Ausflug ins Gruene
erübrigt«, dröhnte Robert, der in kürzester Zeit eine Weinflasche geleert hatte. Max setzte sich in die Runde, immer noch etwas peinlich berührt, aber angesichts des Weines aufgeschlossener den Dingen, die da kommen sollten. Mir jedenfalls reichte es. Ich schnappte mir in der Küche eine Flasche Wein und verzog mich ins Schlafzimmer. Bis zu dem Zeitpunkt, da ich endlich einschlief, hatte mich noch keiner meiner Gäste vermißt.
23
Beim Aufwachen am nächsten Morgen dauerte es ein paar Minuten, bevor ich rekapitulieren konnte, was am vergangenen Abend passiert war. Als ich den Hergang des Abends bis zu meinem Abtauchen auf der Reihe hatte, stellte sich die Frage, ob sich noch Teile meines unglückseligen Besuchs in der Wohnung aufhielten. Außer diversen Gläsern und Weinflaschen befand sich ein schlafendes Bündel auf dem Sofa, das sich bei genauerem Hinsehen als Robert entpuppte. Alle anderen waren Gott sei Dank ausgeflogen. Ich öffnete das Fenster, um den unseligen Alkoholgeruch zu mildern, und räumte Gläser und Flaschen weg. Robert rührte sich die ganze Zeit nicht, sondern lag da wie tot. Wie tot. Ich weiß nicht, ob es die Beschäftigung mit dem Tod Bruno Langensieps war, die mir plötzlich diese Flause in den Kopf setzte. Auf jeden Fall stürzte ich mich auf einmal wie ein Wilder auf Robert, von einer plötzlichen Panik befallen.
»Robert, Robert!« Ich rüttelte ihn, als müsse ich ihn in drei Sekunden aus einer Ohnmacht befreien. Robert sprang hoch, den Schrecken in seinem verschlafenen Gesicht.
»Was ist los? Was ist denn los?«
»Mein Gott, ich dachte schon, du seist tot.« Ich atmete hörbar auf.
»Bist du verrückt geworden?« Mein alter Freund sah mich verständnislos an. Nachdem sein Fortleben gesichert war, entfachte sich mein Zorn über den vergangenen Abend aufs neue.
»Ich glaube, ich sollte lieber dich fragen, wer hier verrückt ist. Ich dachte, du bist ein Freund. Statt dessen platzt du hier herein und versuchst, der Frau meines Lebens durch großkotzige Komplimente zu imponieren.«
Robert hielt sich die Hände vors Gesicht. »Oh Mann, ich glaube, da habe ich Mist gebaut.«
»Komm mir jetzt nicht mit alberner Betroffenheit! Was sollte das ganze Theater denn? Du warst ja kaum wiedererkennen. Was ist nur in dich gefahren?« Robert hielt sich den Kopf, als müsse er gegen starke Kopfschmerzen ankämpfen. »Ich weiß auch nicht. Ich bin gestern einfach durchgedreht. Sonja hat angerufen und wollte mich wiedersehen.« Ich stöhnte. Nicht schon wieder! Sonja war eine Ex-Freundin von Robert, die etwa jedes halbe Jahr anrief, um ihm aufs neue den Kopf zu verdrehen und sich dann nach ein paar Tagen wieder aus einem Leben zu verabschieden. Wie ein unmündiges Kind spielte Robert das Drama jedesmal mit und fiel anchließend in eine Wochen anhaltende Trauer. »Laß mich raten! Sie meinte, ihr beide solltet es nochmal miteinander versuchen. Sie hätte da sicher in der Vergangenheit ein paar grobe Fehler gemacht. Vielleicht solltet ihr euch mal in aller Ruhe treffen und darüber s prechen. War es so?«
»Nein, es war nicht so.« Robert schaute mich trotzig an. »Diesmal hat sie mir gesagt, daß sie heiraten will.« »Aber doch hoffentlich nicht dich?«
»Unsinn! Sie hat angeblich den Mann ihrer Träume ge troffen und will ihn nächste Woche heiraten.«
»Auch wenn es bitter klingt und für den Mann, den es trifft, eine Tragödie bedeutet: Für dich ist es das beste, was überhaupt passieren kann.«
»Sonja macht sich doch unglücklich. Sie kennt den an deren Kerl doch kaum.«
»Das ist ja ihr Problem. Aber auf diesem Wege begreifst du endlich, daß es keinen Sinn hat, noch länger auf das ewige Happy End zu warten. Hab ich nicht recht?«
Robert überhörte meine Ansichten. »Auf jeden Fall war ich gestern abend völlig fertig. Um auf andere Gedanken zu kommen, hab ich mich ins Auto gesetzt und bin zu dir gefahren. Eigentlich wollte ich mit dir einen gemütlichen Männerabend verbringen.«
»Gegen einen Frauenabend hattest du dann aber auch nichts einzuwenden!«
»Erinnere ich mich richtig? Bist du frühzeitig ins Bett gegangen?« Robert schien sich tatsächlich nicht mehr so genau der Ereignisse zu entsinnen.
»In der Tat! In Anbetracht eines röhrenden Hirsches, einer staunenden Kuh und einer kreischenden Hyäne konnte ich es nicht mehr länger hier aushalten.«
Robert stöhnte und ließ sich rücklings auf die Couch fallen. »War es wirklich so schlimm?« Dann setzte er sich
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