Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
von der Terrasse zeigte – soweit ein Foto das überhaupt vermochte –, und alle, alle waren sie gekommen. Das war nicht einmal zu ihrer Hochzeit geglückt.
»Mensch, warum habt ihr denn keine Pool-Party gemacht?«, rief Hannes, einer von Werners Freunden aus der Studienzeit, als sie bei der obligatorischen Hausbegehung durch die Schwimmhalle kamen. »Das wäre doch was gewesen!«
Seine Frau, eine kleine Rothaarige, stieß ihn in die Seite. »Du musst gerade reden mit deinem Bauch.«
»Was heißt Bauch? Das ist alles Wohlstand und gute Küche …«
Werner winkte lässig ab. »Die Pool-Party gibt’s das nächste Mal. Wir wollten uns die eine oder andere Steigerungsmöglichkeit vorbehalten, damit ihr auch mal wiederkommt, trotz der Entfernung.«
Nur Dorothea sah ihm an, dass er fast platzte vor Stolz.
Julian verkraftete den Umzug besser, als Dorothea befürchtet hatte. Vielleicht spielte dabei eine Rolle, dass er mit dem eigenen Schwimmbad auf Anhieb so etwas wie ein Star in seiner neuen Klasse war. Praktisch jeden Tag brachte er Schulkameraden zum Baden mit; obwohl Dorothea ihre Bestände an Handtüchern vor dem Umzug verdoppelt hatte, würde sie nicht darum herum kommen, noch einmal aufzustocken. Auch ein halbes Dutzend Bademäntel für Kinder würde nicht schaden.
Zumindest konnte man sagen, dass das Schwimmbad gut genutzt wurde. Werner schwamm inzwischen eisern jeden Morgen seine Bahnen, während sie Julian zur Bushaltestelle fuhr. Dafür musste er das Frühstück fertig haben, bis sie zurück war.
»Man fühlt sich ganz anders«, erklärte Werner jedem, der es hören wollte oder auch nicht. »Fast wie im Urlaub. Selbst wenn man den Tag im Büro zubringt.«
Doch im Lauf der Zeit zeigte sich, dass das Haus am Berg, so wunderschön es war, auch seine Nachteile hatte.
Wirklich beunruhigend war die Sache mit der Heizung. Die Warnung des Vorbesitzers hatte sich als nur zu berechtigt erwiesen. Ja, Dorothea hegte inzwischen sogar den Verdacht, es könnten in Wahrheit die Rechnungen für Heizöl gewesen sein, die die Familie Anstätter dazu bewogen hatten, das Haus zu verkaufen.
Der Tank fasste dreitausend Liter. Das war viel, wenn man ihn auffüllen ließ und nachher sah, was es kostete, aber wenig angesichts des Verbrauchs, den die Heizung an den Tag legte. In der ersten Schlechtwetterperiode, die sie erlebten, sank die Nadel der Tankuhr so schnell, dass man beinahe zusehen konnte – und das im April! Wie es im Winter werden würde, wagten sie sich noch nicht vorzustellen.
Werner war eine Zeit lang überzeugt, der Tank müsse ein Loch haben. Ein Spezialist, den er schließlich kommen ließ, maß nach und kam zu dem Schluss, dass er keines hatte.
»Was können wir denn dann machen?«, fragte Werner. »Das Haus isolieren?«
»Mal sehen«, sagte der Spezialist und untersuchte gleich noch die Wände, die Fenster und den Dachstuhl. Was er vorschlug, lief praktisch darauf hinaus, das Haus neu zu bauen: die Außenmauern mit zwölf Zentimeter dicker Isolation versehen, alle Fenster austauschen, das Dach abdecken, neu isolieren und neu decken, im Inneren einige Zwischenwände einziehen und im Wohnzimmer die Decke niedriger hängen.
»Wie kann man so bauen?«, regte Werner sich auf.
»Das Haus ist in den Sechzigern gebaut worden. Damals hat Öl weniger gekostet als Wasser.«
Zumindest, meinte Werner danach, brauchten sie einen größeren Öltank. Wenn der Tank groß genug für den Jahresbedarf des Hauses war, würde ihnen das erlauben, Öl dann zu kaufen, wenn es am günstigsten war. Er besorgte Prospekte von modernen Tankmonstern, die im Garten vergraben wurden, und machte sich im Internet schlau. Wobei es noch ein, zwei Jahre dauern würde, bis ihr Kontostand eine solche Maßnahme erlaubte.
Allerdings wurde das Heizöl gerade billiger, und es hieß, es solle noch billiger werden. Womöglich würde sich ein Umbau bald gar nicht mehr lohnen.
Der zweite große Nachteil des Hauses war identisch mit einem seiner größten Vorzüge, seiner Abgeschiedenheit nämlich. Natürlich, die Ruhe war himmlisch. Aber zum ersten Mal im Leben fühlte sich Dorothea isoliert, abgeschnitten vom Rest der Welt. Weder Rundfunk und Fernsehen änderten daran etwas, auch Internet und E-Mail nicht. Einzig das Telefon bot Erleichterung. Ihre Telefonrechnungen waren bald dreimal so hoch wie früher. Werner erkundigte sich wegen der Flatrate-Anschlüsse, für die überall geworben wurde, aber es hieß immer: Geht technisch nicht, das
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