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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Frau.«
    Rebecca sah auf ihren Teller hinab, scharrte mit der Gabel in der Soße. »Es werden nicht alle da draußen sterben, weißt du? Mein Vater sagt das. Vielleicht hat sie Glück gehabt, und es geht ihr gut.«
    »Dein Vater?«
    »Der Reverend«, sagte Rebecca.
    Am nächsten Tag nahm ihm Jack die Heugabel aus der Hand und erklärte, er werde ihm jetzt das Schießen beibringen.
    »Das Schießen?«, wiederholte Markus begriffsstutzig.
    »Hast du schon mal geschossen?«, fragte Jack.
    »Nein.«
    »Na also.«
    Sie marschierten zum Haupthaus, das sie diesmal durch einen anderen Eingang betraten. Es ging in den Keller hinab, in einen Raum, in dem entlang der Wände Schränke aus massiv wirkendem Stahl standen. Jack holte einen Schlüssel hervor, den er an einer Kette um den Hals hängen hatte, und schloss einen davon auf. Hinter der Tür hingen fünf Gewehre in Halterungen, am Boden türmten sich Schachteln mit Munition. Jack nahm eine davon. »Fünfzig Schuss«, sagte er und drückte sie Markus in die Hand. »Das ist die Ration für den Unterricht. Beim fünfzigsten Schuss musst du es können.«
    »Okay«, meinte Markus unbehaglich.
    Das Gewehr trug Jack zunächst lieber selber. Er verriegelte alles, dann ging es wieder hinaus in die Kälte. Sie marschierten die Dorfstraße entlang und auf der Seite des Dorfs, die Taggards Haus entgegengesetzt war, in den Wald, bis sie an eine längliche Bodensenke kamen, die offenbar als natürlicher Schießstand genutzt wurde. Auf einem Querbalken am Ende der Senke standen fünf reichlich demoliert aussehende Konservendosen.
    »Also, Regel Nummer eins«, sagte Jack und hob das Gewehr an. »Eine Waffe immer so behandeln, als sei sie geladen. Regel Nummer zwei: Wenn du eine Waffe trägst, muss die Mündung immer auf den Boden zeigen. Regel Nummer drei: Ausgenommen den Fall, dass du absichtlich auf jemanden anlegst, um ihn zu bedrohen oder zu töten …«
    Markus durchfuhr die Selbstverständlichkeit, mit der der rothaarige Hüne vom Töten eines Menschen sprach, wie ein elektrischer Schlag.
    »… darf die Mündung auch beim Hantieren nie auf einen Menschen gerichtet sein. Klar? Wenn ich dich doch dabei erwische, gibt’s zehn Stockhiebe.«
    »Stockhiebe?«
    »Hilft ungemein dabei, die dritte Regel zu beherzigen, glaub mir.«
    Dann erklärte er ihm die Waffe. Wie man sie lud. Wie man sie hielt. Wie man anlegte und zielte. »Entsichert wird erst unmittelbar vor dem Schuss«, schärfte er ihm ein, »und der Zeigefinger bleibt bis zu dem Moment, in dem du abdrückst, außerhalb des Bügels.«
    »Okay«, sagte Markus.
    Jack reichte ihm das geladene Gewehr. Markus hantierte bedachtsam damit, bemüht, die drei Grundregeln einzuhalten, stellte sich in Position, legte auf die erste Dose an und –
    Im Moment des Schusses war ihm, als trete ihm ein Elefant gegen die Schulter. Die Kugel pfiff durch das Geäst davon, und der Gewehrlauf zuckte, wohin er wollte.
    »Typischer Anfängerfehler«, sagte Jack. »Du musst den Kolben fester an die Schulter drücken. Du hast versucht, den Schlag abzufangen – was unmöglich zu schaffen ist. Aber je fester du den Kolben an deine Schulter presst, desto weniger Anlauf kann er nehmen, um dich zu treffen, klar? Du und das Gewehr, ihr müsst eins werden. Der Rückschlag muss auf den gemeinsamen Schwerpunkt von dir und dem Gewehr wirken, dann ist es richtig.«
    Markus brauchte neun Schüsse, bis er das verstanden hatte. Der einundzwanzigste Schuss traf zum ersten Mal die Dose, und ab dem dreißigsten Schuss traf er jedes Mal.
    »Gut«, meinte Jack zufrieden. »Ein Naturtalent, wie es aussieht. Du kannst gleich morgen mit auf Streife gehen.«
    Als Markus an dem Abend zurückkam, hatte Charles Taggard schon einen lecker duftenden Braten auf dem Feuer. Er arbeitete, wie Markus inzwischen mitbekommen hatte, in der Schlachterei und bekam ab und zu ein besonderes Stück ab.
    »Leisten Sie mir Gesellschaft?«, begrüßte er ihn, eifrig dabei, den Braten in seiner Form mit seiner eigenen Soße zu beträufeln. »Ich habe beschlossen, eine der wenigen verbliebenen Weinflaschen zu köpfen. Ein kalifornischer Syrah. Nicht die erste Lage, aber doch ein guter Jahrgang. Vorausgesetzt, und deswegen die Frage, dass mir jemand hilft, die Flasche zu leeren.«
    »In solchen Fällen helfe ich immer gern«, erklärte Markus.
    Das gute Essen, der Wein und das Kerzenlicht machten Taggard redselig. Er erzählte von der Arbeit im Schlachthaus, erläuterte, wie man ein Kalb tötete –

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