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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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geselliger als sie; sie freute sich für ihn, dass es ihm gelang, die Kontakte am Leben zu erhalten, an denen ihm viel lag, und darüber hinaus neue zu knüpfen. Immerhin lernte sie auf diese Weise ein paar seiner Kollegen kennen.
    So war es bald eine liebe Gewohnheit, dass Werner sich ab und zu morgens räusperte und sagte: »Übrigens, wenn du nichts dagegen hast, ich würde da gerne jemanden einladen …«
    Auf diese Weise lernte sie Siegmund Müller und seine Frau Margit kennen, nachdem Siegmund und Werner in irgendeinem Arbeitskreis miteinander ins Gespräch gekommen waren.
    Die beiden waren sichtlich beeindruckt von dem Haus, von der Lage, der Aussicht und vor allem von der Ruhe. »Mein Gott, ist das ruhig hier«, erklärte Siegmund mehrmals. »Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt aushalten könnte, so viel Ruhe.«
    Julian kam, gab jedem der beiden artig die Hand und verschwand wieder.
    »Wir arbeiten mit Bestechung«, erklärte Werner grinsend. »Er kriegt die große Packung Fischstäbchen ganz für sich alleine. Mit Mayo.«
    Siegmund nickte. »Fast wie bei uns im Vertrieb.«
    Sie aßen an dem schön gedeckten Esstisch direkt am Fenster, mit Blick auf die schier endlose Ebene, die die untergehende Sonne in ein märchenhaftes Licht tauchte.
    »Wie ein Blick ins Auenland«, meinte Margit ergriffen.
    »Was für ein Land?«, fragte ihr Mann.
    »Auenland. Tolkien. Herr der Ringe.«
    Er nickte verstehend. »Ich bin kein Bücherleser, wisst ihr?«, sagte er zu Dorothea und Werner.
    »Würde dir aber nicht schaden«, meinte Margit. »Zeit genug hättest du, so viel, wie du im Flugzeug sitzt.«
    Nach dem Hauptgang kam, wie meistens, das Gespräch auf Berufliches. Siegmund arbeitete in der Abteilung Nahost / Emirate, wo er für die Betreuung »besonderer Kunden« zuständig war.
    »Das müsst ihr euch so vorstellen, dass ich ungefähr ein Dutzend Mal nach Abu Dhabi oder Kuwait runterfliegen und einem von diesen Scheichs in den Arsch kriechen muss, bis der endlich unterschreibt«, erklärte er, nahm einen mächtigen Schluck aus dem Weinglas und lehnte sich in einer heftigen Bewegung zurück. »Aber das ist dann auch eine Bestellung, so was kriegen die Sonderkundenbetreuer in den anderen Abteilungen im Leben nie zu sehen. So einer kauft nämlich immer gleich eine ganze Flotte, und natürlich nur die Luxusausführung der Oberklasse. Und lauter Sonderwünsche. Auf manche Ideen muss man erst mal kommen, ich sag’s euch. Goldene Lichtschalter, Armaturenbrett aus edelstem Wurzelholz und so weiter, das ist klar und kein Thema. Aber eine Limousine mit verlängertem Radstand und eingebautem Falkenkäfig im Fond? Die Araber sind verrückt nach Falken, ihr macht euch kein Bild. In der Nähe von Abu Dhabi gibt es sogar eine Klinik, in der ausschließlich Jagdfalken behandelt werden. Oder eine Rückbank, die sich auf Knopfdruck in ein Lotterbett ausfaltet? Solche Sachen. Und Geld spielt keine Rolle. Wir können praktisch berechnen, was wir wollen. Unsere Schamgrenze ist das einzige Limit, und an der üben wir ständig.« Er lachte laut auf.
    Dorothea fiel auf, dass sein Knie unentwegt wippte, als könne er nicht einen Moment zur Ruhe kommen. »Ich stelle mir das aber anstrengend vor«, sagte sie, »die ganzen Flüge und so.«
    Margit nickte sofort und entschieden. »Er ist manchmal fix und fertig, wenn er endlich wieder zu Hause ist.«
    Ihr Mann griff erneut nach dem Weinglas. »Klar ist es Stress, aber du kannst so einen Job nur entweder so machen, wie er gemacht werden muss, oder es lassen. Halb geht nicht.«
    »Du könntest es ein bisschen ruhiger angehen. Meine Meinung.«
    Siegmund lächelte zu Werner und Dorothea hinüber, aber es wirkte gezwungen. »Margit liest zur Zeit lauter so Bücher … Entschleunigung , Raus aus der Tretmühle und so weiter. Klingt alles ganz nett, und irgendwie ist ja auch was dran, aber die Realität sieht eben so aus, dass du mit den anderen mithalten musst. Du musst den Einsatz bringen, mit voller Energie, sonst ist es blitzschnell aus mit deiner Karriere. Und dann, hmm? Ich meine, an die ganzen Prämien und Sonderzuschläge und so weiter haben wir uns doch schon ganz schön gewöhnt, oder?«
    Margit musterte stirnrunzelnd ihr Weinglas. »Ja. Trotzdem. Irgendwie wird alles ständig schneller und schneller. Immer mehr Arbeitslose, und gleichzeitig schuften sich die, die Arbeit haben, halb tot. Da kann doch was nicht stimmen.« Sie warf ihrem Mann einen Seitenblick zu, der von zahllosen Gesprächen

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