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Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)

Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)

Titel: Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mali Benro
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Nachbar lebte schließlich allein.
    Und was war mit all den anderen Anwohnern, den Freunden, der Familie, den Kollegen, seinen Kunden? Was war, wenn sie alle? Die schlimmsten Befürchtungen krochen in sein Hirn, verwandelten sich in Panik, die pulsierend durch seine Blutbahnen schoss. Er schnappte nach Luft und wäre am liebsten zu Boden gesunken, gefallen, gestürzt und nie mehr aufgestanden. Aber er fiel nicht, er stand, und niemand nahm ihm die schwere Bürde ab, niemand eilte zur Hilfe. Er fühlte sich allein gelassen, missbraucht von den Missbrauchern, von Saskia und diesem Dr. Stein und diesem unbekannten Postzusteller, dessen Absicht eindeutig widerwärtiger Natur war. Wütend zerriss er das Stück Papier. Er wollte das Geschehene ungeschehen machen, die Tat verwischen und ignorieren, das Kapitel seiner missglückten Ehe still und leise schließen, wieso um alles in der Welt durfte er das nicht? Wer verfolgte ihn da und wer war so widerlich und feige, ihm anonym diese Kopien in den Briefkasten zu stecken? Warum machte sich dieser Mensch einen Spaß daraus, ihn so zu demütigen? Er wurde also bereits beobachtet, mit Missgunst beobachtet. Das war eine Warnung, die er nicht zu interpretieren wusste. Regungslos stand er im Vorgarten, in kurzer Sporthose und mit Badeschlappen. Dicke Regentropfen fielen vereinzelt vom Himmel und kündigten den Herbst an. Er bemerkte sie nicht. Der Regen wurde stärker und durchnässte sein T-Shirt. Er spürte es nicht. Leichter Wind kam auf und trieb ihm die weichen Tropfen in sein Gesicht. Er wischte sie achtlos weg, blickte verängstigt auf den Zettel und las, dass er mehr über die tragischen Hintergründe auf Seite fünf erfahren sollte. Auf der zweiten Kopie war die Außenfassade des Print Hotels zu sehen und noch mehr Text, den Albert niemals freiwillig gelesen hätte. Aber jetzt war das anders, jetzt rückte die öffentliche Aufmerksamkeit in gefährliche Nähe, er musste informiert sein, um das Geschehen in die richtigen Bahnen zu lenken.
     
    „Wie unsere Zeitung bereits gestern berichtete, geschah hier kurz vor dem Empfang des Internationalen Olympischen Komitees in diesem luxuriösen Hotel das Unglück.“
    Dann wiederholten sich die Details über den Tathergang.
    Der Reporter wollte sich nicht festlegen, wer die Schnitte gesetzt hatte, und berichtete, die Staatsanwaltschaft vermute, dass es sich um Selbstmord handele. Über die weiteren Ermittlungsergebnisse würde die Zeitung ihre Leser auf dem Laufenden halten.
    Das Drama bekam eine Fortsetzung, der Wahnsinn nahm seinen Lauf.
    Albert schlurfte frustriert, die nasse Kälte ignorierend, den Weg zur Haustüre. In einer halben Stunde sollte er sich mit der Logistin vom Krankenhaus treffen, um die Organspende zu besprechen. Was für ein Tag, was für ein beklemmendes Programm. An Arbeit war da gar nicht zu denken, und auf Greta hatte er auch keine Lust, die würde nur Theater machen, wenn sie feststellte, dass er Saskias Sachen weggeräumt hatte. Ihre Nörgelei und ihre ständigen Provokationen störten ihn seit Gretas Geburt, warum sollte er sich dieses lästige Balg ausgerechnet jetzt antun? Am besten ignorierte er sie und ließ sie einfach bei Olivia. Die würde das schon hinkriegen.
    Insgeheim hoffte er, dass Olivia Gefallen an ihrer neuen Rolle als Ersatzmutter fand und Greta beh ielt. Die Perspektive, mit ihr alleine weiter zu leben, erschreckte ihn. Greta war anstrengend, fordernd, launisch und unberechenbar. Außer ihrem Intellekt gab es nichts an ihr, das ihn begeisterte. Also, weg mit Greta, entschied er, während er die Haustüre aufschloss und den Klingelton des Telefons vernahm. Es war die Sekretärin der Kirchengemeinde aus der Nachbarschaft, die ihn warnte. Etwas Merkwürdiges wäre gestern passiert. Ein Fotograf habe bei allen Anwohnern rund um sein Haus vorgesprochen. Er sei auf der Suche nach einem besseren Standort gewesen, um Alberts Nobelvilla, wie er sein Anwesen nannte, abzulichten und habe ihr sogar Geld geboten für einen Fensterplatz direkt unter dem Dach. Die Nachbarn wären misstrauisch gewesen, da der Fotograf keine Erlaubnis von ihm oder Saskia vorzeigen konnte. Niemand wäre der Bitte nachgekommen, aber jetzt solle er ihr doch verraten, wofür der Mann die Fotos bräuchte? Albert schluckte. Es war nur eine Frage der Zeit; dann würde jeder in der Straße, im Viertel, die Wahrheit erfahren, denn einer würde sicherlich den Artikel lesen und die Nachricht emsig unter das Volk bringen. Davon

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