgelaunt trottete ich zum Haupteingang. Er war offen, doch als ich um die Ecke guckte, war die Tür zum Sekretariat geschlossen. Auch nach mehrmaligem Klopfen tat sich nichts. Ich machte mich daher auf den Weg zum Lehrerzimmer. Als ich eintrat, störte ich eine kleine Gruppe auf, die in einer Besprechung war. Die vier Leute, drei Männer und eine Frau, saßen ziemlich dicht an der Tür und brachen ihr Gespräch abrupt ab, als ich hereinkam. Überrascht nahm ich wahr, daß HeSieda dabei war. Also doch nicht ein übergeschnappter Hausmeister, sondern ein neurotischer Lehrer.
    »Guten Morgen!«, sagte ich selbstbewußt, »mein Name ist Jakobs. Ich fange nach den Ferien hier als Geschichts- und Deutschlehrer an.«
    Ich sah mit Wohlgefallen, daß HeSiedas Gesichtsfarbe sich deutlich änderte.
    »Ach, Herr Jakobs!« Einer der Männer stand auf, um mich zu begrüßen. »Radebach. Wir hatten indirekt schon miteinander zu tun. Schwester Gertrudis rief mich gestern an, um nach Ihren Unterlagen zu fragen. Darf ich Ihnen vorstellen: Frau Erkens, Herr Brussner und Herr Sondermann. Wir basteln gerade an der Stundenverteilung fürs nächste Halbjahr. Dabei hatten wir natürlich auch mit Ihnen zu tun.«
    Frau Erkens war eine hoch aufgeschossene Frau, irgendwo zwischen vierzig und fünfzig. Ihre glatten Haare, deren Farbe sich undefinierbar zwischen dunkelblond, braun und grau bewegte, waren kurz und einfallslos geschnitten. Dazu paßte eine altmodische Brille und ihre ernsten Gesichtszüge. Sie musterte mich kritisch, doch ich versuchte, mich nicht verunsichern zu lassen. Herr Brussner war ein junger Kollege, klein, drahtig und mit einem Kopf voller brauner Locken. Am auffälligsten an ihm war seine lange Nase, die alle Aufmerksamkeit unweigerlich auf sich zog. Er grinste mich freundlich an. HeSieda, der mir unter seinem bürgerlichen Namen Sondermann vorgestellt worden war, nickte mir nur kurz zu.
    Ich lächelte ihn herausfordernd an. »Wir hatten ja schon das Vergnügen«, sagte ich hämisch.
    »Alle Unterlagen, die ich zusammentragen konnte, habe ich in Ihr Fach gelegt. Ich habe Ihnen auch einige Sätze dazugeschrieben«, sagte Herr Radebach und deutete auf mein Fach. »Vielleicht schauen Sie sich erstmal alles an, und fragen mich nochmal, wenn Sie Hilfe brauchen!«
    Ich schien wirklich zu stören. Dieser Herr Radebach, der stellvertretende Schulleiter, hatte es eilig, mich wieder loszuwerden. Er wirkte eigentlich ganz sympathisch, ein ziemlich bulliger Typ mit Halbglatze und runder Brille. Ich dankte ihm und machte mich daran, die Blätter und Bücher durchzusehen, die er mir zurechtgelegt hatte. Eine Aufstellung der Klassen, die ich unterrichten sollte, lag zuoberst. Ich sah mit Erleichterung, daß ich fast ausschließlich in der Unter- und Mittelstufe eingesetzt war, in der Oberstufe hatte ich es vorerst nur mit einem Grundkurs der Jahrgangsstufe 11 zu tun. Ich errechnete vierzehn Stunden Deutsch und zehn Stunden Geschichte. Verschiedene Deutsch- und Geschichtsbücher waren zusammengestellt worden. Es waren die Bände, mit denen ich im kommenden Schuljahr arbeiten mußte. An die Aufstellung der Klassen war ein Auszug aus dem Lehrplan geheftet, in dem die relevanten Stellen angestrichen waren. Handschriftlich war hinzugefügt worden »Lieber Herr Jakobs, der Lehrplan wird Ihnen nicht allzu hilfreich sein. Am besten wäre es, wenn Sie sich mit der Frau des verstorbenen Herrn Langensiep in Verbindung setzten. Sie kann Ihnen sicherlich die Unterlagen Ihres Vorgängers ausleihen. Daran können Sie dann sehen, was die Klassen bisher gemacht haben. Die Anschrift von Frau Langensiep ist im Sekretariat zu erfragen. Mit freundlichen Grüßen, Radebach.«
    Ich blickte zu Radebach hinüber. Er hatte sich ja richtig Gedanken in meiner

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