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Ausflug ins Gruene

Ausflug ins Gruene

Titel: Ausflug ins Gruene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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Schließlich-«
    »Warum? Das kann ich Ihnen sagen! Weil ich mich seit Jahren abstrampele in diesem Laden! Und wofür? Für einen warmen Händedruck. Statt dessen befördert man Sie, die Sie nicht die geringste Ahnung haben, wie man einen Computer auch nur anstellt, geschweige denn sich in einem Stundenplanprogramm zurechtfindet.«
    »Unterstehen Sie sich!« Frau Erkens kam jetzt auch in Fahrt. »Was bilden Sie sich eigentlich ein? Meinen Sie, Sie sind der einzige, der für diese Schule etwas tut? Wenn ich die Stunden zusammenrechnen würde, die ich freiwillig hier zugebracht habe, um die Oberstufenkoordination zu organisieren, würden Sie blaß werden. Oder haben Sie auch nur ein einziges Mal das Informationsgespräch für die elfte Jahrgangsstufe in die Hand genommen?«
    »Hören Sie mir bloß damit auf! Das ist nichts gegen die Aufnahmegespräche für Neuzugänge. Ich glaube nicht, daß Sie, wie ich, an jedem Tag dabei waren!«
    »Oh ja, wie recht Sie haben!«, Frau Erkens Stimme bekam eine Schärfe, die mir Angst machte, »Ich war nicht jeden Tag von morgens bis abends dabei, weil es mich anekelt ansehen zu müssen, wie bestimmte Leute alles tun, um sich bei der Schulleitung ins rechte Licht zu rücken. Das ist ja abstoßend! Ich suche meine Aufgaben lieber in weniger aufsehenerregenden Bereichen, aber im Vergleich mit Ihnen leiste ich für diese Schule ein Mehrfaches.« Die folgende kurze Gesprächspause überraschte mich. Ich hatte von Sondermann jetzt einen Frontalfaustschlag erwartet.
    »Ich will Ihnen nur eins sagen!« Es kostete Sondermann hörbar Kraft, ruhig zu sprechen. »Sie werden in dieser Position nicht glücklich werden, solange ich in diesem Haus arbeite. Darauf können Sie sich verlassen! Und jetzt stecken Sie sich Ihren Stundenplan an den Hut! Suchen Sie sich doch einen anderen Dummen, der für Sie die Arbeit macht!« Eine Sekunde später hörte ich, wie die Tür zugeschlagen wurde. Der Kampf war also fürs erste vorbei. Ich atmete tief durch, verrichtete nun endlich, was man auf Toiletten so tut, und ging zurück ins Lehrerzimmer. Sondermann war nirgends zu sehen, aber Frau Erkens erschien kurz nach mir im Lehrerzimmer. Ihr strenger Gesichtsausdruck war noch ein wenig verbissener geworden, und sie war entschieden blasser als sonst. Ohne mich wahrzunehmen, ging sie an mir vorbei auf einen jungen Mann zu. In ein Papier vertieft, näherte ich mich den beiden unauffällig.
    »Zwei neue Drucker könnten wir natürlich gut gebrauchen. Es wäre immerhin ein Anfang, um den Computerpool aufzurüsten«, hörte ich den jungen Kollegen sagen. »Ich werde gleich morgen ein paar Angebote einholen. Dann können wir die Sache vielleicht noch vor Schulbeginn über die Bühne bringen.«
    »Das wäre schön! Ach, und dann wäre da noch etwas, Herr Reinke! Ich brauche da etwas Unterstützung bezüglich des Stundenplanprogramms. Sie wissen ja, da blickt im Grunde kaum ein Mensch durch. Könnten wir da vielleicht mal einen Termin vereinbaren?« Herr Reinke zückte bereitwillig seinen Lehrerkalender und handelte mit Frau Erkens einen Tag aus. Mann oh Mann, dachte ich. Frau Erkens sollte man nicht unterschätzen. Ihre Fähigkeit zu taktieren war nicht übel. Im selben Moment klopfte mir jemand auf die Schulter.
    »Hunger auf Griechisch?« Leo suchte jemanden, der mit ihm essen ging.
    »Nach Essen ist mir eigentlich gar nicht zumute«, murmelte ich, »ich muß wohl eher was verdauen.«
    Im Auto erzählte ich von meinem Toilettenerlebnis.
    »Puh, das sitzt aber tief bei denen!«, meinte Leo, »Das hätte selbst ich nicht gedacht.«
    »Das kannst du aber laut sagen! Ich dachte schon, die schlagen sich gleich die Köpfe ein.« Leo blickte mich plötzlich aus großen Augen an.
    »Guck lieber nach vorne!«, murmelte ich. »Meine Schönheit ist keinen Unfall wert.« Leos Fahrkünste waren mir schon dann nicht geheuer, wenn er einen optimalen Blick auf das Straßengeschehen hatte.
    »Weißt du eigentlich, was du da eben gesagt hast? Das ist ein Motiv. Die beiden haben ein Motiv!« Leo bekam vor lauter Aufregung das Autofahren kaum mehr geregelt.
    »Sowohl Erkens als auch Sondermann waren scharf auf Langensieps Stelle. Sie hätten beide Grund gehabt, ihn umzubringen.«
    »Ist das dein Ernst?« Zum Glück hielt Leo den Wagen jetzt auf dem Parkplatz vor dem Restaurant an, so daß ich nicht weiterhin einen Teil meiner grauen Zellen dem Aufsetzen eines originellen Grabspruchs widmen mußte. »Du glaubst doch wohl nicht im Ernst,

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