Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
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»Gut, dass wir den Geländewagen genommen haben«, rief Werner.
»Ja«, nickte Dorothea. »Ich frage mich, wie seine Kinder jeden Tag in die Schule kommen.«
Nach etwa zwei Kilometern lichtete sich der Wald ziemlich unvermittelt. Der Weg führte durch ein großes gerodetes Feld, auf dem nichts außer einer dünnen Schicht Unkräuter wuchs. Leichter Nebel hing über allem. Es ging sanft abwärts, in eine wohl von einem schmalen Bach geformte geneigte Senke, in der auf halber Höhe und umgeben von Mauern und Zäunen das Anwesen stand.
Es bestand aus mehreren Gebäuden, einigen niedrigen Hütten aus Bruchstein, uralt, mit winzigen Fenstern und mit Schindeln gedeckt, einem großen, allem Anschein nach neu errichteten Haus, einer aus Holz erbauten Scheune und, soweit sie das erkennen konnten, mindestens zwei Treibhäusern. Und außerdem …
»Schau dir das an«, sagte Werner. »Der macht auf Selbstversorger.«
Die Dächer des Hauses und der Scheune waren komplett mit den Paneelen einer modernen Solaranlage bedeckt. Nicht der Typ, den Frieder herstellte, aber immerhin. Angesichts des bedeckten Himmels zweifellos im Augenblick wirkungslos, verstärkte diese Anlage auf eigentümliche Weise den abweisenden Eindruck, den der Hof machte. Alles daran schien zu sagen: Bleib mir vom Leib, Rest der Welt. Ich brauch dich nicht.
Sie hielten vor dem Hoftor, das aus massiven Balken gezimmert und an der Oberkante mit metallenen Dornen versehen war. Es roch nach Misthaufen, als sie ausstiegen. Der Boden war schmutzig. Ein Schwein quiekte irgendwo, und als Werner an dem Strick zog, der eine richtige alte Glocke schwang, gackerten ein paar Hühner erschrocken auf.
»Rustikal, mein lieber Mann«, hörte Dorothea ihn murmeln. Er schien sich unwohl zu fühlen.
Sie hatten auf der Fahrt darüber diskutiert, wie sie das Gespräch beginnen würden. Werner hatte verschlungene Wege erörtert, ihren Überfall zu begründen – denn sie hatten sich, auf Dorotheas entschiedenen Wunsch hin, nicht angekündigt – und auf die Frage hinzuarbeiten, die sie bewegte, nämlich: Warum hatten die Anstätters ihr Haus wirklich verkauft? Dorothea dagegen war dafür, ohne Umschweife mit der Tür ins Haus zu fallen. Deswegen war sie es, die nun den Karton mit den Papieren, die Julian gefunden hatte, unter dem Arm trug.
Wobei die Papiere nicht mehr vollständig waren. Sie hatten die Blätter behalten, die Julian schon beschrieben gehabt hatte, und außerdem einen kompletten Ausdruck des Vortrags.
Schritte waren zu hören. Eine hölzerne Klappe ging auf, und der braun gebrannte Kopf Achim Anstätters sah heraus, die Haare so kurz geschoren, dass sie nur noch ein Schatten auf seinem Schädel waren. »Oh«, sagte er. »Sie?«
»Wir haben im Keller etwas gefunden, das Ihnen gehört«, sagte Dorothea und deutete auf den Karton. »Das wollten wir Ihnen bringen.«
»Warten Sie, ich mache auf.« Er schien alles andere als erfreut.
Das Tor quietschte in den Angeln, als er es öffnete. Im Hof dahinter stand ein unscheinbares Auto mit Ladefläche, daneben ein altmodisches Fuhrwerk. Fliegen schwirrten umher. Hinter einem Lattenzaun käute eine Kuh wieder und schaute herüber, als warte sie nur darauf, eingespannt zu werden. Ein Pflug lag auf einem Gestell, die wie neu glänzenden Schaufeln nach oben gestreckt.
Und Regentonnen. Jede Menge Regentonnen. An jeder Ecke stand eine.
»Sie haben sich hier ja ziemlich autark eingerichtet«, meinte Werner, während Anstätter ihm zur Begrüßung die Hand schüttelte.
Der drahtige Mann, der einen fleckigen Overall trug, lächelte dünn. »Zurück zur Natur. Sie wissen ja, mein Motto.«
Es drohte ein freundlicher Small-Talk zu werden. Zeit, ein wenig Unfreundlichkeit an den Tag zu legen.
»Herr Anstätter«, begann Dorothea, »mein Sohn hat diesen Karton hier in dem alten Gewölbekeller gefunden. Wir haben uns die Papiere darin angesehen und würden gern wissen, was sie zu bedeuten haben.«
Anstätter machte eine vage Bewegung. »Nun ja, ich bin mir jetzt nicht sicher, was genau das für Papiere sind –«
»Entwürfe für einen Vortrag über ein Ölfeld. Wir haben darin gelesen, und seither sind mein Mann und ich nicht mehr einer Meinung. Mein Eindruck ist, dass Sie vor all dem hier Ölingenieur oder so etwas waren, dass Sie entdeckt haben, dass das Öl demnächst enorm teurer werden wird und dass Sie deswegen nach einem Dummen gesucht haben, der Ihnen Ihr aufwändig zu heizendes Haus abkauft. Uns,
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