Ausflug ins Gruene
mich direkt an.
»Ich vermisse vor allem das Kölsch. Außerdem fehlen mir diverse Straßen, diverse Personen, diverse Kneipen.«
»Kurz: Du bist hier sterbensunglücklich.« Alexa nahm einen tiefen Schluck.
»Im Moment bin ich lebensglücklich.«
Alexa schwieg einen Moment, und es lag ein Gefühl in der Luft. Ich verpaßte es und schon war der Moment vorbei.
»Vielleicht bekommst du ja doch noch eine Stelle dort, wo du wirklich hinwillst.« Täuschte ich mich, oder lag in dieser Frage ein Hauch von Provokation?
»Um ehrlich zu sein, ich weiß noch gar nicht, was ich will. Vielleicht ist die Kölner Zeit jetzt einfach vorbei, so oder so. Kann man denn hier glücklich werden? Was meinst du?«
»Man kann!« Alexa sprach mit einer absoluten Sicherheit. »Wenn ich morgens um sieben auf die Höfe rausfahre, wenn die Vögel einen Heidenlärm veranstalten, wenn die Rapsfelder knallgelb blühen, dann habe ich oft das Gefühl, mehr kannst du nicht erwarten. Die Gegend hier ist wunderschön. Man muß diese Dinge nur zu schätzen wissen. Und die Leute hier sind nett, wenn man sie erstmal zu nehmen weiß.«
»Du hast recht. Ich erwarte zuviel. Ich bin erst seit kurzer Zeit hier. Ich muß das Schöne erst noch finden.«
Alexa lehnte sich zurück. »Fehlt dir auch dein Beruf? Ich meine, der als Schreiberling.«
»Es war schon eine aufregende Zeit. Ganz bestimmt. Aber irgendwas drängte mich immer, mich nach etwas anderem umzusehen. Vielleicht hätte ich mich um eine Stelle an der Uni bewerben sollen, als ich als Lehrer nicht unterkam. Aber nach dem Referendariat hatte ich das Gefühl, der Zug sei abgefahren.« Ich machte eine Pause. »Ich glaube, ich bin nicht gerade der geborene Journalist gewesen. Ich schreibe zwar gerne, aber nicht unter dem enormen Zeitdruck, unter dem ich arbeiten mußte. Bei Angie war das anders. Sie machte-«
»Wer ist Angie?« Alexa blickte mich mit unverhohlener Neugier an.
»Meine frühere Freundin. Sie war, sie ist auch Journalistin. Und zwar mit ganzem Herzen.«
»Wart ihr lange zusammen?«
»Fast drei Jahre.« Es war schon etwas absurd, mit Alexa darüber zu reden.
»Im nachhinein wundert es mich fast, daß wir es so lange miteinander ausgehalten haben. Wir sind doch sehr verschieden gewesen. Zu bestimmten Dingen hatten wir völlig unterschiedliche Meinungen.«
»Zum Beispiel?« Es war mir etwas peinlich, darüber zu sprechen.
»Zum Beispiel über Bücher. Zum Beispiel über Humor. Zum Beispiel über Zukunft. Zum Beispiel über Kinder. Für Angie war das überhaupt kein Thema. Für sie stand ihre Karriere im Vordergrund. Alles, was sie beruflich behindert hätte, war für sie tabu.«
»Und du willst Kinder?« Alexa versuchte ganz offensichtlich cool auszusehen.
»Natürlich. Meinst du, ich wollte den Job ewig machen? Ich werde die erstbeste Gelegenheit nutzen und in den Erziehungsurlaub entschwinden.«
»Na, dann viel Glück auf der Suche nach der passenden Geldgeberin!« Alexa nahm einen tiefen Schluck aus ihrem Glas. »Übrigens hatte ich gestern eine aufregende Begegnung mit deinem Kollegen von Feldhausen. Er hat mich vor den Armen eines Wüstlings namens Wüstenberg gerettet.«
Bei dem Namen Feldhausen war ich hellwach. »Erzähl! Was ist passiert?«
Alexa berichtete im Detail, was ihr am Tag zuvor widerfahren war. Besonders hellhörig wurde ich bei den Anspielungen, die dieser Wüstenberg gegen Feldhausen vorgebracht hatte. Diesem Gerücht um Feldhausens Finanzknappheit mußte ich unbedingt nachgehen. Vielleicht kamen wir dem Geheimnis um Langensiep und von Feldhausen so auf die Spur. Ich wollte Alexa gerade noch eine Frage dazu stellen, als es plötzlich schellte. Es war halb zehn am Abend, und ich stand irritiert im Treppenhaus, neugierig, wen mir das Schicksal diesmal ins Haus tragen würde. Die Überraschung war perfekt.
»Vincent, altes Haus! Dein treuester Freund will sehen, ob es dir in der Wildnis gut ergeht.«
Ich stöhnte. »Robert, warum hast du nicht vorher ange rufen?«
Mit Entsetzen sah ich, daß er einen Schlafsack unter dem Arm trug.
»Warum? Na, weil ich dich überraschen wollte. Ich störe doch nicht etwa?«
»Nur unwesentlich. Ich habe gerade Besuch.«
»Eine schöne Wohnung hast du«, Robert hatte sich inzwischen den Weg an mir vorbei nach innen gebahnt, »wie viel bezahlst du denn im Monat?«
Unterdessen war er ins Wohnzimmer gestolpert, und ich merkte, daß es keinen Sinn hatte, die frühzeitige Wendung des Abends zu unterbinden.
»Tut mir
Weitere Kostenlose Bücher