Ausflug ins Gruene
plötzlich wieder auf. »Wenn ich deine gehaltvolle Symbolik schon am frühen Morgen richtig verstehe, hast du die Frau deines Lebens gerade als staunende Kuh bezeichnet oder nicht?«
»Nun ja, sie hat sich von dir hinreißen lassen. Eine Kuh ist sie natürlich nicht.«
Robert stützte jetzt seinen Kopf auf den Arm. »Sag mal, Vinz, bist du richtig verliebt?« Mir schoß das Blut in den Kopf wie einem pubertierenden Dreizehnjährigen.
»Ich kenne Alexa noch nicht lange, wir haben uns erst ein paar Mal getroffen. Aber es stimmt zwischen uns. Wir können viel zusammen lachen, wir haben in vielem die gleiche Meinung.«
Robert wurde ungeduldig. »Jetzt sag schon! All das trifft schließlich auf mehrere Frauen zu.«
Ich gab nach. »Ja, ich bin verliebt. Seitdem ich Alexa zum ersten Mal gesehen habe, ist sie mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Ich habe inzwischen viel Verrücktes erlebt. Ich habe eine Unmenge Leute kennengelernt, seitdem ich hier wohne. Ich ersticke in Arbeit. Aber trotzdem geistert mir fast die ganze Zeit Alexa durch den Kopf. Ihre Locken verfolgen mich im Schlaf und ihr Lachen haut mich vom Frisierstuhl. Von ihren Augen gar nicht zu sprechen. Seitdem ich sie kenne, grüße ich jeden Hund auf der Straße, weil er ihr Patient sein könnte. Ich überlege Strategien, wie ich sie wiedersehen könnte, ohne aufdringlich zu sein. Jedes Stück Literatur, das ich für den Unterricht bearbeite, beziehe ich auf sie. Ich bereite gerade das Thema Barocklyrik vor und sehe bei jedem Liebesgedicht Alexa vor mir. Und bei all dem versuche ich natürlich mal wieder, unheimlich cool zu wirken.« Robert hatte mich mit offenem Mund angestarrt und fassungslos zugehört.
»Mein Gott«, stotterte er nach Abschluß meiner Rede, »diese Angelegenheit scheint ernst zu sein. So habe ich dich ja noch nie erlebt.«
»Und dann kommst du Trottel und machst alles kaputt!« Vor lauter Aufregung stand ich auf und lief um den Tisch. »Natürlich schwärmt sie jetzt für dich, den charmanten Doktor der Geschichte, intelligent, vielseitig, gut aussehend. Vermutlich sucht sie bereits eine Stelle in Köln, um bloß nichts anbrennen zu lassen.«
»Du spinnst ja!« Robert setzte sich gerade hin. Wahrscheinlich meinte er, seine Argumente wirkten so überzeugender, als wenn sie von einem noch halb betrunkenen, darniederliegenden Suffkopp gesprochen wären. »Ich gebe zwar zu, daß ich nett, hilfsbereit und humorvoll bin.« Er lachte gewinnend. »Kurz: ich bin ein guter Freund. Aber ich bin beileibe kein gewiefter Aufreißer. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, daß deine Alexa mich nach diesem Abend für einen ausgemachten Schwachkopf hält.« Er hielt sich den Kopf, der mehr als zwanzig Worte auf einmal offensichtlich nicht vertrug. Stöhnend legte er sich wieder hin. »Leider kann ich es ihr auch nicht verdenken.« Ein letztes Mal hob er noch den Kopf. »Vinz, es tut mir aufrichtig leid, daß ich dir den schönen Abend vermasselt habe. Es gibt keine Entschuldigung dafür außer meinem aufgewühlten Gemütszustand, der nach Bestätigung und Geselligkeit verlangte. Wenn du willst, kannst du Alexa erzählen, ich sei dreifach geschieden und hätte vier uneheliche Kinder zu versorgen. Aber ich glaube, das ist gar nicht nötig. Wenn’s dir nichts ausmacht, schlaf ich jetzt noch ein Ründchen.«
Ich ließ den noch halb betrunkenen, darniederliegenden Suffkopp ruhen und wählte in meinem Schlafzimmer Leos Nummer. Er meldete sich sofort.
»Leo, ich habe Neuigkeiten, die dich umhauen!« Ich erzählte ihm von meinem Besuch im Hause Langensiep.
»Puh, das ist starker Tobak! Von Feldhausen und Langensiep in dunkle Geschäfte verwickelt? Ich könnte mir bestenfalls vorstellen, daß sie aus der Schulkapelle zwei Gesangbücher haben mitgehen lassen. Oder vielleicht haben sie das monatlich fällige Kaffeegeld im Lehrerzimmer unterschlagen? Nein, mal im Ernst. Was könnte das sein? Drogen? Diebstahl? Wenn ich mir die beiden vorstelle, hört sich das regelrecht lächerlich an. Vor allem bei von Feldhausen, unserem reichen Hobbylehrer.«
»Es ist die Frage, ob Feldhausen wirklich so reich ist.« Ich berichtete, welche Anspielungen Alexa im Reitstall mitbekommen hatte.
»Vielleicht handelt es sich wirklich nur um ein böses Gerücht«, warf Leo ein, »Feldhausen scheint ja souverän mit dem Vorwurf umgegangen zu sein und hat nachher noch mit deiner Bekannten darüber geredet. Ich werde der Sache mal nachgehen. Ich weiß schon, wie ich da was
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