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Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)

Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)

Titel: Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mali Benro
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diesen Anblick ertragen musste. Da war sie, die Chance, zum Greifen nah, und er traute sich nicht, plagte sich mit Gewissensbissen statt zuzupacken. Jämmerlich war ihm zu Mute. Er blieb ein Stümper, ein Versa ger, zu dumm und hässlich für alle Frauen dieser Welt, nicht wert, geliebt zu werden. Verurteilt, bei seiner kranken Mutter zu wohnen, sie zu pflegen und ihr zu dienen. Wieder einmal war das Leben ungerecht mit ihm und er Opfer seiner anerzogenen Moral. Die Erregung unterdrückend entschied er, die Frau zu retten.
     
    „Ruhig, bleiben Sie ruhig, ich will Ihnen doch nur helfen“, seine Stimme war ganz leise. Vorsichtig nahm er ihren dünnen Arm, der sich nicht mehr wehrte, und bog ihr Handgelenk zur Seite, um die Fessel zu lösen. Nachdem die Handschelle aufsprang, versuchte er, den Strick, mit dem sie sich den Arm oberhalb des Ellenbogens abgebunden hatte, zu lösen, sie stöhnte, als er an dem fest geschnürten Knoten zerrte. So ging es nicht, er musste den Strick durchschneiden. Hastig zerrte er sein Schweizer Taschenmesser aus der Hosentasche, das er immer bei sich trug. „Ich sterbe“, hauchte sie.
    „Nein, sie sterben nicht, sagen Sie mir Ihren Namen“, befahl er und versuchte, sie zum sprechen zu motivieren, damit sie wach blieb.
    „Wie heißen Sie?“, fragte er immer wieder. Aber es kam keine Antwort. Tränen schossen in seine Augen, weinend beugte er sich wieder über sie, mit dem Messer in der Hand, und durchtrennte die Kordel, der Arm sank nieder wie ein welkes Blatt. Er redete weiter, immer weiter.
    „Es kommt gleich ein Arzt“, doch sie schwieg. So kämpfte Gunter Brecht um das Leben zweier Menschen, gegen den Tod, gegen den Ekel, der ihm die Luft abschnürte, gegen die Angst, schwach zu werden und zu versagen. Ja, er hatte angepackt und er hatte geholfen, das hätte doch jeder getan in diesem Moment. Und das sollte ihm jetzt zum Verhängnis werden? Ihn ins Aus manövrieren? Die schrecklichen Bilder verfolgten ihn, ihr Wimmern dröhnte in seinen Ohren, und der Blick dieser wunderschönen Augen, dieser angstvolle Blick hielt ihn gefangen. Sein Magen verkrampfte sich schmerzhaft, Schweiß durchnässte sein Hemd.
    Wie konnte Gott es zulassen, dass ihm solche Ungerechtigkeit widerfährt? Sein Leben lang war er ein treuer Angestellter, nie hatte er sich etwas zu Schulden kommen lassen. 20 Jahre mühte er sich für diesen Laden ab. Schob Überstunden, übernahm Sonderschichten, um ein bisschen mehr Geld zu verdienen, um sich und seine Mutter versorgen zu können, denn sein Einkommen war klein und mager , und die Medikamente für ihre Krankheit kosteten ihn ein Vermögen. Nicht mal einen Pflegedienst konnte er sich für sie leisten, und so war er bei ihr geblieben und sorgte für sie.
    Der „Brechti“, wie ihn die Kollegen nannten, der Brechti war für alle da, und er war der einzige in der Belegschaft mit einem Kosenamen, das sagte doch viel über seine Beliebtheit. Wie oft erledigte er Jobs, die nicht zu seinem Aufgabenbereich zählten. Er stieg in den Keller, um Champagner zu holen, wenn die Bar längst geschlossen war, er hütete Prominentenkinder, wenn sich der Hoteldirektor beliebt machen wollte, er flitzte zum Supermarkt, um Kleinigkeiten wie Pampers oder Schnuller einzukaufen, damit erschöpfte Mütter ausschnaufen konnten. Er stellte sich spät in der Nacht sogar in die Sauna, um einen Aufguss für die Herrschaften zu machen, wenn diese betrunken von irgendwelchen Galas und Ausflügen zurückkehrten, und der Brechti schaute weg und schwieg, wenn dann die Sexorgien mit den Nutten abliefen.
    Wenn die Sonne aufging und alles schlief, sammelte er die verschmierten Handtücher ein, besprühte die verschwitzten Holzbänke mit Desinfektionsmittel, entsorgte den Müll aus dem Fitness- und Wellnessbereich, damit niemand Verdacht schöpfte. Solche Dienste waren für ihn selbstverständlich und wichtig, denn sie brachten eine Menge Trinkgeld, manchmal mehr als seine Tagesgage.
    Natürlich gab es angenehmere Tätigkeiten, natürlich war er als gelernter Hotelfachmann für diese Dienste nicht zuständig, aber er war sich nie zu schade, denn der Kunde ist König, das hatte er als Kind schon gelernt. Das war der Wahlspruch seiner Mutter, wenn sie mal wieder nicht nach Hause kam und er ohne Abendessen ins Bett gehen musste, während sie im Restaurant noch schnell ein Menü zauberte für Spätankömmlinge, die sich nicht an die Öffnungszeiten hielten.
    Zuvorkommenheit und Diskretion waren oberstes

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