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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Eindruck, dass seine Muskeln an Umfang zunahmen.
    An einem der folgenden Tage sprach er das Mädchen an. Nichts Großartiges. Er sagte einfach nur »Hallo«, als er hereinkam und sie schon bei dem Schimmel mit der schwarzen Mähne ganz außen zu Gange war.
    Sie lächelte. Aufmunternd. Aufregend. Auffordernd.
    »Macht viel Arbeit, so ein Pferd, was?«, fuhr Markus fort. Es passierte wie von selbst. So ein blöder Spruch! , schalt er sich selbst, kaum dass die Worte über seine Lippen waren.
    Sie lächelte. »Ich mach’s gern.«
    »Sieht man.«
    Sie schien etwas darauf sagen zu wollen, aber stattdessen biss sie sich auf die Lippen und bürstete mit doppelter Geschwindigkeit weiter. Sie ähnelte dem Pferd. Irgendwie. Sie war auch so … ausladend. Energiegeladen. Unheimlich.
    Okay, dachte Markus nach einer Weile, als immer noch keine Antwort kam. Das war’s dann wohl.
    Also widmete er sich den Kühen, füllte ihre Futterkrippen auf. Inzwischen hatte Jack ihn schon so weit befördert, dass ihm gestattet war, den Kühen die Scheiße unterm Hintern wegzuräumen und frisches Stroh hinzuschütten. Eine unangenehme Arbeit, aber irgendjemand musste sie tun. Irgendjemand musste sie schon immer getan haben, auch vor dem Ölschock. Da waren die Kühe auch nicht aufs Klo gegangen und bei Erreichen des Schlachtgewichts von selber zum Metzger spaziert.
    Über all das hatte er sich früher nie Gedanken gemacht, nicht eine Sekunde. Fleisch, das war etwas gewesen, das in Plastik abgepackt und mit Preis und Haltbarkeitsdatum etikettiert im Kühlregal lag. Wenn es nicht ohnehin fertig zubereitet mit einem Teller darunter vor ihm auf dem Tisch gelandet war.
    Dass man das, was man hatte, immer erst zu schätzen lernte, wenn es vorbei war! Was hatte er doch für ein bequemes, erfreuliches, aufregendes und privilegiertes Leben geführt, ohne sich dessen bewusst zu sein. Stattdessen hatte er diese ganze herrliche Zeit damit verbracht, damit unzufrieden zu sein und sich auszumalen, wie großartig es einmal sein würde, wenn er erst Vorstandsvorsitzender war. Milliardär. Besitzer eines Ferraris, einer Luxusvilla, eines eigenen Jets. Was auch immer.
    Und nun war er Stallknecht im ersten Lehrjahr. Vom Millionär zum Tellerwäscher, sozusagen.
    Er war mit den Kühen fertig und wollte gerade gehen, da rief sie: »Du?«
    Markus blieb stehen. »Hmm?«
    »Willst du mit zum Mittagessen?«
    Markus hatte bisher mittags immer nur zwei Brote gegessen, die er sich morgens eingepackt hatte. »Ja. Wohin denn?«
    »Ins Haupthaus.«
    Er hatte keine Ahnung, was sie damit meinte. »Okay. Wenn du mich mitnimmst.«
    Sie kam aus der letzten Pferdebox und verriegelte den Schlag hinter sich. »Komm.«
    Sie wuschen sich nebeneinander die Hände an dem langen Waschbecken aus Stahl. Zwei dünne Wasserstrahlen plärrten auf das Blech herab, so eiskalt, dass die Seife gar nicht richtig schäumte und sie beide knallrote Hände bekamen. Das mit der Seife war blöd; Markus hatte das Gefühl, immer noch zu stinken, als sie aufbrachen.
    »Wie heißt du?«, fragte sie und fügte hinzu: »Ich muss das wissen, damit ich dich vorstellen kann.«
    »Mark«, sagte Markus.
    »Ich heiße Rebecca.«
    »Schöner Name.« Das rutschte ihm einfach so heraus. Ein eintrainierter Reflex aus seiner Aufriss-Zeit an der Uni? Nein, damals hatte so ein Spruch auch schon nicht funktioniert.
    »Findest du?« Sie freute sich richtig. Sie überquerten nebeneinander die Straße, stapften durch den kniehohen Schnee auf ein großes Gebäude neben der Kirche zu. Es war ein beschwerliches Gehen, aber sie hüpfte beinahe. »Weißt du, ich finde, du bist gar nicht so, wie alle sagen.«
    Markus horchte auf. »Ach ja? Was sagen denn alle?«
    »Na, du bist einfach so gekommen, hast nie hier gelebt, hast dich nicht eingekauft und kannst überhaupt nichts Besonderes. Und trotzdem darfst du mit uns überleben. Viele denken, das ist ungerecht.«
    Markus ließ sich das durch den Kopf gehen. »Denkt niemand, dass es eine Gnade Gottes sein könnte?«
    Der Gedanke schien selbst sie zu verblüffen. »Nein«, lachte sie auf.
    Vermutlich, überlegte Markus, war es so, dass jeder in die Kirche ging und nur so tat, als sei er fromm.
    Das Haupthaus war das erste Haus, das er in Bare Hands Creek sah, das ein weiteres Stockwerk besaß. Ein köstlicher Duft nach Gebratenem, nach Kartoffeln und Kräutern schlug ihnen entgegen, als sie, Rebecca voran, die Tür öffneten, die in einen großen Speisesaal führte. Auf den Tischen

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