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Ausflug ins Gruene

Ausflug ins Gruene

Titel: Ausflug ins Gruene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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auch neue Kraft und verfiel in einen Trab. Plötzlich hörte ich ein Auto hinter mir. Ich ruderte heftig mit den Armen, um es zum Halten zu bewegen. Vergeblich. Eine Frau mit einem erschrockenen Gesichtsausdruck gab nochmal extra Gas, damit ich bloß nicht in ihr fahrendes Vehikel hechten konnte. Ich schimpfte hinter ihr her und lief weiter. Schon hörte ich das nächste Fahrzeug. Diesmal stellte ich mich mitten auf die Straße, und während ich noch überlegte, in welchem amerikanischen Spielfilm ich kürzlich erst eine solche Szene gesehen hatte, bremste das Auto. Ich ging auf die Beifahrertür zu. Natürlich war es ein Actionthriller gewesen. Allerdings hatte in diesem Streifen das gehetzte Opfer einer Verfolgungsjagd heftig geblutet und war daher irgendwie eher legitimiert zu solch einer spektakulären Halteaktion. Ich öffnete die Beifahrertür und wollte gerade zu einer kurzen, aber eindrucksvollen Entschuldigungs- und Bettelrede ansetzen, als mir eine verführerische Stimme entgegenschallte: »Oh Vinci, welch ein Zufall! Na, wenn das kein Schicksal ist!« Ich erstarrte. Im Auto saß Friederike Glöckner und blickte mich mit ihren Bassetsaugen verheißungsvoll an. Mit einem Schlag fiel mir ein, wie der Film weiterging. Als der gepeinigte Held sich erleichtert in den Autositz hatte fallen lassen, grinste ihn von der Seite sein Verfolger an. Oh Mann, wäre mir das doch schon eher eingefallen!
    Als ich nach verschiedensten Ausreden und Scheinerklärungen endlich aus Friederike Glöckners Wagen flüchten konnte, mit dem sie mich netterweise zum Bajazzo gefahren hatte, war es viertel vor acht. Ich übersah das Naserümpfen, das der Kellner angesichts meines verschwitzten Outfits an den Tag legte, und schaute mich hektisch im Innern des Restaurants um.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein?« näselte der Kellner arrogant.
    »Ich suche eine Frau!« Ich ignorierte das Grinsen meines Gegenübers.
    »Sie hat lange, rotbraune Haare und–«
    Der aalglatte Typ unterbrach mich. »Sie ist vor fünf Minuten gegangen und – wirkte ziemlich verärgert.«
    Ich stöhnte und ging zur Tür, um für den Kellner und die restlichen Gäste nicht noch länger der Unterhaltungsknüller des Abends zu sein.
    »Den reservierten Tisch benötigen Sie dann wohl nicht mehr?« Ich warf Luigi Arroganto noch einen bösen Blick zu und verließ das Lokal. Bei den Dreisams angekommen suchte ich im Telefonbuch nach der Privatnummer von Alexa Schnittler. »Schnittler A., An der Bresche 3 – 35343.« Herr Dreisam ließ mich zum Glück allein, als ich die Nummer wählte. Besetzt. Ich versuchte es mehrfach, nach einer Viertelstunde nochmal, nach einer halben Stunde. Immer besetzt. Schnittler, A. hatte offensichtlich den Hörer danebengelegt, und ich konnte sie gut verstehen.
    Am nächsten Morgen versuchte ich es dann in der Tierarztpraxis.
    »Frau Schnittler ist nicht zu sprechen«, wies man mich ab, sie sei »heute überhaupt nicht mehr zu sprechen.« Klar, so hätte ich auch reagiert. Ich wartete bis Mittag ab, weil ich hoffte, sie zum Mittagessen einladen zu können. Um zwölf kaufte ich einen Strauß Tulpen – Rosen wären zu kitschig gewesen – und marschierte zum zweiten Mal in die Tierarztpraxis hinein. Als ich bei der Sprechstundenhilfe nach Frau Schnittler fragte, zeigte man mir offen die kalte Schulter. »Frau Schnittler möchte nicht gestört werden. Können Sie das denn nicht verstehen?«
    »Aber es ist wichtig«, beharrte ich, »ich muß ein Mißverständnis aufklären.« Etwas Besseres fiel mir einfach nicht ein.
    »Frau Schnittler ist beschäftigt, und dabei bleibt es.« Im selben Moment ging eine Tür auf und Alexa Schnittler trat aus dem Behandlungszimmer. Als sie mich wahrnahm, verdunkelte sich ihre Miene. Ich trat ihr entgegen.
    »Ich möchte mich entschuldigen. Es war so–«
    »Es tut mir leid«, unterbrach sie mich, »aber ich habe leider im Moment keine Zeit für Sie oder Ihren neurotischen Hund. Vielleicht wenden Sie sich besser an Herrn Dr. Hasenkötter persönlich!«
    Auf eine solche Abfuhr war ich nicht vorbereitet gewesen. Noch während ich nach Worten rang, kam jemand aus dem Wartezimmer. Natürlich, es war der Schönling, den sie auch in der Kneipe im Schlepptau gehabt hatte. Er half Alexa in die Jacke, und beide gingen an mir vorbei nach draußen. Ich war zu perplex, um noch irgendetwas zu sagen.
    »Selbst schuld!«, meinte die Sprechstundenhilfe.
    »Ich weiß«, sagte ich trotzig, »aber es war wirklich ein dummes

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