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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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standen geflochtene Körbe mit Besteck und Stoffservietten darin, man saß auf Bänken.
    »Ich habe Mark mitgebracht«, verkündete Rebecca allen, die schon da waren. »Er arbeitet im Kuhstall.«
    Allgemeines Nicken ringsum, neugierige Blicke, aber auch kritische, wobei Markus nicht ausmachen konnte, wem diese galten.
    Sie setzten sich an das Ende einer Bank. Markus sah sich rasch um. Es waren nur Frauen anwesend, vorwiegend ältere. Einige konnten, selbst wenn sie schon bei der Gründung des Dorfes dabei gewesen waren, auch damals nicht mehr ganz jung gewesen sein. Sie saßen auf Stühlen entlang der Wände und – strickten. Socken, sah Markus, aber auch Unterwäsche. Mit Schaudern stieg die Vision einer dicken, aus knotiger Schafwolle gestrickten Unterhose vor seinem inneren Auge auf. Er schwor sich, so schnell wie möglich flicken und stopfen zu lernen und auf seine wenigen Unterhosen so gut aufzupassen, wie es nur ging.
    »Essen hier nur Frauen?«, fragte er Rebecca flüsternd.
    Sie schüttelte den Kopf. »Die Männer kommen gleich.«
    Der erste kam zur Tür herein, als hätte er nur auf das Stichwort gewartet; er hatte Holzmehl auf dem Overall. Er schäkerte mit ein paar der Frauen am Eingang, setzte sich, und dann ging es Schlag auf Schlag. Keine fünf Minuten später war der Speisesaal voll besetzt.
    Vier Frauen kamen mit Servierwagen aus der Küche und stellten einen gefüllten Teller vor jeden hin. Der Duft, der davon aufstieg, verschlug Markus für einen Moment die Sprache. Unglaublich. Zum ersten Mal im Leben spürte er am eigenen Leib, wie es ist, wenn einem das Wasser im Mund zusammenläuft.
    Noch aß niemand, also wartete Markus auch, obwohl es ihm schwerfiel. Sobald alle Teller ausgeteilt waren, sprach jemand ein kurzes Tischgebet, in dem wieder der Menschen gedacht wurde, die es nach »dem Zusammenbruch«, wie es hieß, nicht so gut hatten wie sie, dann griff endlich alles nach Messer und Gabel.
    Es war einfach ein Stück gebratenes Fleisch mit Kartoffeln, verschiedenen Gemüsen und einer weißen Soße darüber, aber es schmeckte himmlisch. Wenn es notwendig werden sollte, gestrickte Unterhosen zu tragen, um weiterhin in den Genuss einer derartigen Küche zu kommen, so war das, fand Markus zumindest in diesem Moment, vielleicht doch einer Erwägung wert.
    Die ersten Minuten des Essens vergingen schweigend, dann kamen hier und da gedämpfte Unterhaltungen in Gang, und kurz darauf herrschte der in Speisesälen übliche Geräuschpegel. Worauf Rebecca fragte: »Magst du Pferde?«
    Markus kaute, was ihn davor bewahrte, spontan zu antworten. »Sie sind mir, ehrlich gesagt, eher unheimlich.«
    Das schien sie nicht tragisch zu nehmen. »Ich finde Pferde toll. Im Sommer reite ich immer. Ich kann gut reiten. Wenn du willst, bringe ich es dir bei.«
    Für einen Moment stand Markus ein Bild vor Augen von einem sommerlichen Ausritt zu zweit, von glutender Hitze und einem grünen Blätterdach, einem Lager im Unterholz und zwei verschwitzten, nackten Körpern … Dann atmete er tief durch, das Bild verschwand, und er sagte sich ganz nüchtern und ganz sachlich, dass es vernünftig, ja sogar nötig sein würde, das Reiten richtig zu lernen, um für die Zukunft gerüstet zu sein. »Ja«, sagte er. »Gern. Das wäre toll.«
    Ein strahlendes Lächeln glitt über ihr Gesicht. Mit einem Schlenkern des Kopfes warf sie eine vorwitzige Strähne nach hinten, und in diesem Moment, bei dieser Bewegung erkannte Markus auf einmal, was ihn an ihr faszinierte: Ihr auffallender Lebenshunger, ihre unverblümte sexuelle Bereitschaft erinnerten ihn schlicht und ergreifend an Amy-Lee! Nur mit dem Unterschied, dass bei Rebecca die Konventionen dieser Gemeinschaft und der Religion den Deckel fest auf allem draufhielten. Aber darunter brodelte es, und wie.
    Amy-Lee. Wie es ihr wohl erging? Bestimmt nicht schlecht, bei den Möglichkeiten, die ihr Vater hatte. Bestimmt hatte sie längst den nächsten Liebhaber und verschwendete keinen Gedanken mehr an ihn. So wenig, wie sie je über die Männer vor ihm nachgedacht hatte, als er angesagt gewesen war. Zumal ja er es gewesen war, der gegangen war.
    Es wurde Zeit, dass er darüber hinwegkam. Das alles hatte im wahrsten Sinne des Wortes in einem anderen Leben stattgefunden.
    »Woran denkst du?«, fragte Rebecca.
    »An jemanden, der … wie soll ich sagen …?«
    »Der in den Zusammenbruch geraten ist.«
    »Ja.«
    »Eine Frau?« Der sichere Instinkt der Jägerin.
    »Ja«, sagte Markus. »Eine

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