Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)
und genug vom Versteck spielen, nur wenn sie dann nicht rechtzeitig den Absprung schaffen, beginnt dieser unsägliche Teufelskreis. Dann wird aus der Affäre eine Beziehung, die sie eigentlich nicht haben wollten, spätestens dann fangen die Weiber mit ihrem Forderungskatalog an. Du sollst sie mitnehmen zu Deinen Freunden, auf Einladungen, sie wollen mit Dir shoppen, auf Reisen gehen und am Ende noch zusammenziehen. Besonders unangenehm sind die Ladies, wenn sie dich heiraten wollen oder vielleicht noch ein Kind von dir wünschen. Denn all das wollen wir Männer in der Regel nicht. Die Liebesbeziehung wird dann zum Alptraum, aus dem du plötzlich nicht mehr heraus kommst. Und genauso war das bei den Beiden.“
Josef glaub te über geheime Liebschaften und das Innenleben der menschlichen Kreaturen verdächtig gut Bescheid zu wissen, er schien seine Erkenntnisse aus einem reichhaltigen Fundus zu schöpfen. Verblüfft über seine selbstkritische Offenheit folgte Olivia seinen Ausführungen über eine ihr unerträgliche Tatsache. Die eindeutige Diskrepanz der Geschlechter. Gelesen hatte sie viel darüber.
„Männer sind anders, Frauen auch. Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“, und wie diese ganzen literarischen Ergüsse zur Erklärung zwischenmenschlicher Differenzen so hießen. Sie selbst hatte jahrelang gehofft, gewinnbringende Erkenntnisse durch den Konsum unzähliger Niederschriften zu erreichen, um ihrem von Enttäuschungen geprägten Liebesleben doch noch eine positive Wende zu geben, allerdings erfolglos. So waren die von ihr als unbrauchbar definierten Werke auf dem Flohmarkt gelandet. Vielleicht brachte Josef die nötige Erhellung, um das männliche Wesen besser zu verstehen und einfangen zu können. Sie beschloss, seinen Redeschwall im stinkenden Zigarettenqualm weiter auszuhalten. Alles war ihr plötzlich egal, verkrampft blieb sie sitzen, und Josef baute sich schulmeisterlich vor ihr auf.
„Machen wir uns doch nichts vor, Olivia. Männer sind schwanzgesteuert. Das ganze Gedöns mit dem Vorspiel, die vorgeschobenen Aktivitäten am Rande, zu denen man sich am Anfang trifft. Essen gehen, ausgehen. Die ermüdenden Gespräche, bei denen der Könner eben die Frauen reden lässt, damit sie sich gut und verstanden fühlen, haben doch nur das Ziel, sie einzufangen und flachzulegen. Wenn das gelungen ist, probierst Du noch ein bisschen aus, was alles geht, und das bringt den Fun. Jede Frau ist anders im Bett, aber außerhalb sind sie dann eben doch alle gleich. Emotional, fordernd, neugierig, zu neugierig, und mischen sich in dein Leben ein. Sie versuchen das zumindest, und Frank, dieser Trottel, hat es bei Saskia zugelassen. Schon nach einem halben Jahr wollte er sie wieder abschießen, als er sie durch hatte. Sogar schriftlich hat er ihr das Aus mitgeteilt, aber das Biest wusste, wie sie ihn immer wieder heiß macht. Da könnte ich Dir Storys erzählen.“ Je weiter er ausholte, umso klarer wurde Olivia, dass seine Beobachtungen sich mit ihren nicht deckten, und sie versuchte zu widersprechen:
„So egal war sie ihm nicht, Josef, sonst hätte er wohl kaum mit ihr geplant, nach Kanada auszuwandern, um dort eine Praxis aufzubauen.“ Josef lächelte mitleidig.
„Ja, wollten sie das? Das glaubst Du doch nicht wirklich, mein Mädchen, er hat ihr das erzählt, weil sie so was hören wollte, er hat sie damit froh gemacht, um seine Ruhe zu haben.“
„Ich bin nicht Ihr Mädchen, okay?“ Olivias Wut auf diesen blasierten Typen wuchs von Minute zu Minute. „Entschuldige, Olivia, wenn meine Worte Dich verletzen“, lenkte er nun ein.
„Selbst wenn er gewollt hätte, er hätte nicht gekonnt. Frank hat Schulden ohne Ende, die Praxis läuft nicht mehr so gut. Die Gesundheitsreform macht ihn platt. Nach dem ersten Quartalsdrittel lohnt sich das Arbeiten nicht mehr. Die Quellen versiegen zu schnell, er verdient nichts mit weiteren Behandlungen von Kassenpatienten, und seine private Kartei ist zu mager. Das Personal musste er schon reduzieren, und dann hat er vier Kinder in der Ausbildung, und seiner Frau gehört der Laden auch noch zur Hälfte. So jemand denkt doch nicht ans Auswandern mit einer Tussi, die nichts auf den Rippen hat!“
Das war zu viel, sie schnellte vom Stuhl hoch und protestierte.
„Das ist nicht meine Sprache, unterlassen Sie bitte diese primitive Ausdrucksweise. Es mag ja sein, dass Sie viel besser informiert sind als ich, und es hat mich bislang auch nicht
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