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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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herauszuholen galt.
    Für Schlaf blieb überhaupt wenig Zeit. Samstagmorgens gingen sie meistens shoppen, mittags war immer ein neues Restaurant zu erkunden, und der Rest des Tages verlief ähnlich wie der Freitagabend. Sonntags, nach einem ausgedehnten Frühstück im Bett und Abschiedssex, der für die Woche reichen musste, ging es dann wieder zum Flughafen, und sobald die Maschine in der Luft war, schlief Markus mit dem zufriedenen Gefühl ein, es geschafft zu haben, wirklich und wahrhaftig. Er führte genau das high energy -Leben, das ihm immer vorgeschwebt hatte, ein Leben, wie es sein sollte: keine Langeweile, sondern jede Minute ausgefüllt mit aufregenden, ja geradezu sensationellen Tätigkeiten.
    Er hatte sich allerdings nie vorgestellt, dass dieses Leben derart anstrengend sein würde.
    Einmal fiel samstagabends auf Grund, wie sich später herausstellte, eines durchgeschmorten Verteilers und einer daraus resultierenden Kaskade von Überforderungen der übrigen Systeme in New York der Strom aus. Amy-Lee und Markus waren gerade dabei, sich für die Einweihungsparty eines neuen Clubs (nur geladene Gäste) herzurichten, als es auf einen Schlag dunkel wurde – das Apartment, die Straßenbeleuchtung, alles. Die Stadt versank im Nichts.
    Sie zündeten eine Kerze an und holten das Radio aus dem Bad, das mit Batterie lief. Ein lokaler Sender verlas eine Durchsage der Polizei, man solle nach Möglichkeit zu Hause bleiben; auch die Metro sei ausgefallen sowie sämtliche Verkehrsampeln. Tankstellen funktionierten nicht, alle Tunnels seien gesperrt, da keine Belüftung möglich war. Man solle auch nicht telefonieren, das Netz sei überlastet, das Mobilfunknetz zusammengebrochen. Die Reparaturen hätten schon begonnen, aber es sei noch nicht absehbar, wie lange sie dauern würden.
    Es war absehbar, dass ohne Strom auch keine Party stattfinden würde, also blieben sie da. Es war eine schwüle Sommernacht, und natürlich funktionierte auch die Klimaanlage nicht mehr. Bald war es in der Wohnung drückend heiß. Sie saßen im Dunkeln nackt auf dem Bett, redeten einfach, erzählten sich gegenseitig ihre Kindheit, Geschichten, die sie sich schon erzählt hatten oder auch nicht. Es war zu heiß für Sex, seltsamerweise. Sie warteten, dass die Lampen und Geräte wieder angingen, und vergaßen auch das Warten irgendwann, ließen einfach nur die Zeit verstreichen. Alles kam zum Stillstand. Die Welt schien aufgehört zu haben, sich zu drehen. Es würde nie mehr anders werden, als es jetzt war.
    Irgendwann in der Nacht wurde es kühler, und sie fanden zueinander. Es wurde eine schweigende, hingebungsvolle, bedächtige Begegnung, ganz anders als die bisherigen hitzigen, wilden Orgasmuswettläufe, Erregungsringkämpfe und Lustgipfeltreffen. Sie hatten alles vergessen, waren einfach zwei nackte Menschen, ein Mann, eine Frau, die taten, wozu Männer und Frauen geschaffen waren.
    Danach Schweigen, eine nasse Hand auf nasser Haut, Halbschlaf. In die Stille hinein flüsterte Amy-Lee: »Ich hätte nie gedacht, dass ich mich mal derart verlieben würde. Nein – das ist mehr als verliebt sein … das macht mir fast Angst …«
    In diesem Moment ging das Licht wieder an. Doch anstatt den Zauber des Augenblicks zu zerstören, vergrößerte es ihn: Im Schlafzimmer war nur eine kleine Lampe an, die nicht blendete. Sie sahen einander unvermittelt in die Augen, und es war, als könnte jeder von ihnen in diesem Moment dem anderen mitten in die Seele schauen, bis hinab auf den Grund. Keiner von ihnen war im Stande, etwas zu sagen, aber das war auch nicht nötig. Markus wusste auf einmal mit atemberaubender Gewissheit, dass sie füreinander bestimmt waren, und dieser Gedanke kam ihm kein bisschen lachhaft vor.
    Gegenwart
    K eith lenkte den Wagen über immer schmaler wer dende Straßen durch die immer tiefer werdende Nacht, erzählte dabei von seinem Ferienhaus, wann und wie er es gekauft hatte und was er und seine Freunde alles so aus Kanada herüberschmuggelten, aber Markus fielen irgendwann einfach die Augen zu.
    Er schreckte hoch, weil es plötzlich so still war. Scheinwerferlicht beleuchtete eine kleine Hütte aus rohen Holzplanken.
    »Bist du okay?«, fragte Keith. Der Motor knackte.
    »Ja«, sagte Markus. »Ja. Ich bin okay.«
    »Du siehst nicht gerade fit aus.«
    »Es geht schon. Es muss ja.«
    »Wieso? Was musst du denn?«
    Markus sah die Hütte an, die Müllsäcke, die sich neben der Treppe zur Tür stapelten, die zwei Butangasflaschen unter

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