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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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aber, da deutsche Werkzeugmaschinen in der Welt nach wie vor etwas galten, Chancen aus zu überleben. Diejenigen jedoch, die es am schnellsten vom Platz fegte, waren die Hochspezialisierten, die Start-Ups, die Vorreiter neuer Technologien: jung, erst kurz am Markt und noch im Begriff, sich zu etablieren. Solche Firmen tauchten seit Wochen massenhaft in den Insolvenzlisten auf. Hightechschmelze taufte eine Zeitung das Phänomen, dass die fundamentale Krise einer Technologie, deren Ende ohnehin absehbar geworden war – der des benzingetriebenen Ottomotors –, dazu führte, dass ausgerechnet in den Technologien Knowhow in großem Umfang verloren ging, von denen man sich eine Ablösung und Weiterführung versprochen hatte.
    »Das Einzige, was noch geht, sind Omnibusse«, erzählte Werner.
    Es war spät am Abend, und sie saßen im Wohnzimmer beisammen. Julian, vor dem sie keine Hiobsbotschaften zu diskutieren beschlossen hatten, war längst im Bett.
    »Busse werden geordert wie blöde. Die Amis – du glaubst nicht, was die gerade Busse kaufen. Ich hab heute in der Kantine einen getroffen, der die Amerika-Geschäfte abwickelt; er sagt, sie kommen kaum mit den Exportpapieren nach. Anscheinend sind die jetzt dabei, in ihren ganzen riesigen Vorstädten Nahverkehrsnetze aufzubauen.«
    »Werden in den USA denn keine Busse gebaut?«, wunderte sich Dorothea.
    »Doch, klar. Aber anscheinend nicht genug.«
    Außerdem hatte der Vorstand nun definitiv entschieden, das Neuwagenprojekt, an dem Werner beteiligt gewesen war und das man Anfang Dezember auf Eis gelegt hatte, nicht wieder aufzunehmen. Es würde also keinen Nachfolger für das aktuelle Mittelklasse-Modell geben.
    »Mit anderen Worten«, resümierte Werner, »wir haben zwei-, dreihundert Millionen in den Sand gesetzt.«
    »Es hat ja aber auch keinen Sinn, noch mehr Geld auszugeben für ein Auto, das keiner kaufen wird«, meinte Dorothea.
    Werner sah ins Leere. »Das will mir trotzdem nicht in den Kopf. Ich meine, okay, wir haben eine Krise. Aber eine Krise ist irgendwann auch wieder vorbei. Und dann?«
    Ein Moment des Schweigens schien seine Worte aufzusaugen. Einen Herzschlag lang war es, als hätte er überhaupt nichts gesagt. Dorothea betrachtete das weite, elegante Wohnzimmer, mit seinen hohen Fenstern, dem aus flachen, grauen Steinen gemauerten Kamin, und dachte zum ersten Mal, dass es zwar schön war, aber nicht wirklich behaglich. Im Grunde war es gebaut worden, um auf Fotos schön auszusehen.
    »Und wenn nicht?«, fragte sie leise. »Wenn es nicht vorbeigeht?«
    Werner holte heftig Luft, machte ein eigentümliches Geräusch dabei und warf ihr einen kurzen, flackernden Blick zu. Dann fuhr er, als habe sie nichts gesagt, fort: »Die neue Marschrichtung, die der Vorstand ausgegeben hat, ist: alternative Konzepte! Autos mit Brennstoffzellen. Elektroautos. Wasserstoff. Ich meine, klar, da gibt es schon eine Menge – aber eben bloß im Labor. Völlig experimentell. Das dauert wenigstens noch zehn Jahre, ehe da was auf der Straße steht, das der TÜV absegnet. Optimistisch gedacht. Da darf nichts schiefgehen. Ich meine, Wasserstoff, das ist so mit das Explosivste, was wir kennen. Damit ein Auto anzutreiben, das ist … Junge! Ich möchte da nicht Testfahrer spielen.«
    »Und Elektroautos?«, fragte Dorothea.
    »Klar, das wäre toll. Ein Elektromotor ist ein Traum von einer Maschine. Aber da hast du eben immer noch das Problem mit den Batterien, und mittlerweile glaube ich nicht mehr, dass man das je lösen wird.« Werner rieb sich den Hals. »Am ehesten machbar wäre es für uns, ein Modell mit Hybridantrieb rauszubringen. So, wie es die Japaner schon eine Weile machen. Damals hat der Vorstand gesagt, das sei nichts für uns – jetzt hätten sie’s am liebsten gestern. Aber letztlich ist das auch nur eine Übergangslösung, und außerdem fehlt uns die Erfahrung. Theoretisch weiß man natürlich, wie es geht. Du spannst einen Elektromotor und einen Benzinmotor zusammen und kombinierst die Vorteile beider. Ein alter Hut, hat man schon vor hundert Jahren versucht. In der Praxis sieht so was aber immer noch mal anders aus. Bei den Details. Da müssten wir ganz von vorne anfangen.« Er stockte, schluckte. »Wenn die nicht beschließen, einfach Leute mit entsprechendem Knowhow einzukaufen. Und solche wie mich dafür rauszuschmeißen.«
    Dorothea streckte die Hand aus, legte sie auf seine. Er bebte innerlich, das spürte sie schon den ganzen Abend. »So einfach ist das nicht,

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